Staatsanleihen bieten systematischen Inflationsschutz

14.10.2010, 10:43 Uhr

Staatsanleihen bieten einen systematischen Inflationsschutz. Das hat eine Studie des Anleihemanagers Bantleon ergeben. "In allen längeren Inflationsphasen in den vergangenen 40 Jahren erwirtschafteten deutsche Staatsanleihen eine attraktive Rendite, die fast immer über der jeweiligen Teuerungsrate lag. Darüber hinaus kann die These, wonach Staatsanleihen in Inflationsphasen prinzipiell eine schlechtere Rendite bieten als Aktien, nicht bestätigt werden", erklärt Senior Analyst Dr. Andreas Busch, der die Studie erstellt hat. "Es lässt sich vielmehr vermuten, dass der relative Vorteil einer Anlageklasse von der Art der Inflation abhängt. Jeder Preisanstieg, der von der Kostenseite getrieben wird, bevorzugt die Anleihenmärkte, während eine nachfrageinduzierte Inflation die Aktienmarktentwicklung stimuliert."

Schwerpunkt der Untersuchung ist der RexP im Vergleich mit dem DAX. Zur Abstützung der Ergebnisse wurde auch der US-Staatsanleihenmarkt in die Untersuchung einbezogen. Dort wurde der Aktienindex S&P 500 Total Return Index mit dem Merrill Lynch Staatsanleihenindex 3 – 5 Jahre verglichen; der Index 1 – 10 Jahre steht erst seit 1979 zur Verfügung. Aufgrund der Datenverfügbarkeit fokussiert sich die Analyse auf die Zeit von 1970 bis 1994. Die vergangenen 15 Jahre wurden ausgeklammert, weil ab Mitte der 90er Jahre die Teuerungsrate in einer relativ engen Bandbreite zwischen 0,3 % und 3,2 % schwankte und deshalb nicht von längeren Inflationsphasen gesprochen werden kann.

Die Grundlage für die Studie waren folgende Annahmen: In einer ersten Variante wird eine Inflationsphase angenommen, wenn die Inflationsrate über 2,5 % lag, was dem langfristigen Durchschnitt des Betrachtungszeitraums entspricht. In einer zweiten und dritten Variante gilt als Kriterium für eine Inflationsphase, wenn die Jahresteuerung ihren 3- beziehungsweise 5-Jahres-Durchschnitt überschritten hat. Der 5-Jahres-Durchschnitt ist auch die Basis für den Vergleich für die Entwicklung in den USA. Andere Abgrenzungen führen dort wegen des spezifischen Inflationsverlaufes nicht zu verwertbaren Ergebnissen.

Vergleich deutscher Staatsanleihen und Aktien
Im Vergleich zeigen sich für Deutschland vor allem die folgenden Ergebnisse:

  1. Unabhängig davon, welche Abgrenzungsmethode verwendet wird (3-,  5-Jahresdurchschnitt oder 2,5 %-Grenze), fiel der nominelle Ertrag von Staatsanleihen in Phasen hoher Inflation in der Gesamtbetrachtung immer höher aus als die Geldentwertung. Bei der Orientierung am 5-Jahres-Durchschnitt lag die jährliche Performance in jeder der drei Inflationsphasen über dem Anstieg der privaten Lebenshaltungskosten. Es konnte somit jedes Mal ein positiver realer Ertrag erzielt werden, was bei Aktien in der Mehrzahl der Fälle nicht möglich war.
  1. Ebenfalls unabhängig von der Abgrenzungsmethode schneiden in der Gesamtbetrachtung über alle Inflationsphasen hinweg Staatsanleihen immer besser ab als Aktien. Die Performance ist dabei jeweils mehr als doppelt so hoch. Bei der Orientierung am 5-Jahres­-Durch­schnitt der Inflationsrate konnten Bundesanleihen in den insgesamt 14,8 Jahre dauernden Inflationsphasen eine jährliche Performance von 7,7 % erzielen, während Aktien nur auf 3,3 % kamen.

