Indien im Visier von Big Tech

Der riesige Pool von Talenten zieht westliche Tech-Giganten an. (Bild Shutterstock/Ground Picture)
Der riesige Pool von Talenten zieht westliche Tech-Giganten an. (Bild Shutterstock/Ground Picture)

Indiens Technologiesektor birgt ein enormes Potenzial. Westliche Tech-Giganten wollen davon profitieren und strömen in das Land. Das Research-Team von FlowBank erklärt die Hintergründe.

04.05.2023, 15:42 Uhr

Redaktion: sw

Der indische Technologiesektor ist in gewisser Weise ein Mikrokosmos des westlichen Pendants, allerdings mit einigen entscheidenden Vorteilen. Mit einer konstanten jährlichen Wachstumsrate von 8 Prozent wird der Umsatz im Jahr 2023 wahrscheinlich die Marke von 245 Milliarden Dollar überschreiten. Zurzeit kann sich Indien rühmen, 25’000 technologiebasierte Startups mit einem jährlichen Finanzierungsvolumen von mehr als 24 Milliarden Dollar zu beheimaten. Das Land ist der drittgrösste Startup-Hub der Welt.

Zudem existiert ein ausgereifter Softwaremarkt mit mehr als 2’000 Unternehmen – die Hälfte davon bieten «Software as a Service» (SaaS) an und qualifizieren sich daher bestens für einen grenzenlosen digitalen Marktplatz. Analysten gehen davon aus, dass der SaaS-Markt bis 2030 einen Bruttowert von über 1 Billion Dollar erreichen wird. Zudem wurden seit 2015 mehr als 150’000 Technologiepatente angemeldet, und die nationalen Ausgaben für Forschung und Entwicklung steigen kontinuierlich.

Riesiger Pool an jungen Talenten

Trotz der vielen Startups und des Technologiedurchbruchs bleibt der Markt weitgehend unerschlossen, da 65 Prozent dieser riesigen Bevölkerung unter 35 Jahre alt und 50 Prozent unter 25 Jahre alt sind. Das ungestüme Wachstum des indischen Technologiesektors, der sowohl einen Arbeitskräftepool als auch eine Verbraucherbasis darstellt, wird noch weiter zunehmen, da ein grosser Teil dieser jungen Menschen vom Land in die Silicon Valleys Indiens ziehen wird.

Und dabei handelt es sich lediglich um das landeseigene Wachstum. Viele Unternehmen aus Industrieländern und westlichen Nationen haben aus der Pandemie gelernt und verlassen China. Die Folge? Produktionsstätten für Computer, Smartphones und andere Hardwareprodukte werden nach Indien verlegt. Die indischen Produktionsstätten gelten als zuverlässiger und weniger abhängig von den Launen einer Zentralregierung.

Unternehmen wie Amazon, Meta und Alphabet investieren massiv in indische Startups und versuchen, Marktanteile zu erobern, indem sie so schnell wie möglich Geld in das Land pumpen und gleichzeitig die Kosten im eigenen Land senken – was die Bedeutung des indischen Marktes für die Geschäftsleitungen unterstreicht.

Der aufkeimende Arbeitskräftepool ist zweifellos die grösste Chance für Big Tech in Indien, sowohl im Hinblick auf die Arbitrage von Arbeitskräften als auch auf die Beschaffung von Talenten zur Förderung von Innovationen.

Nicht, weil es billiger ist, die Produktion auszulagern. wDer eigentliche Grund ist, dass die digitale Kompetenz der indischen Jugend die der westlichen übertrifft und von westlichen Tech-Firmen dringend benötigt wird. Debjani Ghosh, Präsident der National Association of Software and Services Companies, sagt, dass «die Vereinigten Staaten in der Spitzenforschung und -entwicklung führend sind, während Indien über die Talente verfügt, um die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage bei den digitalen Fähigkeiten zu schliessen.»

Es gilt Hürden zu überwinden

Insgesamt bedeutet das, dass in einer zunehmend globalisierten und digitalisierten Welt immer mehr Technologieunternehmen Indien als erstklassigen Arbeits- und Verbrauchermarkt betrachten, von dem sie erwarten, dass er den heimischen Markt übertreffen wird – und zwar schnell.

Doch es gibt unter anderem auch kulturelle Hürden, die die Ansiedlung grosser Technologieunternehmen in Indien erschweren. Apple, welche seine Produktion von China nach Indien verlagern will, berichtete im Februar 2023, dass es in Indien kein Gefühl für die Dringlichkeit gebe, was den geplanten Übergang verlangsame.

Dazu kommen Probleme mit sanitären Einrichtungen, der regionalen Zersiedelung und der mangelnden Ausbildung der Arbeitskräfte. Nichtsdestotrotz sind die Unternehmen überzeugt, dass sich ihre Investitionen in zweistelliger Milliardenhöhe in das Land und die Wirtschaft auszahlen werden.

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