26.05.2023, 09:11 Uhr
Die Zahl der Ansteckungen steigt seit Wochen stetig an. In Peking sei Covid-19 seit vier Wochen wieder das vorherrschende Virus unter allen Infektionskrankheiten, wie die lokale Gesundheitskommission mitteilte.
Allmählich werden Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie gelockert. Die Wirtschaft aber gleitet nach wie vor in eine Rezession ab. Wie wird sich die Konjunktur künftig entwickeln? Martin Gilbert von Aberdeen Standard Investments wagt keine Prognose, ist sich aber sicher, dass tiefgründige Veränderungen passieren werden.
Aktuell werden in Europa die Corona-Auflagen allmählich gelockert, während die Wirtschaft in eine Rezession abgleitet. Vor diesem Hintergrund wird viel darüber diskutiert, ob es nun zu einer V-, U- oder L-förmigen Erholung kommen wird. "Die Corona-Krise ist jedoch ein derart singuläres Ereignis, dass niemand mit Gewissheit sagen kann, wie schnell sich die Volkswirtschaften erholen werden, wie lange es dauern wird, bis die Weltwirtschaft wieder ihr Vorkrisenniveau erreicht hat und welche Narben die Pandemie hinterlassen wird", ist Martin Gilbert, Chairman von Aberdeen Standard Investments, überzeugt.
Sicher ist gemäss Gilbert nur eins: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden sich grundlegend verändern. Mit ihren Hilfspaketen kommt den Regierungen und Zentralbanken beim Ankurbeln der Wirtschaft eine wichtige Rolle zu. Viele Firmen dürften Insolvenz anmelden oder von Wettbewerbern übernommen werden. Und jene, die überleben, werden um Veränderungen nicht herumkommen. Angesichts der ungewissen Grosswetterlage, sei es unmöglich, eine genaue Prognose für die kommenden Monate und Jahre zu machen. "Einige Anleger scheinen jedoch genau das von sich zu glauben", stellt Gilbert fest. Das zumindest legt die jüngste Erholung an den Aktienmärkten nahe.
Weltweit wird ein Rückgang des BIP um bis zu 10% in diesem Jahr prognostiziert. Zum Vergleich: 2008, also in der letzten Rezession, waren es 0,5%. Und auch für die Unternehmensgewinne könnte der Ausblick kaum düsterer sein: Für Europa halten Experten einen Gewinneinbruch von 30 bis 70% für wahrscheinlich. "Vor diesem Hintergrund lässt die in den letzten Wochen an den Aktienmärkten zu beobachtende Rally vermuten, dass Anleger wohl eher eine V- als eine U-förmige Konjunkturerholung einpreisen. Zu den uneinheitlichen Signalen seitens der Unternehmen will dies nicht so recht passen", meint Gilbert.
Zwar hätten die unbegrenzten Liquiditätsspritzen der Zentralbanken und die zusätzliche geldpolitische Lockerung weiteren Turbulenzen nach der Talfahrt im März einen Riegel vorgeschoben. Ein Übriges täten neueste Daten, die die Hoffnung einer allmählichen Eindämmung des Virus nähren. Das aber sei nur ein Teil der Wahrheit, warnt Gilbert. Denn anders als während der globalen Finanzkrise hätten wir es gegenwärtig nicht mit einer Liquiditäts-, sondern mit einer Solvenzkrise zu tun, von der Unternehmen aus einer Vielzahl von Branchen betroffen sind.
"Ich bin jedenfalls der Meinung, dass wir aktuell eine Bärenmarktrally erleben, deren Dauer völlig ungewiss ist", kommentiert Gilbert die aktuelle Lage an den Börsen. Weiter mahnt er, wir sollten uns hüten, voreilige Schlüsse zu ziehen. Vielmehr sei nun die Zeit gekommen, in der aktive Manager ihren Wert unter Beweis stellen müssen. Etwa indem sie Firmenentscheider dazu befragen, wie sie sich an diese überaus schwierigen Bedingungen anpassen und ihr Unternehmen durch die Krise steuern wollen. Und indem sie Bilanzen und Geschäftsmodelle genau unter die Lupe nehmen.
Gleichzeitig sei es aber auch wichtig, trotz der vor uns liegenden Herausforderungen nicht allzu pessimistisch zu sein. Denn es gebe doch gute Gründe, dankbar zu sein. "Ein Beispiel hierfür aus dem Anlagebereich ist die Vielzahl fantastischer börsenkotierter Unternehmen in Europa, die in ihren jeweiligen Bereichen marktführend sind. Viele von ihnen werden die aktuelle Krise meistern und von den Chancen, die sich durch die Veränderungen in der Wirtschaft, an den Märkten und durch neue Technologien ergeben, profitieren", schätzt Gilbert die Zukunft ein.