Kehren Anleger zur Unzeit an den Aktienmarkt zurück?

Anleger kaufen erstmals seit Februar wieder Aktienfonds. Beobachten wir erneut das typische, schädliche prozyklische Anlagerverhalten? Eine Morningstar-Analyse zu den paneuropäischen Mittelflüssen in Anlagefonds.

05.11.2012, 16:21 Uhr

Autor: Ali Masarwah, Morningstar

Wird es im Nachhinein heissen, dass man in diesem September einmal mehr Zeuge des typisch prozyklischen Verhaltens geworden ist, das Anlegern immer wieder so viel Schaden zufügt? Dass Investoren erneut das Timing nicht hinbekommen und viel zu spät auf die Erholung der Aktienmärkte reagiert haben? Fest steht jedenfalls, dass sich Privatinvestoren europaweit im September erstmals seit Februar aus der Deckung getraut und in Aktienfonds investiert haben. Wie die Morningstar-Absatzzahlen zeigen, haben Anleger im September 1,91 Milliarden Euro netto in Aktienfonds investiert. Auf der Kaufliste standen dabei Emerging-Markets-Fonds, aber auch solche Anlagefonds, die in diesem Jahr überwiegend verkauft wurden: Euroland-Aktien und europäische Standardwertefonds.

Die Quartals- und Jahresbilanz für Aktienfonds bleibt angesichts der hohen Abflüsse in den ersten 8 Monaten indes tiefrot. 22,7 Milliarden Euro wurden bislang in diesem Jahr netto aus Aktienprodukten abgezogen.

Der Einstieg von Fondsanlegern in Aktien erfolgt reichlich spät. Die Kurse haben sich deutlich erholt, nachdem die Europäische Zentralbank Ende Juli signalisiert hatte, den Euro „um jeden Preis“ retten zu wollen. Diesen Aufschwung haben Fondsanleger erst seit dem vergangenen Monat nachvollzogen. Inzwischen bröckeln die Kurse der grossen europäischen Indizes wieder merklich. Der DAX 30 Index markierte am 21. September mit 7.450 Punkten einen vorläufigen Höhepunkt. Er notiert inzwischen bei 7.190 Zählern. Der Euro STOXX 50 kletterte bis zum 14. September auf knapp 2.600 Punkte, fiel seitdem ebenfalls merklich und liegt am Montagmittag bei 2.480 Zählern. Lediglich der Schweizer SMI setzte bis Mitte Oktober seine Klimmzüge auf knapp 6.800 Punkte fort - um seitdem um gut 200 Punkte zu korrigieren.

Ungeachtet der leichten Erholung bei Aktienfonds stehen unverändert Obligationen im Mittelpunkt des Anlegerinteresses. Im September wurden laut Morningstar netto 15,87 Milliarden Euro in Bond-Fonds investiert. Mit Zuflüssen von 53,25 Milliarden Euro zwischen Juli und September bescherten Anleger Bond-Fonds damit einen Quartalsrekord: Seit Beginn der Aufzeichnungen des Analysehauses zum Fondsabsatz im Jahr 2007 wurden noch nie derart hohe Investitionen in Bonds gemessen. Dabei wurden im September - wie im gesamten Jahr - vor allem hochriskante und hochrentierliche Obligationen-Kategorien gesucht: Hochzinsobligationen, gerne auch aus Schwellenländern, waren stark gefragt von einkommenshungrigen Investoren.

Neben dem unverändert massiven Run auf Bonds waren auch Mischfonds im September gefragt. Anleger überlassen europaweit offenbar zunehmend die Asset-Allocation-Entscheidungen ihrem Fondsmanager, wie Morningstar weiter berichtet. Den in Aktien und Obligationen investierenden Fonds sammelten netto 2,6 Milliarden Euro ein, im dritten Quartal beliefen sich die Nettoneugelder in gemischte Fonds auf 6,23 Milliarden Euro. Zwei Namen stechen dabei besonders hervor: die britische M&G und das französische Haus Carmignac Gestion, die rund die Hälfte der Zuflüsse in Mischfonds im abgelaufenen Quartal auf sich vereinen konnten. Die Mischfonds-Flaggschiffe M&G Optimal Income Fund und Carmignac Patrimoine sahen dabei zwischen Juli und September Zuflüsse in Höhe von 1,4 Milliarden bzw. 1,1 Milliarden Euro.

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