Corona führt zu mehr Konsum auf Pump

Schweizerinnen und Schweizer schieben die Bezahlung von Online-Einkäufen vermehrt hinaus. (Bild: Shutterstock.com/Kite_rin)
Schweizerinnen und Schweizer schieben die Bezahlung von Online-Einkäufen vermehrt hinaus. (Bild: Shutterstock.com/Kite_rin)

Schweizerinnen und Schweizer kaufen trotz coronabedingtem Konsumeinbruch 2020 online so viel ein wie noch nie zuvor – und zwar vermehrt auf Pump, wie eine Analyse von Comparis zeigt. Der Black Friday dürfte die Online-Konsumenten zusätzlich in Scharen anlocken.

26.11.2020, 15:36 Uhr

Redaktion: alm

Der private Konsum in der Schweiz ist im Zuge von Corona massiv eingebrochen. Derweil erlebt das Online-Shopping einen Boom, wie eine Studie der ZHAW zeigt. Die Umsätze liegen gemäss einer Analyse des Online-Vergleichsportals Comparis bei einigen Händlern derzeit um bis zu 50% über dem Vorjahr. Der Black Friday dürfte den Online-Shops noch zusätzlichen Schwung verleihen.

Die Verlagerung in den E-Commerce habe allerdings eine Schattenseite, warnt Comparis. Vier Fünftel der Online-Shopper zahlen ihre Käufe nicht direkt, sondern kaufen auf Pump. So zeigen die Zahlen von CRIF, dass gut 79% der Online-Bestellungen in der Schweiz per Rechnung bezahlt werden. Beim Online-Fachhändler Brack.ch sind es 70%, bei Migros.ch rund 50% und bei Digitec Galaxus rund 33%. Bei letzterem ist der Anteil der Rechnungszahlungen 2020 nach eigenen Angaben gestiegen. Weitere 40% begleichen ihre Online-Einkäufe bei Digitec Galaxus mit einer Kreditkartenzahlung.

Steigendes Risiko, sich zu verschulden

"Beim Online-Shopping birgt gerade die Bezahlung per Kreditkarte mit den Mindestraten das Risiko, in finanzielle Bedrängnis zu geraten. Ratenzahlungen haben hohe Schuldzinsen zur Folge, die bei langen Laufzeiten oft stark unterschätzt werden", warnt Max Klemenz, Co-Geschäftsleiter der Schuldenberatung Kanton Zürich. "Bei Zahlung auf Rechnung sehe ich das Risiko von zu vielen Bestellungen, die dann das Budget überlasten und nicht alle termingerecht bezahlt werden können. Oder es bleiben dann andere Rechnungen liegen, wie zum Beispiel die der Steuern oder der Krankenkasse", so Klemenz weiter.

Michael Kuhn, Consumer-Finance-Experte bei Comparis, rät, beim Kauf auf Pump Vorsicht walten zu lassen: "Viele verschaffen sich mit einem Zahlungsaufschub Spielraum auf dem Konto. Gerade bei höheren Beträgen und für Menschen mit tiefen Einkommen kann das in der gegenwärtigen Situation aber ins Auge gehen." So drohe bei einem Einkommensverlust durch Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit oder bei ausbleibenden Aufträgen bei Selbständigerwerbenden ein Finanzengpass.

Unternehmen legen Datenbanken über Kreditwürdigkeit an

Die Online-Händler schützen sich gegen drohende Finanzausstände mit einer Prüfung der Zahlungsfähigkeit. Bei den meisten geschieht dies während des Bestellvorgangs in Echtzeit. Bei einer schlechten Bonität blenden die Online-Shops unter anderem oft die Möglichkeit zur Zahlung per Rechnung aus.

Allein CRIF verzeichnet pro Jahr über 40 Mio. Abfragen von über 2'000 Webshops. "Das heisst: Der gläserne Kunde ist heute mehr denn je Realität", so Kuhn. Neben der Kreditwürdigkeit werden auch die Produktart und der Status – ob Neu- oder Bestandskundschaft – geprüft. Einige Firmen durchleuchten alle Neukundinnen und -kunden bei einer Bestellung auf ihre Bonität. Die Migros hingegen prüft nur Personen, die auf Rechnung bestellen wollen. Für ihre Bestandskundschaft haben einige Firmen zudem eigene Datenbanken über die Kreditwürdigkeit angelegt, so zum Beispiel Digitec Galaxus.

Gefahr von fehlerhaften Daten

Die eigene Bonität zu kennen, sei entsprechend wichtig. Denn tatsächlich sei die Gefahr von fehlerhaften Bonitätsbeurteilungen real. Daten von Personen mit gleichen Namen könnten verwechselt und bezahlte Ausstände nicht aktualisiert werden oder zu wenige Informationen zu einem schlechten Kredit-Score führen.

Eine schlechte Bonität habe mitunter fatale Auswirkungen auch abseits des Online-Shoppings. Denn der Bonitätsgrad bestimme nicht nur, ob eine Person auf Rechnung zahlen kann, sondern auch die Höhe von Versicherungspolicen und die Chancen auf eine Mietwohnung. Deshalb rät Kuhn: "Es lohnt sich daher, besonders aktuell die eigenen Bonitätsdaten zu überprüfen. Vor allem für Personen, die Zahlungsrückstände beglichen haben, oder bei Betreibungen."

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