Europa: Auf der Suche nach Wachstum

In den letzten Jahren hat Europa unter der Finanzkrise, der Rezession und einer zögerlichen Politik gelitten. Mittlerweile sieht Pioneer Investments aber Fortschritte bei den Regierungen und Notenbanken hin zu mehr wirtschaftlicher und finanzieller Stabilität.

09.03.2015, 10:15 Uhr

Redaktion: dab

Der schnelle Aufstieg des 39-jährigen Matteo Renzi zum italienischen Premierminister im Februar 2014 schürte hohe Erwartungen. Renzi plante eine rasche Umsetzung der Strukturreformen, die Italien (wie auch andere europäische Länder) dringend braucht.

Die Bereitschaft zu Reformen ist in ganz Europa feststellbar, um der hohen Arbeitslosigkeit, den Schulden, den Deflationstendenzen und dem geringen oder gar Null-Wachstum entgegenzuwirken. Die Troika – bestehend aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und IWF – setzte zu Beginn der Krise eine rigorose Sparpolitik durch, was innerhalb der Europäischen Union zu Spannungen führte. Die Bedingungen sind härter als erwartet, was das BIP-Wachstum anbelangt. Obschon Pioneer nach wie vor mit einem höheren Wachstum rechnet als allgemein angenommen, hat ihre Prognose für 2015 auf 1,6 % und jene für 2016 auf 2 % reduziert. Es bestehen nach wie vor Abwärtsrisiken.

Die Eurozone bietet ein kompliziertes Bild
Falls das Wachstum 2015 dennoch gering ausfallen sollte, scheint sich trotz allem manches zu bessern. Beobachtungen von Pioneer zufolge, hat sich der makroökonomische Rahmen nach dem grossen Vertrauensverlust in den ersten Monaten des Jahres 2014 wieder stabilisiert. Zudem könnten sich drei weitere Faktoren positiv auf die Aussichten der Eurozone auswirken: sinkende Ölpreise, der schwächere Eurokurs und eine mutigere Rolle der EZB. Im Januar hat sich die EZB endlich zu einem Quantitativen Easing durch Staatsanleihen durchgerungen. Präsident Draghi hat bekräftigt, die EZB werde alles Nötige unternehmen, um die Eurozone nicht weiter in eine Deflation rutschen zu lassen.

Die Zentralbank trifft weiterhin Massnahmen zur Kreditlockerung wie zum Beispiel die Targeted Longer-Term Refinancing Operations (TLTRO). Solche Interventionen senken die Kreditkosten und stabilisieren die Banken. Zugleich wird durch den einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus (SRM, Single Resolution Mechanism), eine neue europäische Institution mit der Befugnis zur Abwicklung und Restrukturierung notleidender Banken, das Risiko weiterer Bankenhilfen auf Kosten der Steuerzahler reduziert. Eine klare Ansage vonseiten der EZB, dass der Euro weiter abgewertet werde (wir prognostizieren einen Euro-Dollar-Wechselkurs von nahezu 1:1 in den kommenden zwölf Monaten), könnte die Wettbewerbsfähigkeit stärken und die europäischen Exporteure unterstützen. Durch die sinkenden Ölpreise werden die Privathaushalte entlastet und die Kosten für die viele Unternehmen reduziert. Noch ist man nicht über den Berg. Pioneer bezweifelt, dass die EZB ohne gleichzeitige Änderung der Fiskalpolitik, Europa alleine aus dem Morast ziehen kann. Ihres Erachtens könnte der Erfolg der austeritätsfeindlichen Kräfte bei den griechischen Wahlen als Weckruf fungieren, zu einer entgegenkommenderen budgetpolitischen Haltung überzugehen, ohne allerdings eine Verwässerung der Strukturreformen zuzulassen.

Die wichtigere Frage, wie sich das Wachstum über die Minizyklen hinaus ankurbeln lässt, bleibt ungelöst. In den letzten zehn Jahren konnte kein nachhaltiges Wachstum geschaffen werden und die Wirtschaft war einer Unzahl externer Risiken ausgesetzt. Ein nominales Wachstum ist nach wie vor Grundbedingung für den Abbau des hohen Schuldenbergs, die Senkung der hohen Arbeitslosigkeit und die Vermeidung einer gefährlichen Deflationsspirale.

Zwar wird man sich der Notwendigkeit politisch-strategischer Massnahmen allenthalben (sowohl auf europäischer als auch einzelstaatlicher Ebene) zunehmend bewusst, doch die Uneinigkeit unter den verschiedenen Ländern bleibt bestehen und scheint ein entschlossenes Vorgehen unmöglich zu machen. Daher ist Pioneer der Ansicht, dass auch das Jahr 2015 als Übergangsphase in die europäische Wirtschaftsgeschichte eingehen wird und positive Faktoren (sinkende Ölpreise, schwächerer Euro, aktivere EZB) auf der einen Seite und Abwärtsrisiken (in erster Linie im Zusammenhang mit potenziell verfehlten politischen Strategien und geopolitischen Rahmenbedingungen) auf der anderen Seite einander die Waage halten werden.

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