Die Rohstoffmärkte finden einen Boden

(Bild: LGT/fondstrends)
Sander Bressers, Portfolio Manager Commodities, und Peter Sigg, Head Commodity Products bei LGT Capital Partners.
(Bild: LGT/fondstrends) Sander Bressers, Portfolio Manager Commodities, und Peter Sigg, Head Commodity Products bei LGT Capital Partners.

Nach mehr als vier Jahren Talfahrt gibt es in den Rohstoffmärkten erste Erholungszeichen. Während die meisten anderen Anlageklassen, insbesondere Aktien, haussierten, notiert der Bloomberg-Rohstoff-Index heute bei weniger als der Hälfte des Höchstniveaus von Mitte 2008. Die Baisse hat auch zu Mittelabflüssen aus dem Segment geführt. Das bedeutet aber auch, dass Rohstoffanlagen inzwischen ein gutes Diversifikationspotenzial zu einem attraktiven Preis bieten. Dies schreiben Sander Bressers, Portfolio Manager Commodities, und Peter Sigg, Head Commodity Products bei LGT Capital Partners.

28.05.2015, 11:16 Uhr
Alternatives

Autor: dab/kgh

"Die Gründe für die anhaltende Rohstoffbaisse sind vielfältig, aber im Allgemeinen können wir sagen, dass vor allem Angebotsprobleme verantwortlich sind - die Nachfragesituation ist durchaus gesund. Einige wichtige Rohstoffe wie Erdgas, Öl, und Getreide haben in den letzten Jahren mit rekordhohem Produktionswachstum überrascht, was die Preise stark fallen liess.

Die US-Schiefergas-Revolution und OPECs Bruch mit der Vergangenheit
So geriet beispielsweise Öl in den Griff der amerikanischen Schieferöl-Revolution, die ihrerseits im Windschatten der früheren Schiefergas-Revolution folgte. Neue Technologien wie Horizontalbohrungen und hydraulisches Fracking haben für ein spektakuläres Comeback der bis 2008 jahrzehntelang rückläufigen US-Ölproduktion gesorgt: Heute wächst diese wieder mit einem Tempo von rund einer Million Barrel pro Tag pro Jahr (ca. 1% der Weltproduktion). Von der Renaissance der US-Ölindustrie bedroht, beschloss daraufhin die Organisation erdölexportierender Länder, das als OPEC bekannte Ölkartell, einen grossen Bruch mit der Vergangenheit zu vollziehen und nicht als Preisregulator zu handeln: Die OPEC-Entscheidung vom November 2014, die Produktion nicht zu drosseln, liess den Rohölpreis in nur wenigen Monaten um rund 50% zusammenbrechen.

Eine ähnliche Versorgungslage sehen wir auch bei Agrarrohstoffen. In den USA und Südamerika wurden in den letzten Jahren Rekordmengen von Mais und Sojabohnen angepflanzt - und da es keine grösseren Wetterprobleme gab, führten diese Investitionen zu massiven Ernteüberschüssen.

Hersteller haben inzwischen auf die Marktsituation reagiert
Glücklicherweise hat dieser Angebotszyklus mittlerweile weitgehend seinen Lauf genommen. Aufgrund der niedrigeren Preise haben Produzenten - Goldminenbetreiber, Ölförderer und Bauern - in den letzten Jahren erlebt, wie ihre Gewinnmargen stetig geschrumpft sind. In Reaktion darauf haben sie inzwischen das Angebot reduziert. Das beste Beispiel findet sich im US-Ölsektor, wo im letzten Halbjahr die Bohrungen um zwei Drittel abgenommen haben. Die US-Produktion soll inzwischen wieder rückläufig sein - eine grosse Wende, wenn wir an den jüngsten Förderboom zurückdenken. Ausserdem hat der Preisverfall auf breiter Basis die Nachfrage wiederbelebt. Beispiele reichen von den wieder zunehmenden Käufen von Geländelimousinen in den USA bis zur «Schnäppchenjagd» Chinas zum Aufbaus seiner strategischen Getreide- und Ölreserven.

