20.11.2015, 08:46 Uhr
Das Tiefzinsumfeld zwingt Vorsorgeeinrichtungen sich vermehrt nach Anlagealternativen umzuschauen. Das zeigt eine Umfrage der ZHAW im Auftrag von GAM.
Im Interview mit Fondstrends äussert sich Peter Meier, Professor an der ZHAW School of Management and Law, zum wiedererstarkten Interesse an Hedgefonds.
Nach dem Madoff-Skandal im Jahre 2008 scheinen Hedgefonds in einen Dornröschenschlaf verfallen zu sein. Weshalb büssten sie derart an Anlegerinteresse ein?
Peter Meier: Tatsächlich hat der Madoff-Skandal die Schweiz besonders stark getroffen, weil vor 2008 vor allem auch privaten Anlegern Hedgefonds als sichere Anlagen empfohlen wurden. In den USA erholten sich die Hedgefonds allerdings in wenigen Jahren wieder vom Rückschlag. Global erreichten sie bereits im Jahr 2011 mit einem Volumen von über 2000 Mrd. wieder Höchstmarken. Zusammen mit anderen alternativen Anlagen wuchsen Hedgefonds in den vergangenen Jahren über 10% pro Jahr, und damit doppelt so schnell wie traditionelle.
Konnten Hedgefonds nicht einmal auf risiko-adjustierter Basis trumpfen?
Hedgefonds erzielten nicht nur historisch, sondern auch in den letzten Jahren im Durchschnitt die beste risikobereinigte Performance von allen klar messbaren, wesentlichen Anlagekategorien. Dies gilt für diversifizierte Portfolios, welche unterschiedliche Strategien umfassen wie Global Macro, Long Short Equity, Event Driven, Managed Futures etc. Dafür verantwortlich sind die einzelnen Hedgefonds-Strategien, welche in der Regel für sich allein eine hohe Sharpe Ratio aufweisen und dann aber vor allem auch die geringen Korrelationen zwischen den einzelnen Strategien, welche zu ausgeprägten Diversifikationsvorteilen führen.
Gab es Strategien, die besser abschnitten als traditionelle Anlageklassen?
Am besten vergleichen wir Aktien-basierte Hedgefonds mit weltweiten Aktien und Obligationen-basierte Hedgefonds mit Obligationen. Im vergangenen Jahr erzielten Long-Short Aktien-Hedgefonds eine Rendite von 3.6% in USD (Credit Suisse Hedge Fund Index) während Weltaktien (Dow Jones Index) Verluste von 4.0% aufwiesen. Auch über die drei und fünf letzten Jahre rentierten Long-Short Fonds klar besser als Aktien, und dies bei zwei bis drei Mal geringeren Volatilitäten. Die risikobereinigte Performance von Hedgefonds ist also passiven Aktieninvestments klar überlegen.
Ein ähnlich positives Bild zeigt sich für Obligationen. Im vergangenen Jahr wiesen Fixed Income Arbitrage Fonds mit 0.60% leicht positive Renditen aus, während traditionelle Welt-Staatspapiere mit -3.6% (Citi) negativ abschlossen. Die Überlegenheit von Hedgefonds für Obligationen gilt auch für drei und fünf Jahre. Das mag erstaunen, war doch das Zinsumfeld für Obligationen weltweit immer noch recht günstig. Offensichtlich gelingt es den Hedgefonds mit Unternehmensobligationen, Mortgage Backed Securities etc., kombiniert mit Leerverkäufen von Zins- und Kreditinstrumenten, Alphas bzw. Mehrwert zu erzielen und gleichzeitig Wertschwankungsrisiken zu reduzieren.
Wie hat sich der Schweizer Hedgefonds-Markt im Vergleich zum globalen Markt gehalten?
Die Schweiz ist bezüglich Funds of Hedge Funds (FoHF) nach wie vor wichtig, und wir schätzen den Marktanteil auf ein Viertel des globalen Volumens. Die Hedgefonds-Vermögen betragen weltweit rund 3000 Mrd. US-Dollar und rund ein Viertel davon (770 Mrd.) werden via FoHF investiert. Das Schweizer Marktvolumen würde demnach knapp 200 Mrd. ausmachen. Hedgefonds-Portfolios werden seit der Finanzkrise 2008 allerdings vermehrt individualisiert, in der Form von separaten Depots oder Ein-Investor Fonds, angeboten, was die Nachfrage nach FoHF teilweise substituiert.
Die starke Rolle der Schweiz bei FoHF spiegelt sich jedoch nicht bei den Single Hedge Funds wider, wo der weltweite Marktanteil kaum ein Prozent (30 Mrd. US-Dollar) ausmachen dürfte. Die Schweiz hat es bisher nicht geschafft, ein Asset Management-Cluster zu bilden. Erfolgreiche Hedgefonds Manager sind in der Schweiz nur punktuell vorhanden und sind mindestens in ihrer Aufbauphase fast ausschliesslich auf ausländische Kunden angewiesen. Vorurteile sind leider auch unter den institutionellen Investoren und Regulierungsbehörden gegenüber Hedgefonds immer noch sehr weit verbreitet.