  2. Unabhängig vom Abgrenzungskriterium bei der Betrachtung der einzelnen Phasen ist eine Regelmässigkeit zu beobachten: In den 70er- und 80er Jahren schnitten die Anleihenmärkte in den beiden Inflationsphasen immer besser ab als die Aktienmärkte. Dagegen schnitten Aktien Anfang der 90er Jahre in einzelnen Phasen erheblich besser ab als Staatsanleihen.

In den USA nur langfristig Schutz vor Inflation
"Auch in den USA boten Staatsanleihen langfristig einen Inflationsschutz. Sie verzeichneten gegenüber Aktien zwar nur in der ersten der drei Inflationsphasen eine Outperformance, aber dennoch erzielten sie eine attraktive Rendite, die zumindest in der Summe aller betrachteten Zeiträume über der Inflationsrate lag", stellt Busch fest. In den USA ist das Bild weniger eindeutig als in Deutschland. "Das immer wieder behauptete systematische Manko von Staatsanleihen, in Inflationsphasen ein erhöhtes Verlustrisiko zu haben, ist aber auch für die grösste Volkswirtschaft der Welt nicht nachzuweisen."

Systematischer Inflationsschutz
Auf den ersten Blick scheint das gute Abschneiden von Staatsanleihen gegenüber Aktien in Inflationsphasen überraschend zu sein. Denn eigentlich würde man erwarten, dass Zeiten hoher Inflation mit steigenden Zinsen einhergehen, was Staatsanleihen Kursverluste beschert und somit schadet. Die Erklärung findet sich im automatischen Zinsanpassungsprozess, von dem jedes Anleihenportfolio mit einer ausgewogenen Laufzeitstruktur profitiert. Entsprechend der Fälligkeitsstruktur wird in jedem Jahr ein Teil des Anleihenbestandes zurückgezahlt. Dieses frei werdende Kapital sowie die Zinszahlungen aller noch nicht fällig gewordenen Anleihen stehen zur kontinuierlichen Wiederanlage bereit. Am Beispiel des RexP zeigt sich, dass innerhalb von fünf Jahren bereits 58 % aller Zahlungsströme des Portfolios fliessen und somit bei steigenden Zinsen in Anleihen mit höheren Renditen investiert werden können. Mit einer gewissen Verzögerung profitiert damit das Portfolio sogar von dem vermeintlich schädlichen Zinsanstieg. "Staatsanleihenportfolios besitzen durch diesen Effekt einen automatischen Inflationsschutz", erklärt Busch.

90er Jahre waren Ausnahme
Dass deutsche Aktien Ende der 80er-/Anfang der 90er Jahre – anders als in den vorangegangenen Inflationsphasen – besser als deutsche Staatsanleihen abschneiden konnten, hängt vor allem mit der speziellen konjunkturellen Situation in dieser Zeit zusammen. Anders als in den 70er Jahren waren Anfang der 90er Jahre nicht die explodierenden Energiepreise die Auslöser der Inflation (Kostendruckinflation). Vielmehr führte nach der Wiedervereinigung die zusätzliche Nachfrage aus den neuen Bundesländern zu einem beispiellosen Konjunkturboom. In der Folge kam es zu Kapazitätsengpässen, weshalb die Unternehmen höhere Preise durchsetzen konnten (nachfrageinduzierte Inflation). Entsprechend erzielten die Unternehmen hohe Gewinne und die Aktienmärkte profitierten überproportional. "Die aktuellen konjunkturellen Rahmenbedingungen stellen sich jedoch völlig anders dar", betont Busch.

Auch Staatsanleihen erreichten selbst in dieser Phase mit knapp 8,0 % p. a. eine – absolut gesehen – hohe Rendite, ähnlich wie in den vorangegangenen Inflationsphasen. Der Inflationsschutz funktionierte also auch in diesem Fall. Darüber hinaus ist die Rendite von knapp 8,0 % auch in Relation zur damaligen Inflation von 3,6 % p. a. hoch. (cl)

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