10.10.2024, 11:34 Uhr
Überflutete Strassen, Millionen Menschen ohne Strom und erste Todesopfer: Hurrikan «Milton» ist an der Westküste des US-Staats Florida auf Land getroffen. Die Windstärke war glücklicherweise tiefer als...
Der Versicherungskonzern Zurich Insurance verschärft seine Haltung gegenüber grossen Verursachern von CO2-Emissionen. Wie VR-Präsident Michel Liès in einem Interview mit dem "Tages-Anzeiger" erklärt, dränge man Unternehmen im Gespräch dazu, den CO2-Ausstoss deutlich zu reduzieren. Gebe es dafür keinen Plan, beende man die Beziehung.
Wie "Zurich"-VR-Präsident Michel Liès im Interview versichert, führt der Konzern viele Gespräche mit den grossen Öl- und Gasproduzenten sowie Industrie- und Logistikunternehmen über deren Pläne, den CO2-Ausstoss deutlich zu senken. "Wenn wir feststellen, dass eine Gesellschaft, die zum Beispiel im Bereich Kraftwerkskohle oder Ölsand tätig ist, keinen solchen Plan hat, dann beenden wir die Beziehung", sagt er.
Die "Zurich" habe sich deshalb auch schon von solchen Kunden getrennt. "Dafür haben wir klare Richtlinien definiert."
Falls eine Gesellschaft über einen glaubwürdigen Übergangsplan verfüge, begleite man sie gerne. "Aber auch dann haben wir nicht unendlich Geduld. Wir geben ihnen höchstens fünf Jahre". Wenn es dann keine Resultate gebe, beende man die Kundenbeziehung, so der VR-Präsident.
Zurich Insurance tut das durchaus auch aus Eigeninteresse. Die Schäden, die dem Lebens- und Schadenversicherer wegen der Klimaerwärmung durch Naturkatastrophen entstanden sind, beziffert Michel Liès fürs erste Halbjahr 2022 auf über 500 Mio. US-Dollar. Das sei mehr, als man erwartet habe. "Die Naturkatastrophen, die uns am meisten gekostet haben, waren Überflutungen in Australien und Stürme in Europa," erläutert er.
Auch "Zurich" ist nicht vor Grossschäden gefeit. Die Swiss Re hatte letzte Woche für die ersten neun Monate 2022 einen hohen Verlust von 285 Mio. US-Dollar bekanntgegeben, hervorgerufen durch verschiedene Grossschäden, unter andere des Hurricans "Ian", der aus der Karibik über Florida und South Caroline hinweggefegt war.
Was passiere, wenn der Ukraine-Krieg sich zu einem nuklearen Krieg, allenfalls sogar zu einem Weltkrieg ausweite, wurde Liès des weitren gefragt. Der 68-jährige Luxemburger antwortete, er sei besorgt, nicht unbedingt für die "Zurich". Diese habe in der Firmengeschichte eine grosse Krisenfestigkeit bewiesen. Aber als Menschen betrübe ihn, "dass es scheint, dass die Menschheit Schwierigkeiten hat, Frieden zu erleben, ohne in eine kriegerische Lage zurückzufallen."
Mehr wirtschaftliche Unabhängigkeit in Europa sei begrüssenswert. Doch die Zusammenarbeit mit China, um die es in erster Linie gehe, das wirtschaftlicher viel bedeutender ist als Russland, und damit auf die Vorzüge der Globalisierung zu verzichten, halte er für falsch. Eine polarisierte Welt helfe niemandem.
Der wirtschaftliche Schaden sei das eine. Für uns im Westen würden wohl einige Güter teurer, wenn man sie nicht mehr in China herstellen könne. Aber das sei zu bewältigen. Die menschliche Ebene ist wichtiger: "Es wäre traurig, wenn wir in einen neuen kalten Krieg abrutschen würden und die Welt zweigeteilt würde."
Auf die Frage, wie sich "Zurich" darauf vorbereite, falls China militärisch aggressiv werde und zum Beispiel Taiwan überfalle, antwortete er: "Diese Frage stellt sich für uns nicht." Das China-Geschäft der Zurich Insurance sei sehr klein, seit der Konzern 2013 eine Unternehmensbeteiligung in China an Swiss Re verkauft habe. "Das heisst", gibt er lachend zu, "ich habe sie damals der Zurich abgekauft, als ich Chef der Swiss Re war." (Vor seinem Wechsel zu "Zurich" im April 2018 war Liès Swiss-Re-CEO).
Ob er froh sei, dass "Zurich" nicht mehr in der Volksrepublik tätig sei, beantwortet Liès mit: "Im Moment ja."