Gefängnisaktien sind ein heikles Investment

Bieten Anlass zur Kritik: Investments in Gefängnisse. (Bild: Shutterstock.com/Sirikunkrittaphuk)
Bieten Anlass zur Kritik: Investments in Gefängnisse. (Bild: Shutterstock.com/Sirikunkrittaphuk)

Weil Kapitalanlagen immer mehr auch nach ethischen Faktoren beurteilt werden, geraten Investoren, die in Aktien von Gefängnisbetreibern anlegen, in die Kritik. Value-Investor Bill Miller, ehemaliger CEO von Legg Mason, wehrt sich.

05.08.2020, 05:00 Uhr

Redaktion: hf

Der Amerikaner Bill Miller ist Value-Investor, Fondsmanager und Chef von Miller Value Partners. Sein eigenes Unternehmen gründete er nach seinem Ausstieg als CEO und CIO von Legg Mason. Beim US-Fondshaus – seit neuestem im Besitz von Franklin Templeton – führte er viele Jahre den Legg Mason Value Trust. Im Juni gab Miller bekannt, dass er und sein Sohn eine Position in der Geo Group aufgebaut haben, um die Performance ihres Flaggschiff-Fonds Equity Income zu verbessern. Aktuell halten sie 5,5% an dem Unternehmen, das zu den führenden privaten Betreibern von Gefängnissen und psychiatrischen Einrichtungen in den USA zählt.

Die Mitteilung löste grossen Wirbel aus. Ein Investment in Gefängnisse sei ethisch fragwürdig, ja verwerflich. Zwar seien Gefangene für ihr Schicksal in den allermeisten Fällen selbst verantwortlich. Ihre Lebensgeschichte als Ertragsquelle fürs Anlageportfolio zu nutzen, sei verantwortungslos, musste sich Miller anhören.

Ethische Überlegungen stehen hintenan

Jetzt hat der Angeschuldigte zum Gegenschlag ausgeholt. In einer Mitteilung mit dem Titel "Die Sicherheitsmargen werden kleiner", die von der britischen Fondsdatenbank Citywire zitiert wird, schreibt Miller, dass sich Value-Investoren ethische Überlegungen hintenanstellen, wenn es darum gehe, in private Gefängnisbetreiber zu investieren. Er habe bereits in der Vergangenheit eine Position in Geo Group gehalten, sie aber 2016 verkauft.

"Es ist wichtig zu wissen, dass wir keine ethischen Werturteile über die jeweilige Effizienz eines privaten Gefängnisses fällen. Vielmehr geht es uns darum, dass die Vermögenswerte und Verträge im Zusammenhang mit der Geo Group wesentlich mehr wert sind als der derzeitige Wert der Aktie", so Miller weiter.

"Bestechendes" Geschäftsmodell

Citywire schreibt zu dem Thema, es lasse sich nicht bestreiten, dass es sich bei Gefängnissen um eine heikle ethische Angelegenheit handle. Aber es gäbe Investoren wie Miller, die sie rein unter Renditeaspekten bewerteten und sie als Investment "mit verlässlichen Auslastungsraten und viel Nachfrage sehen."

Fundamental ist daran nichts auszusetzen, so funktioniert der (Gefängnis-)Markt und präsentiert sich die aktuelle Lage. Frei von Sarkasmus ist die Einschätzung gleichwohl nicht, auch nicht das Argument von Miller, die Geo Group sei in gewisser Weise ein Dienstleister, der über einen Kunden mit Investment-Grade-Rating verfüge, nämlich der amerikanische Staat. Der private Gefängnisbetreiber habe eine fast 100%ige Auslastungsquote und werde wesentlich besser geführt als Gefängnisse in öffentlicher Hand.

Aktie vernachlässigt

Zudem würden private Gefängnisbetreiber unter der Trump-Regierung weniger eingeschränkt, als es noch zu Zeiten Obamas der Fall war, fügt Miller hinzu. Die Geo Group hat effektiv in den vergangenen Jahren die Zahl der Einrichtungen deutlich erhöht und der CEO hat seine Beteiligung am "eigenen" Unternehmen aufgestockt, auf nunmehr 30 Mio. US-Dollar, wie Citywire berichtet.

Bleibt noch der Blick auf die Aktie: Trotz dem angeblich blühenden Geschäft mit Strafanstalten hat der Titel seit 2017 von über 37 US-Dollar auf aktuell rund 11 US-Dollar kontinuierlich an Wert verloren. Wer kann es bei dieser Performance verargen, dass ein Value-Investor wie Bill Miller Gefallen an Geo Group findet.

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