27.03.2019, 13:41 Uhr
Am zweiten Investor Focus Roundtable in Zürich loteten ein Chefökonom und fünf Asset Manager die Investmentchancen in den aufstrebenden Märkten aus. Mittelfristig sehen sie durchaus gute Perspektiven für die...
Edi Aumiller, Schweizer Länderchef von Legg Mason geht im Interview mit Fondstrends auf die Heimatliebe von Schweizer Anlegern, ihre Zurückhaltung gegenüber Robo-Advisorn sowie auf den Trend zum thematischen Investieren ein.
Herr Aumiller, die Schweizer Fondsbranche gilt als sehr stabil und wächst kontinuierlich. Was tut sich unter der Oberfläche?
Edi Aumiller: Auch die Finanzindustrie befindet sich im steten Wandel. Die Zusammenarbeit von reinen Vermögensverwaltern und den Banken entwickelt sich weiter, insbesondere im Moment durch die regulatorischen Veränderungen. Wir wollen hier fähig sein, als First Mover moderne Infrastrukturen und Service-Lösungen bereitzustellen, die das tägliche Geschäft unserer Kunden vereinfacht und inhaltlich einen Mehrwert generiert. So diskutieren wir zurzeit aktiv eine vertieftere Zusammenarbeit mit Kunden, die beispielsweise via einem neuen App direkten Zugriff auf Know-how in Form von Video, Content und Expertise erhalten.
Sie haben eine Studie gemacht, wie sich Schweizer Bankkunden gegenüber neuen Finanztechnologien verhalten. Was sind Ihre Resultate?
Die Verhaltensmuster ändern sich nicht einfach von heute auf morgen und die Vermögensverwaltung ist ein sehr persönliches Geschäft, wo Vertrauen ein absolutes Muss ist. Die Nutzung von Robo-Advisorn sehen zurzeit noch viele Schweizerinnen und Schweizer kritisch. Gemäss unserer jüngsten "Legg Mason Global Investment Survey" sind 72 Prozent der befragten Schweizer Privatinvestoren der Meinung, dass ein persönlicher Kundenkontakt wichtig ist und sich nicht durch Technologie ersetzen lässt. Die grosse Mehrheit findet zwar Onlinetools oder Apps interessant und angenehm, weil es eine Effizienzsteigerung bringt. Sie will aber immer noch die Meinung eines Experten hören. Diese Einstellung ist bei allen Altersklassen anzutreffen. So etwa auch bei rund zwei Dritteln der Millennials, der Gruppe der 18- bis 35-Jährigen.
Die Börsen waren lange von der ultralockeren Geldpolitik der Notenbanken beherrscht. Wie beurteilen Sie die weitere Entwicklung in Bezug auf Ihre Produkte?
Dieses Jahr haben sich einige Geld- und geopolitischen Ereignisse in einer höheren Volatilität für Anleihen und Aktienmärkte ausgewirkt. In diesem Umfeld verhalten sich viele Investoren eher abwartend, weil sie weitere Risiken wie u.a. die Handelskriege, Unsicherheiten bezüglich Zinserhöhungen in den USA und Inflationserwartungen, globales Wachstum sowie die Konflikte im Mittleren Osten sehen. Das verunsichert und ruft eine abwartende Haltung hervor.
Daher sind zum Beispiel auf der Obligationen-Seite globale Anleihen-Portfolios mit einem flexiblen Ansatz gefragt. Diese Angebote haben kurzfristig zwar auch ihre Mühe gehabt. Ebenfalls rücken alternative Investments vermehrt in den Fokus. Private Debt, Co-Investment-Strategien oder gewisse Hedge-Fund-Stiltypen waren bei uns vermehrt gefragt. Des Weiteren werden die Schwellenländer selektiver analysiert, weil deren Entwicklungen nicht homogen verlaufen.
Wenn Sie die Kapitalströme beobachten: Welchen Trend sehen Sie?
Einen grossen Trend sehe ich speziell im Wholesale-Bereich beim thematischen Investieren. Das geht es um Themen, welche die Anleger interessieren und täglich miterleben. Denken Sie an die Krebsforschung, Robotisierung oder Nachhaltigkeit. Wir werden älter, benötigen bessere Möglichkeiten für serviceorientiertes Wohnen und lesen täglich, welche Fortschritte im Technologie-Sektor erzielt werden und wie diese unseren Alltag verändern könnten.
Legg Mason ist eine der grössten US-Fondsgesellschaften. Welche Ziele haben Sie in der Schweiz?
Legg Mason wurde 1899 am Hauptsitz Baltimore gegründet. Seit 2011 sind wir mit einem Büro in Genf und seit 2015 am Standort in Zürich vertreten. Dieses Jahr haben wir unser Vertriebsteam mit dem Engagement von Thomas Eckert von Julius Bär weiter ausgebaut. Er unterstützt von Zürich aus als Business Development Director unser sechsköpfiges Vertriebsteam. In der neu geschaffenen Position wird Thomas Eckert die Geschäftsbeziehungen zu Banken, Versicherungen und Family Offices weiter ausbauen.
In der Schweiz besteht bei den Anlagen eine grosse Heimatliebe. Diesen Home-Bias würden wir mit dem Abdecken aller Anlageklassen gerne etwas aufweichen. Dazu vereinen wir eine Gruppe etablierter Anlageverwalter in einem Multi-Boutique-Modell. Dies besteht aus neun spezialisierten Tochtergesellschaften im Aktien-, Anleihen- und Alternativen Bereich sowie Liquiditäts-Strategien.
Wie funktioniert das Multi-Boutique-Modell?
Unser Multi-Boutique-Modell vereint neun Spezialisten in ihrer jeweiligen Anlageklasse. In den vergangenen Jahren haben wir mehrere Gesellschaften übernommen und diese als unabhängige Tochtergesellschaften bestehen lassen. Damit blieb die Investment-Expertise bestehen. Viele Produktstrategien existieren bereits seit vielen Jahren und werden nun auf der globalen Legg-Mason-Plattform weitergeführt.
Mit diesem Modell ermöglichen wir privaten sowie institutionellen Investoren auf sechs Kontinenten von unseren neun spezialisierten Tochterunternehmen zu profitieren. In der Schweiz arbeiten wir einerseits sehr eng mit den internationalen Legg-Mason-Büros zusammen, pflegen aber auch eine vertiefte Zusammenarbeit mit den Tochtergesellschaften auf der ganzen Welt.
Bedeutet das, dass jede Boutique einen eigenen Investment-Ansatz verfolgt?
Genau. Jede Boutique hat eine eigene Expertise in ihrem spezialisierten Bereich und trifft die Investment-Entscheidungen zu 100 Prozent eigenständig. Dazu gehören zum Beispiel das australische Unternehmen Rare Infrastructure im Bereich Listed Infrastructure, Clarion Partners im Bereich US Real Estate oder Western Asset als globales Fixed-Income-Haus.