Darüber hinaus gibt es inzwischen auch Fälle von Angebotsknappheit, insbesondere bei Basismetallen. Die Minenbetreiber haben in den letzten Jahren ihre Expansionspläne auf Eis gelegt und Investitionen in neue Anlagen drastisch reduziert. Die meisten wichtigen Metalle wie Kupfer, Aluminium und Zink werden voraussichtlich in den kommenden Jahren daher wieder ein Produktionsdefizit ausweisen - die Nachfrage dürfte dann die Versorgung übersteigen, was die Preise entsprechend höher treiben dürfte.

In Summe scheint die Baisse an den Rohstoffmärkten nun der Vergangenheit angehören. Die Märkte haben ihre Arbeit getan und das Angebot reduziert. Die Erholung ist zwar noch in einem frühen Stadium, aber die Rohstoffe sind wieder auf den Radarschirmen der Investoren auftaucht. An den Rohstoffbörsen steigen die spekulativen Positionen in diesem Jahr wieder stark an, insbesondere bei Energie und Metallen. Der Bloomberg-Rohstoffindex hat sich von seinen Tiefständen im März recht deutlich erholt. Es ist zwar noch zu früh, um von einer Renaissance der Rohstoffen zu sprechen. Klar ist jedoch, dass Anleger mit Rohstoffen jetzt einen preisgünstigen Zugang zu einer guten Diversifikationsmöglichkeit erhalten.

Geringe Korrelation von Rohstoffen mit Aktienmärkten
Im langfristigen Bild weisen Rohstoffe eine geringe Korrelation zu den Aktienmärkten auf und dienen damit als Diversifikationselemente in einem aus mehreren Anlageklassen bestehenden Portfolio. Dies aufgrund der Tatsache, dass vor allem die Versorgungsseite bzw. die Produktion von Rohstoffen durch Produktionsstörungen, technologische Innovationen (z.B. Fracking), geopolitische Risiken, Wettereffekten und andere Faktoren, die nicht von den Finanzmärkten abhängen, bestimmt wird. Im Gegensatz dazu wurden Rohstoffe zwischen 2008 bis 2013 allerdings stark von Zentralbankentscheidungen getrieben. Rohstoffe zeigten in dieser Zeit eine hohe Korrelation mit dem Finanzmärkten («Risk-off/Risk-on»-Verhalten). Mit der Aussicht der im Mai 2013 erstmals in Aussicht gestellten Normalisierung der Geldpolitik der Federal Reserve ist die Korrelation zwischen Rohstoff- und Aktienmärkten wieder auf die «normaleren» Niveaus zwischen -0.2 und 0.2 gesunken. Dies zeigt, dass die Rohstoffmärkte derzeit wieder überwiegend von Fundamentaldaten getrieben werden und im Vergleich zu anderen mit Risiken behafteten Anlageklassen wieder ein hohes Diversifikationspotenzial bieten (siehe PDF, Seite 2, Chart 1).

Rohstoffpreise könnten den Boden gefunden haben
Wie bereits erwähnt, bewegen sich die Rohstoffmärkte seit mehr als vier Jahren im Rahmen einer Baissetendenz im starken Gegensatz zur Entwicklung an den Aktienmärkten. Aufgrund der niedrigeren Preise wurden aber inzwischen Investitionen in aktuelle und zukünftige Produktionskapazitäten von Rohstoffen gekürzt, was die Versorgung der Märkte im Laufe der Zeit verringert. Solange also die gesamtwirtschaftliche Lage und die Nachfrage stabil bleiben, sollte diese «Unterversorgung» zur einer Preisstabilisierung oder sogar zu höheren Preisen führen. Deshalb denken wir, dass die Preise einen Boden gefunden haben könnten - wir sehen den ersten Silberstreifen am Horizont für Rohstoffinvestments (siehe PDF, Seite 2, Chart 2)."

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