Pierin Vincenz schuldig gesprochen

Im wohl wichtigsten Schweizer Wirtschaftsprozess der letzten Jahrzehnte ist das Urteil gefallen. (Bild: Shutterstock.com/Zolnierek)
Im wohl wichtigsten Schweizer Wirtschaftsprozess der letzten Jahrzehnte ist das Urteil gefallen. (Bild: Shutterstock.com/Zolnierek)

Das Bezirksgericht Zürich hat am Mittwoch den ehemaligen Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz wegen mehrfacher Veruntreuung, mehrfacher ungetreuer Geschäftsbesorgung und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von 3,75 Jahren verurteilt. Beat Stocker erhält eine Freiheitsstrafe von 4 Jahren.

13.04.2022, 09:52 Uhr

Redaktion: rem

Nach acht teilweise zähen Verhandlungstagen, die mit Befragungen und Plädoyers am 22. März zu Ende gingen, hat das Bezirksgericht Zürich am Mittwoch das Urteil gegen Pierin Vincenz verkündet: Der Ex-Raiffeisen-Chef ist wegen Betrugs, ungetreuer Geschäftsbesorgung und Urkundenfälschung in mehreren Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten und 280 Tagessätzen zu 2'000 Franken verurteilt worden. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.

Richter Sebastian Aeppli begründete das Urteil der Freiheitsstrafe gegen Pierin Vincenz: Von den 3 Jahren und 9 Monaten fallen 30 Monate für den Fall Investnet, 12 Monate für GCL sowie jeweils 6 Monate für Commtrain und Eurokaution an. Zusammen würde das viereinhalb Jahre ergeben. Das Gericht habe die Strafe allerdings wegen einer massiven Vorverurteilung in den Medien um 9 Monate gesenkt.

Auch Beat Stocker wird des Betrugs, versuchten Betrugs, mehrfacher ungetreuer Geschäftsbesorgung, sowie passiver Privatbestechung schuldig gesprochen. Stocker erhält 4 Jahre Freiheitsstrafe, davon 106 Tage in der Untersuchungshaft schon erstanden. Dazu kommen 160 Tagessätze zu 3'000 Franken. Auch seine Freiheitsstrafe wird vollzogen.

Andreas Etter ist schuldig der aktiven Privatbestechung sowie Gehilfenschaft zu qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung und Ferdinand Locher ist schuldig der aktiven Privatbestechung und Gehilfenschaft.

Berufung wahrscheinlich

Es sei der vorläufige Schlusspunkt eines über vier Jahre dauernden Verfahrens, kommentiert die NZZ. Die Anklageschrift der Zürcher Staats­anwalt­schaft umfasst 364 Seiten. Eine weitere Runde sei absehbar, so die Berichterstatter, denn eine Berufung sei wahrscheinlich, ob von der Staatsanwaltschaft oder von den Beschuldigten. Bis ein rechtskräftiges Urteil feststehe, dürfte es damit noch Jahre dauern.

Die Staatsanwaltschaft hatte für Vincenz und und seinen Geschäftskollegen Beat Stocker, den ehemaligen Chef der Kreditkartenfirma Aduno, Freiheitsstrafen von je sechs Jahren beantragt. Die beiden sollen sich versteckt an Firmen beteiligt und danach dafür gesorgt haben, dass diese Unternehmen durch die Raiffeisen oder die Aduno aufgekauft wurden. Bei diesen Transaktionen und Übernahmen sollen Vincenz und Stocker unrechtmässige Gewinne in Millionenhöhe eingestrichen haben.

Vincenz wurde zudem angelastet, private Auslagen auf Geschäftsspesen genommen zu haben. In der Anklageschrift sind Besuche in Stripclubs für insgesamt 200'000 Franken und private Reisen für 250'000 Franken aufgeführt. Vincenz hatte diese Ausgaben mit "Beziehungspflege zu Geschäftsleuten" begründet. Ein Tinder-Date in einem teuren Restaurant bezeichnete er als "Bewerbungsgespräch". Bei den Spesenexzessen sei die Sache klar. Der Besuch von Stripclubs und Cabarets seien ohne Geschäftsbezug, sagte der Richter bei der Urteilsverkündung. Es gehe deshalb um ungetreue Geschäftsbesorgung.

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