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VW-Skandal zeigt: Nachhaltigkeitsinvestoren müssen noch besser hinschauen

Der VW-Skandal belegt eindrucksvoll die These vieler Nachhaltigkeitsinvestoren, dass schlechte Governance ein massives Risiko für Unternehmen darstellt: Allein der Kursverlust bei VW hat fast 20 Milliarden Euro Börsenwert vernichtet.iese beaufsichtigt.

01.10.2015, 14:24 Uhr
Alternatives

Allerdings wirft die Causa VW auch die Frage auf, warum viele Nachhaltigkeits-Investment-Manager die Volkswagen-Aktie nicht nur im Anlage-Universum, sondern auch im eigenen Portfolio hatten. Welche Bedeutung der VW-Skandal für nachhaltige Investoren hat, skizziert Gerold Permoser, Chief Investment Officer der Erste Asset Management (EAM) in Wien, im Interview.


Herr Permoser, auch die Nachhaltigkeitsfonds der EAM waren bei Volkswagen investiert. Hätten Sie das Unheil nicht kommen sehen müssen? Schon in der Vergangenheit gab es schließlich VW-Skandale.
Permoser: Es ist ganz einfach: Als Nachhaltigkeitsinvestoren müssen wir noch besser werden. Wir müssen in der Analyse noch länger dran bleiben, noch hartnäckiger Fragen stellen und die erhaltenen Antworten noch kritischer hinterfragen. Unsere Erfahrung zeigt, dass schlechte Governance in der Regel tief in der Unternehmenskultur begründet liegt und eben kein ‚technisches Versehen‘ ist. Wir wissen, dass sich Unternehmenskulturen nur schwer und über lange Zeiträume ändern lassen, kurzfristig funktioniert das nicht.

Wie gehen Sie im Fall von VW damit um?
Permoser: Wir haben unmittelbar nach Bekanntwerden VW-Aktien und -Anleihen bis auf weiteres aus unserem Nachhaltigkeits-Anlageuniversum gestrichen. Intern diskutieren wir jedoch sehr oft, ob es nicht besser wäre, Unternehmen, die schlechter Governance – dazu zählen zum Beispiel Korruption oder Betrug – überführt wurden, schnell wieder zum Investment zuzulassen.


Welche Idee steckt dahinter?
Permoser: Unser Gedanke dabei: Die Wiederaufnahme in das Nachhaltigkeitsuniversum müsste für die Unternehmen ein Anreiz sein, in Zukunft Governance-Konflikte zu vermeiden. Offensichtlich ist das für viele Firmenmanager aber kein überzeugendes Angebot, ihr fehlerhaftes Verhalten in Richtung guter Unternehmensführung zu ändern. Unser Ansatz, auf schlechte Governance zu achten und unternehmerisches Fehlverhalten zu sanktionieren, ist richtig. In der Vergangenheit führte die Governance-Analyse der Erste Asset Management dazu, Anlagerisiken zu vermeiden, etwa in den Fällen von Enron oder Petrobras. Bei Volkswagen waren wir zwar


Können Nachhaltigkeitsinvestoren betrügerisches Verhalten von Unternehmen denn allein durch das Drängen auf gute Governance verhindern?
Permoser: Jeder Betrug muss leider immer auch erst einmal entdeckt werden. Und auch Nachhaltigkeitsinvestoren werden wahrscheinlich nicht jeden Betrug sehen. Daraus aber den Vorwurf abzuleiten, dass es nicht richtig sei, auf gute Unternehmensführung zu achten, scheint mir – gelinde gesagt – nicht logisch. Aus der Tatsache, dass nicht jedes Verbrechen entdeckt wird, leitet schließlich auch niemand ab, dass man keine Gesetze und keine Polizei braucht.


Was also ist zu tun?
Permoser: Unser Unternehmen und unsere Branche müssen mehr tun, um mit diesen Risiken richtig umzugehen. Denn viele Unternehmen – nicht nur VW – haben erkannt, dass „Öko“ als Verkaufsargument zieht. Offenbar ist das „Öko“-Argument so reizvoll, dass es auch Betrüger anlockt. Bleibt der Betrug ungeahndet, wird die Idee der Nachhaltigkeit letzten Endes pervertiert. Das kann nicht im Sinne von nachhaltigen Asset Managern sein. Und deshalb müssen wir handeln.


Wo sehen sie Handlungsfelder?
Permoser: Ich sehe unter anderem folgende Ansatzpunkte: Die Kultur eines Unternehmens erlaubt Rückschlüsse darüber, wie mit solchen Themen umgegangen wird. Auch statistische Verfahren geben Hinweise darauf, ob Daten vielleicht manipuliert wurden. NGOs können auf vielen Ebenen Informationen sammeln und Unternehmen herausfordern. Sie stellen eine kritische Öffentlichkeit dar. (Nachhaltigkeits-)Rating-Agenturen haben das Knowhow und die Mittel, um großen Unternehmen auf Augenhöhe zu begegnen. Man kann also durchaus handeln, um Betrug zu erschweren oder zu entdecken. Auch in den Unternehmen selbst: Interne Berichts-Systeme erlauben es, verstärkt auch innerhalb von Unternehmen darauf hinzuweisen. Denn in der Regel braucht es mehr Menschen für einen Betrug, als es Betrüger gibt – und die Menschen, deren Gewissen sich meldet, müssen sich vertraulich offenbaren können.


Wie lautete ihr Fazit in der Causa VW?
Permoser: Ich persönlich denke, die Lehre aus den jüngsten Vorfällen muss sein, nicht weniger auf Governance zu achten, sondern mehr. Die Hypothese: „schlechte Governance kostet“ ist richtig. Gerade die nachhaltige Asset-Management-Industrie kann eine Speerspitze auch für traditionelle Manager sein, weil sie geübt darin ist, die richtigen Fragen zu stellen und solche – in der Regel – „weichen“ Informationen zu verarbeiten. Was wir aber lernen müssen, ist bessere Instrumente zu entwickeln, um Fälle schlechter Governance zukünftig früher identifizieren zu können.

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