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Coronavirus: Exponentielles Wachstum richtig einschätzen

Exponentielles Wachstum überfordert die menschliche Intuition. (Foto Shutterstock)
Exponentielles Wachstum überfordert die menschliche Intuition. (Foto Shutterstock)

Das menschliche Hirn tut sich schwer mit exponentiellen Wachstumsraten. Roger Rüegg, Leiter Quant Multi-Assets von Swisscanto Invest erläutert, weshalb wir von der Verbreitung des Coronavirus quasi überrumpelt wurden.

25.03.2020, 11:44 Uhr

Redaktion: cwe

Gemäss dem Psychologen und Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman und seinem Kollegen Amos Tversky wird das menschliche Denken durch zwei sehr unterschiedliche Systeme geprägt. System 1 ist das schnelle, automatische und intuitive Denken. Es beruht auf der menschlichen Intuition und erfolgt ohne willentliche Steuerung. System 2 hingegen entspricht dem langsamen, logisch und berechnenden Denken und erfordert Aufmerksamkeit.

System 1 führt zu Fehleinschätzungen

In Zeiten wie beim Ausbrechen einer Pandemie werden Entscheidungen oft aufgrund von Einschätzungen des System 1 gefällt. Diese stellen sich dann leider oft als falsch heraus, und wir werden von den realen Auswirkungen quasi über Nacht überrascht. Als Beispiel liefern Kahneman/Tversky das folgende Quiz: In einem Teich gibt es eine Fläche von Seerosen, die sich jeden Tag verdoppelt. Wenn es 48 Tage dauert, um den gesamten Teich zu bedecken, wie viele Tage dauert es dann, bis die Hälfte des Teiches bedeckt ist? Die richtige Antwort lautet 47 Tage, wohingegen die meisten Menschen das Quiz intuitiv mit 24 Tagen beantworten.

Bestätigte Coronafälle im internationalen Vergleich

Als der Schweizer Bundesrat am Freitag, dem 13. März 2020, die Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus verschärfte und unter anderem die Schliessung aller Schulen anordnete, reagierten viele Bürger sehr überrascht. Tags zuvor lagen die bestätigten Coronafälle in der Schweiz noch bei unter 1'000 und schienen nur ein lineares Wachstum aufzuweisen. In Realität befand sich die Schweiz aber bereits seit längerem auf demselben exponentiellen Wachstumspfad wie Italien. Nachfolgende Grafik zeigt die bestätigten Fälle in Italien, Südkorea und der Schweiz.

Italien, Südkorea und die Schweiz im Vergleich

Aktuell befinden wir uns in der Schweiz bei 8'060 Fällen (Stand 23.03.2020), also in etwa an dem Punkt, wo Italien den Norden des Landes abriegelte. Da die Schweiz in der Grafik bereits am neunten Tag reagieren konnte, kann die Abflachung früher stattfinden. Experten rechnen jedoch mit einer Verzögerung von mindestens einer Woche nach der Reaktion, da das Virus erst nach durchschnittlich fünf Tagen zu Symptomen führt. Im Vergleich zu Italien, wo die Fälle mit über 20 Prozent zunahmen, sind wir aktuell bei einer Wachstumsrate von 15 Prozent in den letzten zwei Tagen.

Dass es möglich ist, die Wachstumsraten rasch zu reduzieren, zeigt das Beispiel Südkorea. Was ist deren Erfolgsrezept? Gemäss Experten ist die Eindämmung der Neuinfektionen auf vier entscheidende Massnahmen zurückzuführen: Breit angelegte Tests, konsequentes Social Distancing, strenge Überwachung und eine offene Informationspolitik. In Südkorea ist das Test-System durch die Erfahrung vergangener Pandemien sehr stark ausgeprägt. Aufgrund der ermutigenden Entwicklungen in Südkorea wird auch in der Schweiz und Europa der Ruf nach flächendeckenden Tests immer lauter.

Wie lange wird uns COVID-19 noch beschäftigen?

COVID-19 wird uns gemäss Roger Rüegg sicher noch bis Ende des 2. Quartals 2020 beschäftigen. Im allerbesten Fall mutiert das Virus, wird schwächer und stirbt aus. Denn im Gegensatz zu den meisten Hollywood-Filmen, in denen ein Virus immer stärker wird, sterben Viren im realen Leben mit der Zeit aus. Dies war zum Beispiel auch bei den Coronaviren SARS und MERS der Fall. Die grosse Frage ist natürlich, wie lange es bis zum "Aussterben" des COVID-19 dauern wird.

Bezogen auf das Finanzmarktgeschehen ist es in den aktuell turbulenten Zeiten für Roger Rüegg besonders wichtig, dass bei Anlageentscheiden das System 2, mit dem logischen und berechnenden Denken, beigezogen wird.

Den gesamten Beitrag von Roger Rüegg finden Sie hier.

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