Japans Börse gewinnt an relativer Stärke

Mikio Kumada, Global Strategist bei LGT Capital Management
Mikio Kumada, Global Strategist bei LGT Capital Management

Flüchtig betrachtet scheint Japans Aktienmarkt seit Ende Mai zu stagnieren. Ein genauer Blick zeigt aber, dass Japans relative Stärke auf Basis vergleichbarer Marktindizes seit Mitte Juni wieder leicht zunimmt. Diese Stärke ist nicht so extrem wie von Oktober 2012 bis Mai 2013, dafür aber global abgestützt. Zudem fand diese Entwicklung trotz eines relativ starken Yen statt, so der Experte Mikio Kumada, von LGT Capital Management. Lesen Sie den gesamten Marktkommentar des Experten.

02.10.2013, 09:55 Uhr

Redaktion: dab

Amerikanische Indizes wie der breite S&P 500 oder der als zyklisch richtungsweisend geltende Dow Transportation haben Anfang August neue historische Höchststände erklommen. Auch in der Eurozone haben vielbeachtete Aktienbarometer wie der DAX (Preisindex) oder EuroStoxx neue zyklische Hochs erreicht, während Japans bekannte Börsenindizes immer noch 6% bis 8% unter den Höchstständen von Ende Mai notieren. Auf den ersten Blick scheint Japans Aktienmarkt also seit Mai zu stagnieren.

Schwindende Begeisterung für "Abenomics" und kurzlebige Ablenkungen

Plausible Erklärungen für diese Entwicklung lassen sich leicht finden. Die anfängliche Begeisterung für das Wachstumsprogramm der japanischen Regierung, bekannt als "Abenomics", ist merklich abgeklungen und viele Experten hegen sowieso grundsätzliche Zweifel an Japan. Zudem suchen viele Anleger und Analysten immer nach "neuen" Marktthemen oder reagieren oft einfach primär auf die aktuellsten Schlagzeilen. So beschäftigen sich viele Marktteilnehmer derzeit sicherlich vermehrt mit anderen Themen. Diese reichen von den altbekannten Sorgen rund um die Geld- und/oder Fiskalpolitik der USA bis zum – in den vergangenen drei Jahren immer wieder hoffnungsvoll vorausgesagten aber bisher dennoch ausgebliebenen – Ende der Baisse in China. Das alles bedeutet jedoch nicht, dass ein vorexistierender Trend, wie etwa die japanische Hausse, deswegen zur Vergangenheit gehört.

Der Trend hat sich gemässigt, ist aber intakt geblieben

Ein genauer Blick auf die relativen Markttrends lohn in diesem Zusammenhang auf jeden Fall: Dieser zeigt ganz klar, dass Japan auf Basis der MSCI-Aktienindizes schon seit Mitte Juni graduell wieder an relativer Stärke gewinnt, und zwar an breiter globaler Front –gegenüber den USA, Europa, Asien-Pazifik und den Emerging Markets. Diese Erholung wurde im Juli vom Markt kurz in Frage gestellt, ist aber letztlich intakt geblieben. An der Richtung des Trends hat sich also seit dem zyklischen Hoch im Mai noch nichts verändert. Was sich verändert hat, ist lediglich die Intensität der relativen Stärke Japans, nicht der Trend an sich. Zweifelsfrei durchgeht der japanische Markt nach der extremen (und daher auch in der Intensität nicht nachhaltigen) Überperformance von Oktober 2012 bis letzten Mai derzeit eine "normale" und "gesunde" Konsolidierungsphase, welche den Eindruck der "Schwäche" entstehen lässt. Auch die Tatsache, dass die japanischen Indizes Japan noch kein "neues" Aktienhoch erklommen haben, bekräftigt diesen Eindruck zusätzlich. Das alles ändert jedoch nichts daran, dass die generelle Marschrichtung des japanischen Marktes bisher grundsätzlich ungebrochen bleibt. Es dürfte sich daher nur um eine Frage der Zeit handeln, bis sich der zugrundeliegende Trend wieder deutlicher manifestiert.

Japans Markt trotzt der deflationären Yen-Stärke

Erwähnenswert ist schliesslich auch, dass diese "unterschwellige" Erholung des MSCI Japan der letzten Monate mit einer Phase der Yen-Stärke einherging. Am 17. Mai hatte Japans Währung ihren Tiefpunkt im aktuellen Abwertungszyklus gegenüber den US-Dollar erreicht und hat seitdem rund 5.5% zugelegt. Trotzdem tendieren Japans Börsenbarometer aber wie oben beschrieben seit Mitte Juni fester. Konkret beträgt die Überperformance des Japans auf Basis der MSCI-Indizes seit dem 13. Juni gegenüber den USA 10%, gegenüber den Emerging Markets 7%, gegenüber Asien-Pazifik 6.3% und gegenüber der Eurozone 3.8% - während der Yen in dieser Zeit in Wesentlichen seitwärts tendierte. So bleibt ein baldiger Abschluss der aktuellen Konsolidierungsphase, kombiniert einem wieder schwächeren Yen, der wahrscheinlichste Ausblick für den japanischen Aktienmarkt, auch wenn die zukünftige Performance nicht mehr so übermässig stark bleiben dürfte wie zwischen Oktober und Mai.

Japans relativ Performance: Seit Mitte Juni wieder im moderat Aufwind

Japans Aktienmarkt befindet sich seit Ende Mai in einer Konsolidierungsphase – er bewegt sich tendenziell seitwärts, während andere Indizes neue historische Hochs oder zyklische Hochs erreicht haben. Wenn man jedoch die breiten MSCI Länderindizes (inklusive Nettodividenden, in Lokalwährung) betrachtet, sieht Japan weiter recht gut aus. Der untenstehende Chart zeigt den MSCI Net Return Index für Japan gegenüber den vier grossen Aktienregionen. Im Rahmen der Konsolidierung seit Mai hat Japan zwischen dem 6. und 13. Juni den jeweiligen Tiefpunkt gegenüber den anderen Märkten erreicht und entwickelt sich seitdem tendenziell positiv. Der längere Aufwärtstrend ist intakt geblieben - dessen Intensität (bzw. Steigung) hat abgenommen und die Volatilität hat sicher zugenommen, aber die Richtung zeigt letztlich weiter nach oben.

USA, Japan und Europa: Keine Divergenzen, intakte Haussen

Die oben beschriebene Entwicklung verlief im Wesentlichen parallel zur Entwicklung des Yen. Mit dem Beginn der Konsolidierung im japanischen Aktienmarkt hat sich auch der Yen stabilisiert und neigt seitdem leicht zur Stärke gegenüber dem US-Dollar. Dies ist insofern bemerkenswert, weil ein starker Yen in der Vergangenheit häufig zu deutlichen Verlusten an der Tokioter Börse führte. Als der Yen zwischen März und September 2013 um rund 8% zulegte, verlor der japanischen Aktienmarkt über den gleichen Zeitraum fast 15%. Diesmal hat sich der japanische Aktienmarkttrend trotz der erwähnten Volatilität im Mai und Juli jedoch vergleichsweise solide erwiesen. Besonders wichtig ist, dass der oben angezeigte mittelfristige relative Aufwärtstrend nicht gebrochen ist. Wir gehen zwar weiterhin davon aus, dass der Yen früher oder später seinen Schwächetrend wieder aufnehmen wird. Interessant und ermutigend ist die relative Stärke des japanischen Aktienmarktes angesichts des relativ stabilen Yen seit Mai dennoch.

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