24.11.2021, 13:35 Uhr
Am diesjährigen Qualitätstest des Handelsblatt Elite Reports hat die LGT Bank wiederum die Höchstpunktzahl erreicht und das Prädikat "summa cum laude" erhalten. Sie führt damit die Wertung in Liechtenstein an und...
Im Euroraum herrscht Rezession, und viele Analysten zweifeln weiter an der Zukunft des Euro. Die Euro-Aktienmärkte zählen jedoch seit einigen Monaten zu den stärksten weltweit. Natürlich bleibt die Eurozone weiterhin mit erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert. Zugleich hat sie aber als einzige grosse Volkswirtschaft begonnen, Strukturreformen in Angriff zu nehmen. Eine wachsende Zahl von Investoren scheint dies zunehmend zu würdigen.
Europäische Währungsunion bleibt in Bedrängnis
Das von einer wirtschaftlichen Depression geplagte Griechenland mag nun endlich den Weg der fiskalischen Gesundung gefunden haben und die gestern von seinen internationalen Kreditgebern gewährte (und von den Märkten weitgehend erwartete) Lockerung der Auflagen verdienen. Doch Europa hat andere, potenziell grössere Sorgen: Die Konjunkturindikatoren legen nahe, dass sich die Rezession im gesamten Euroraum weiter verschärfen könnte. Die Sparpolitik an der Peripherie wird beibehalten, drosselt die Gesamtnachfrage und lässt die faulen Kreditberge zunächst weiter anwachsen, was Bankensysteme und Gläubigerländer zusätzlich belastet.
Dazu kommt, dass viele Experten neuerdings befürchten, dass nach Italien auch Frankreich früher oder später mit Anleihenmarktturbulenzen konfrontiert werden könnte. Die Zeitschrift «Economist» hat der «Grande Nation» erst kürzlich eine wenig schmeichelhafte Titelgeschichte gewidmet. Europas zweitgrösste Volkswirtschaft steht in so mancher Hinsicht tatsächlich nicht besser da als Italien. So soll das strukturelle Haushaltdefizit voraussichtlich auch 2013 1.4% des Bruttoinlandsprodukts betragen, während Italien wieder einen Überschuss von (immerhin) 0.6% ausweisen dürfte. Auch beim Zahlungsbilanzdefizit erhält Rom etwas bessere Noten als Paris. Gleichzeitig sollten wir aber auch nicht vergessen, dass weder USA noch Grossbritannien diesbezüglich besser abschneiden (vgl. Seite 4 im Dokument). Das Hauptproblem liegt aber weniger in der aktuellen Situation begründet, sondern vielmehr im unterentwickelten Willen der französischen Regierung, notwendige Strukturreformen anzupacken. Dr. Thomas Mayer vom der Goethe-Universität Frankfurt fasste es in einem Vortrag am 2. November wie folgt zusammen: «Frankreich unterscheidet sich eigentlich kaum von Italien. Der einzige Unterschied liegt darin, dass Frankreich noch keine wirtschaftlichen Reformen in Angriff genommen hat.»
Die Investoren scheinen über die aktuelle Rezession hinwegzusehen
Ein wichtiger «Diskussionsteilnehmer» scheint die diversen düsteren Szenarien für den Euroraum jedoch nicht ganz zu teilen: Der globale Finanzmarkt. So notiert der Euro aktuell bei rund 1.29 US-Dollar und damit in etwa auf gleichem Niveau wie vor einem Jahr. Gegenüber dem japanischen Yen neigt die Einheitswährung in letzter Zeit sogar wieder zur Stärke. Dabei würde ein schwächerer Euro angesichts der Rezession in Europa ohnehin kein Problem, sondern einen marktwirtschaftlichen Hilfsmechanismus darstellen. An den Anleihenmärkten sind die Renditedifferenzen zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen in den letzten Wochen zwar etwas gestiegen, bleiben aber sehr tief. Insgesamt gibt es also keine beunruhigenden Entwicklungen im französischen Bondmarkt.
Dauerhafte Stärke europäischer Aktien?
Auch die Aktienmärkte des Euroraums haben seit Mitte Jahr im globalen Vergleich an relativer Stärke gewonnen (vgl. S. 2 u. 4 im Dokument). Wir sehen darin (noch) keinen dauerhaften Trend und bleiben in Europa vorerst weiter defensiv positioniert. Es ist allerdings möglich, dass der langjährige relative Abwärtstrend der Aktienindizes des Euroraums inzwischen beendet wurde. Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass sich Perioden relativer Schwäche und Stärke europäischer Aktien fortan häufiger abwechseln dürften. Die höhere Bereitschaft der Europäischen Zentralbank, mit unkonventionellen geldpolitischen Mittel die Euro-Anleihenmärkte zu stützen, dürfte in Stärkephasen die wichtigste treibende Kraft darstellen. Das Problem dabei ist allerdings, dass im Bereich der monetären Grosszügigkeit die EZB jederzeit von den anderen grossen Zentralbanken überboten werden kann. Damit bleibt nur ein weiterer potenzieller Treiber, der für eine dauerhafte Stärke des Euroraums gegenüber den anderen entwickelten Märkten sorgen könnte: Euroland ist bislang die einzige grosse Volkswirtschaft, die begonnen hat, zumindest einige der zugrunde liegenden wirtschaftlichen Strukturprobleme anzupacken. Eine grössere Reformbereitschaft in Paris würde gewiss helfen, diese Botschaft glaubwürdiger zu vermitteln. Von einem allgemeinen Stimmungsumschwung zugunsten Europas kann derzeit wahrscheinlich noch nicht die Rede sein ausschliessen können wir eine solche Wende jedoch sicherlich auch nicht.