Vom «Korea-Rabatt» profitieren

Koreas Aktienmarkt ist deutlich tiefer bewertet, als fast alle anderen. (Bild pd)
Koreas Aktienmarkt ist deutlich tiefer bewertet, als fast alle anderen. (Bild pd)

Der Versuch Südkoreas, seinen Aktienmarkt zu reformieren und den so genannten «Korea-Rabatt» zu beenden, wurde von den börsennotierten Unternehmen mit Skepsis aufgenommen. «Die Initiative scheint jedoch eine kostenlose Kaufoption auf einem Markt zu sein, auf dem Wachstum und Bewertungen bereits verlockend aussehen», schreiben Taosha Wang, Portfolio Manager, Tina Chang, Associate Director und Yi Hu, Investment Writer bei Fidelity.

04.06.2024, 15:42 Uhr
Aktien

Die Südkoreaner sind bekanntlich stolz auf ihr «Wunder am Han-Fluss» - das rasante Wirtschaftswachstum der letzten Jahrzehnte, welches das Land zu einer der reichsten Nationen Asiens gemacht hat. Wenn es um die Bewertung moderner Aktien geht, beneiden die Koreaner jedoch immer noch viele andere Märkte, insbesondere ihren Nachbarn Japan.

Nach gängigen Massstäben sind koreanische Aktien deutlich billiger als die in Japan, Indien, Taiwan und vielen entwickelten Märkten ausserhalb Asiens. Der so genannte Korea-Rabatt hat die koreanische Regierung dazu veranlasst, ein «Value-Up-Programm» zu entwickeln, um die Unternehmensführung und die Aktionärsrenditen zu verbessern, und sich dabei von der japanischen Marktreform inspirieren zu lassen, die in den letzten zwei Jahren zu einer Aktienrallye geführt hat.

Langsame Fortschritte

Das Engagement bei börsennotierten Unternehmen in Südkorea stösst auf Skepsis hinsichtlich des Fortschritts der Initiative. Viele haben eine abwartende Haltung gegenüber dem Programm eingenommen, das die Anleger bisher nicht überzeugt hat. Die politischen Massnahmen, mit denen börsennotierte Unternehmen dazu angehalten werden sollen, ihre Dividenden zu erhöhen, die Offenlegung zu verbessern und die Unternehmensführung zu verstärken, haben sich als weitgehend freiwillig erwiesen. Und die Regierung von Präsident Yoon Suk Yeol, die treibende Kraft hinter den Reformen, ist nach der Niederlage bei den Parlamentswahlen im April ins Taumeln geraten.

Unabhängig von den Reformfortschritten bedeutet der koreanische Rabatt Schnäppchen für globale Investoren. Am 14. Mai wurde der koreanische Leitindex Kospi 200 mit dem 10,5-fachen der voraussichtlichen 12-Monats-Gewinne gehandelt, verglichen mit dem 21-fachen des S&P 500 und des japanischen Nikkei 225 und dem 19-fachen des MSCI World. Inzwischen wird der Kospi unter seinem Buchwert gehandelt, während der Nikkei 225 ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von etwa dem Zweifachen aufweist.

Starker Halbleiterbereich

Die Erträge des koreanischen Index werden in diesem Jahr dank der Verbreitung der künstlichen Intelligenz und der Nachfrage nach Halbleitern voraussichtlich stark ansteigen. Auf Unternehmen aus dem Halbleiterbereich entfällt mehr als ein Drittel des Marktwerts des Kospi. Es ist zwar schwer vorherzusagen, wie lange der derzeitige Aufschwung in der Halbleiterbranche anhalten wird, aber die koreanische Wirtschaft könnte von einem anhaltenden, durch KI angeheizten Wachstum profitieren.

Bei niedrigen Bewertungen bietet der koreanische Finanzsektor auch eine gute Möglichkeit, vom Wirtschaftswachstum des Landes zu profitieren. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis des Sektors ist mit dem in China vergleichbar, wo Immobilienprobleme und ein nachlassender Konsum die Stimmung trüben.

Der koreanische Rabatt kann teilweise auf Bedenken hinsichtlich der Unternehmensführung und der Beschränkungen des Marktzugangs zurückgeführt werden, die mit dem Value-up-Programm behoben werden sollen. Zu den Massnahmenentwürfen des Programms gehören strengere Offenlegungsvorschriften, längere Devisenhandelszeiten, die schrittweise Einführung englischsprachiger Unterlagen und die Lockerung der Beschränkungen für ausländische Investoren. Es bleibe abzuwarten, wann und wie diese Massnahmen umgesetzt werden, heisst es bei Fidelity.

Richtige Richtung

Weitere Risikofaktoren seien die hohe Korrelation des Landes mit China, einem seiner grössten Handelspartner, und die Konkurrenz durch japanische Exporteure, die von einem schwachen Yen profitieren. Darüber hinaus beeinträchtigt die Dominanz der koreanischen Chaebols - familienkontrollierte Konglomerate - das Vertrauen der Anleger.

Und während Japan weithin als entwickelter Markt anerkannt ist, liegt der Status Koreas irgendwo zwischen Schwellenland und entwickeltem Markt, wobei es zu widersprüchlichen Einstufungen durch verschiedene globale Indexersteller kommt.

«So langsam die Reformen auch sein mögen, Korea bewegt sich in die richtige Richtung, um langfristig Werte zu schaffen. Das Land scheint angesichts seines Wachstumspotenzials günstig zu sein, und das Wertsteigerungsprogramm könnte, wenn es erfolgreich ist, ein Bonus für die Anleger sein. Der Korea-Rabatt wird möglicherweise nicht ewig anhalten», so das Fazit.

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