Seit einigen Monaten scheinen Hedgefonds weltweit wieder an Anlegerinteresse zu gewinnen. Die Volumen befinden sich wieder auf dem früheren Rekordniveau von 3 Billionen US-Dollar. Was hat dazu beigetragen?
Hedgefonds haben nach der Finanzkrise 2008 vor allem in den USA schnell wieder aufgeholt. Gut informierte institutionelle Investoren betrachten Hedgefonds als wichtige Diversifikatoren und Alpha Generatoren für ihre Portfolios. Daran hat sich bis heute nichts geändert, auch wenn einzelne renommierte US-Pensionskassen im vergangenen Jahr aus Hedgefonds ausgestiegen sind. Entscheidend für den Erfolg sind die Auswahl und die Überwachung von Hedgefonds. In den USA ist es für Pensionskassen bestimmt einfacher, kompetente Leute dafür zu finden. Mehrere grosse Schweizer institutionelle Investoren erzielten in der Vergangenheit gute Resultate mit Hedgefonds Investments. Auf der Seite der privaten Anleger ist das Interesse an Hedgefonds bereits seit zwei Jahren wieder bemerkbar.
Welche Rolle spielen Newcits?
Newcits sind Hedgefonds im Rechtskleid von UCITS und erfreuen sich eines starken Wachstums, weil sie wie Effektenfonds oder traditionelle UCITS vermarktbar sind. Viele Distributoren von Hedgefonds beschränken sich auf Newcits, weil sie auf diese Weise regulatorische Risiken eindämmen können. Für professionelle Investoren sind normale Hedgefonds meistens vorteilhafter, weil sie weniger gesetzliche Einschränkungen haben. Sie dürfen auch in illiquide Anlagen investieren und können grössere Hebelwirkungen einsetzen. Letzteres ist z.B. bei Fixed Income-Arbitrage-Strategien von Bedeutung.
Sind die Kosten und Gebühren gefallen?
Hedgefonds und vor allem FoHF sind seit zwei Jahren unter starken Kostendruck geraten. Es gibt heute erstklassige Anbieter von FoHF mit fixen Gebühren von 0.5% und keinen Performancegebühren für institutionelle Investoren. Normal liegen die Gebühren für FoHF bei 1% (fix) und 10% (Performance abhängig). Auch Single Hedge Funds sind bei institutionellen Investoren vermehrt bereit, über ihre Gebühren zu verhandeln. Im Durchschnitt liegen die Fixgebühren bei gut 1.5% und die Performancegebühren zwischen 15% und 20%.
Die Kosten sollten bei Selektionsentscheiden allerdings nicht im Vordergrund stehen. Erfolgreiche Hedgefonds haben es oftmals nicht nötig, Gebührenerlasse zu gewähren, und letztlich zählt für den Anleger ja die Nettoperformance.
Inwiefern können Hedgefonds den gegenwärtigen Anlagenotstand der Schweizer Pensionskassen lindern?
Alternative Anlagen eignen sich hervorragend für die Substitution von Obligationen oder auch Aktien. Die Pensionskassen in der Schweiz bevorzugten in den letzten Jahren hoch illiquide Anlagen wie Infrastruktur, Private Equity oder Private Debt, für die es kaum repräsentative Vergangenheitswerte gibt, und mit denen zusätzliche Aktien-, Kredit- oder gar politische Risiken eingegangen werden. Hedgefonds sind im Vergleich dazu transparent bezüglich der Vergangenheitsperformance und erlauben das Eingehen spezifisch gewollter Risiken oder das Vermeiden von Aktien, Zins- oder Kreditrisiken. Mit Managed Futures ist es sogar möglich, sich teilweise gegen Crash-Risiken abzusichern, ohne langfristig auf eine positive Rendite verzichten zu müssen. Selbstverständlich kommt der Erfolg bei Hedgefonds nicht ohne eine sorgfältige und qualifizierte Auswahl und Überwachung.
Welche Strategien sind zurzeit gefragt?
Es ist sehr schwierig die stark ausdifferenzierten Strategien bei Hedgefonds zu timen. Multi-Strategie Fonds oder FoHF übernehmen diese Funktion für den Endinvestor. Global Macro Fonds sind derzeit recht gefragt, weil sie die Opportunitäten nutzen können, die sich aus den globalen Bewegungen und Ungleichgewichten der Währungen, Zinsen und Rohstoffe ergeben. Aufwind haben auch die Relative-Value-Strategien aufgrund der Spreizung von Aktien- und Obligationenpreisen einzelner Unternehmen oder Schuldner. Viele Hedgefonds Manager machen ihre Performance allerdings, weil sie flexibel und schnell auf Veränderungen reagieren und nicht aufgrund ihrer Fähigkeit Entwicklungen vorauszusehen.
Das Portrait von Prof. Dr. Peter Meier, Head Centre for Asset Management der ZHAW School of Management and Law finden Sie hier.