Herausforderungen im Gesundheitssektor

14.02.2008, 11:15 Uhr

Im menschlichen Leben spielen Gesundheit und Krankheit naturgemäss eine wesentliche Rolle. Nicht nur das Leben des Einzelnen hängt davon ab; die Volksgesundheit ist auch von grosser volkswirtschaftlicher Bedeutung. Der Gesundheitssektor ist ein wichtiges Nachhaltigkeitsthema, denn die gesundheitliche Entwicklung beeinflusst in einem hohen Masse das unternehmerische Umfeld.

Grundsätzlich lässt sich zwischen zwei Arten von Krankheiten unterscheiden: ansteckende Krankheiten und nicht ansteckende Krankheiten (so genannte Lifestyle-Krankheiten). Ansteckende Krankheiten werden durch Bakterien, Viren, Parasiten oder Pilze verursacht und können direkt oder indirekt von einem Menschen auf einen anderen übertragen werden. Die nicht ansteckenden „Lifestyle-Krankheiten“ sind meist sehr langwierig und schreiten langsam fort. Zu ihnen zählen Herz- und Kreislauferkrankungen, Schlaganfälle, Krebs, chronische Lungenleiden und Diabetes. Sie sind die mit Abstand häufigste Todesursache weltweit.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO wird das durchschnittliche Sterbealter in den nächsten 25 Jahren erheblich steigen. Ausserdem werden immer weniger Menschen an ansteckenden Krankheiten und immer mehr an nicht ansteckenden Krankheiten sterben. Von 2002 bis 2030 werden die Todesfälle aufgrund von Infektionskrankheiten, Mütter- und Säuglingssterblichkeit sowie Mangelernährung deutlich zurückgehen. Es gibt allerdings eine Ausnahme: Man rechnet mit einem Anstieg der AIDS-Toten von 2,2 Mio. auf 6,5 Mio. bis zum Jahr 2012.

Fest steht, dass der Zusammenhang zwischen Gesundheit, Krankheit und Wirtschaft nicht ignoriert werden kann. Betrachten wir etwa das Beispiel der Fettleibigkeit: Sie beginnt bei einem Body-Mass-Index (BMI) grösser 30. Eine WHO-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass 2005 weltweit etwa 1,6 Mrd. Menschen über 15 Jahre übergewichtig und mindestens 400 Mio. Erwachsene fettleibig waren. Ursache ist eine weltweite Veränderung der Ernährungsgewohnheiten hin zu kalorienreicherer Nahrung. Ebenso spielt eine Rolle, dass die Menschen weniger Sport treiben und mehr sitzende Tätigkeiten ausüben. Fettleibigkeit ist nicht nur ein Problem der Industrieländer wie der USA. Berichten zufolge sind in China etwa 15% der Erwachsenen, das heisst 200 Mio. Chinesen, übergewichtig. Von diesen sind 90 Mio. (7%) fettleibig. Für solche Menschen ist das Risiko von Herzproblemen, Typ-2-Diabetes und Schlaganfällen erhöht. Es besteht kein Zweifel daran, dass sämtliche Erkrankungen die Volkswirtschaft schwächen können, weil sie die Lebenserwartung vermindern (vorzeitige Todesfälle bedeuten einen Verlust von Humankapital). Dadurch steigen die Kosten für Ausbildung und Mitarbeitergewinnung, und die Arbeitnehmerproduktivität geht zurück, weil Mitarbeiter aufgrund von Krankheiten, der Pflege von Familienangehörigen sowie der Teilnahme an Beerdigungen nicht am Arbeitsplatz sind. So führte die Abwesenheit vom Arbeitsplatz in Grossbritannien zu Kosten von mindestens 12 Mrd. GBP pro Jahr.

Gesundheitsthemen werden für Unternehmen daher zu einem immer grösseren Risiko, für das es Lösungen zu finden gilt – auch im Bezug auf die Gesundheit am Arbeitsplatz. Im Gesundheitsbereich gibt es also nicht nur Chancen, die durch die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen zur Lösung zahlreicher gesundheitlicher Probleme entstehen.

So leiden im Metall- und Bergbausektor Unternehmen, die in Afrika südlich der Sahara aktiv sind, besonders stark unter dem HIV-Problem. Anglo American schätzt, dass HIV/AIDS ohne antiretrovirale Therapie Kosten in Höhe von 2% der Lohnsumme verursacht (0,12-2,55% auf Basis von Daten für die Jahre 2003-2005). Um etwas gegen dieses Problem zu unternehmen, hat das Unternehmen neben antiretroviraler Therapie freiwillige Beratungsmassnahmen und Tests für seine Mitarbeiter eingeführt. Das Unternehmen hat gezeigt, dass die Kosten der antiretroviralen Therapie kurzfristig durch weniger Fehlzeiten und geringere Gesundheitsvorsorgekosten (insbesondere Krankenhausaufenthalte) sowie die Weiterbeschäftigung qualifizierter Mitarbeiter und höhere Produktivität mehr als ausgeglichen werden.

Auf der Produktseite zählen Pharmaunternehmen, die leicht einsetzbare Medikamente herstellen, offensichtlich zu den Gewinnern. Dexia Asset Management hat unter anderem zwei Unternehmen identifiziert, deren Dienstleistungen und Produkte von den aktuellen Krankheitstrends profitieren können und die darüber hinaus ein überdurchschnittliches Nachhaltigkeitsprofil haben.

Da die so genannten Lifestyle-Krankheiten weltweit deutlich ansteigen, entwickeln Menschen ein zunehmendes Bewusstsein für die gesundheitlichen Folgen von Fettleibigkeit. Sie legen daher mehr Wert auf gesunde Ernährung. Unternehmen, die Alternativen zu ungesunder Nahrung herstellen (z.B. Nahrungsmittel mit wenig Salz, wenig Cholesterin, wenig Zucker, fettfreie Nahrung etc.) dürften davon profitieren.

Der Lebensmittel- und Getränkekonzern Nestlé ist ein solches Unternehmen. 2006 wurden 20% des Umsatzes mit „gesunden Produkten“ erzielt, d.h. mit Produkten aus den Sparten Nestlé Waters, Nestlé Nutrition und der Pharmasparte. Im 1. Quartal 2007 hat Nestlé Nutrition erstmals sein Ziel von 10% organischem Wachstum (ohne Berücksichtigung von Zukäufen) erreicht.

Ein weiteres Beispiel ist Agilent. Dieses Unternehmen stellt Messgeräte und Messtechniken für elektronische und bioanalytische Messungen her, mit denen eine hohe Produktqualität und Produktsicherheit gewährleistet werden kann. Auf die Bioanalyse-Sparte entfielen 2006 30% des Umsatzes. Agilent ist der weltweit zweitgrösste Hersteller von DNA-Mikro-Arrays, die für die Genomanalyse verwendet werden und für die Krebsforschung wichtig sind. Ausserdem ist die Life-Sciences- und Chemieanalysesparte ein führender Hersteller von Geräten zur Entdeckung, Identifikation und Bestimmung chemischer und biologischer Verbindungen, für die es vielfältige Einsatzmöglichkeiten gibt – von der Medikamentenanalyse über die Lebensmittelsicherheit bis hin zu Umweltkontrollen.

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