20.12.2024, 14:24 Uhr
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In der Onkologie hat es in den letzten Jahrzehnten einige bemerkenswerte Fortschritte gegeben. Krebs ist ein schwieriger und komplexer Feind. Es gibt über 200 Arten dieser Krankheit, und sie ändern sich ständig als Reaktion auf die gegen sie angewandten Therapien. Interessante Entwicklungen sind laut Malgorzata Kluba von Candriam auf dem Gebiet der Präzisionsonkologie zu beobachten.
Heute gibt es eine Reihe verschiedener Krebsbehandlungen. Dazu zählen die Chemotherapie, die Strahlentherapie, die zielgerichtete Therapie, die Immuntherapie, die Transplantation von Stammzellen aus dem Knochenmark, die Hormontherapie und die Operation. "Einige der spannenderen Entwicklungen können wir auf dem Gebiet der Präzisionsonkologie sehen", sagt Malgorzata Kluba, Senior Biotechnology Analyst bei Candriam.
Wie sie weiter erklärt, werden einige der ältesten Behandlungen, wie beispielsweise die Chemotherapie, heute noch angewendet, aber sie sind mit schweren Nebenwirkungen verbunden. Dies liegt daran, dass sie nicht zwischen gesunden Zellen und Krebszellen im Körper unterscheiden - und beide abtöten.
Viele Jahrzehnte intensiver Forschungstätigkeit hätten zu einem besseren Verständnis der Krebsbiologie geführt, was die Entwicklung von gezielten Therapien ermöglicht habe. "Auf diesem Gebiet finden wir derzeit einige der spannendsten Entwicklungen in der Onkologie und die Unternehmen, die an diesen neuen Krebsbehandlungen arbeiten", sagt die Expertin. Diese gezielten Therapien nutzen die genauen Informationen über den Krebs, um nur Krebszellen anzugreifen, während gesunde Zellen verschont bleiben, und so die Erfolgsquote zu erhöhen und Nebenwirkungen zu reduzieren.
Im Laufe der Jahre wurden mehrere Arten von zielgerichteten Therapien entwickelt, die vor allem darauf abzielen, die Aktivität von Proteinen zu blockieren, die zum Tumorwachstum beitragen. Der menschliche Körper synthetisiert rund 20'000 Proteine, und ca. 600 von ihnen sind funktionell wichtig für verschiedene Krebsarten. Da ein Tumor ohne diese Proteine nicht funktionieren kann, ist ihre vollständige Blockade oder Beseitigung eine gute Strategie, die Krankheit zu bekämpfen.
Wie Kluba weiter ausführt, können unter Berücksichtigung der subtilen Unterschiede zwischen kranken und gesunden Zellen Krebszellen mit Antikörpern selektiv angegriffen werden. Einige Krebsbehandlungen verwenden Antikörper, die so konzipiert wurden, dass sie nur an Oberflächenflächenproteine von Krebszellen, nicht aber an andere Zellen in unserem Körper binden. Sie funktionieren genauso wie normale Antikörper: Sobald sie das Ziel (ein passendes Krebsprotein) gefunden haben, blockieren sie seine Aktivität und signalisieren dem Immunsystem, den Eindringling anzugreifen.
Antikörpertherapeutika stellen die am schnellsten wachsende Medikamentenklasse auf dem Markt dar. 35 Jahre nach der Zulassung der ersten Antikörpertherapie sind sie immer noch Gegenstand intensiver Forschung, um die Art und Weise ihres Einsatzes und ihre Effizienz zu verbessern.
Die wichtigsten Entwicklungen der letzten Jahre auf diesem Gebiet konzentrierten sich auf die sogenannten bispezifischen Antikörper sowie Antikörper-Wirkstoff-Konjugate. Die bispezifischen Antikörper können nicht nur an eine, sondern an zwei verschiedene Zellarten binden, zum Beispiel an eine Krebszelle an einem Ende und die defensive T-Zelle, die die Krebszellen zerstören kann, am anderen.
Kluba erklärt: "Antikörper-Wirkstoff-Konjugate kombinieren die Selektivität eines Antikörpers und die hohe Toxizität eines Medikaments, mit dem sie fusioniert werden. Auf diese Weise erreicht die Behandlung Krebszellen und keine gesunden Zellen, was die Nebenwirkungen reduziert. Es gibt Hunderte verschiedener Arten von Krebs, und jeder von ihnen hat viele verschiedene Arten von Proteinen auf der Oberfläche seiner Zellen, die sehr schnell mutieren können, um aktuellen Therapien zu entkommen. Aber mit über 200 in der Entwicklung befindlichen bispezifischen Antikörpertherapien sind unsere Chancen in diesem Kampf nicht hoffnungslos." Neuere Beispiele seien der bispezifische Antikörper von Genmab, der sich derzeit in der späten Phase klinischer Studien zu Lymphomen befindet, Johnson & Johnsons kürzlich zugelassenes bispezifisches Medikament, das auf zwei separate Treiber von Lungenkrebs abzielt, oder das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat, das von Daiichi Sankyo in Zusammenarbeit mit AstraZeneca entwickelt und für eine Art von Brustkrebs zugelassen wurde.
Unser Körper produziert und beseitigt ständig eine Vielzahl von Proteinen. Die Proteine, die unseren Körper ausmachen, bleiben nicht für immer dort, sie werden konsequent recycelt, sobald sie das Ende ihres Lebens erreicht haben. Bei diesem Prozess werden Proteine zunächst mit einem Marker namens Ubiquitin für den Abbau markiert und dann in einer Art Abfallbehälterstruktur, dem Proteasom, abgebaut. Dies wird als Proteinabbau bezeichnet.
Wissenschaftler haben eine neue Art der Behandlung auf der Grundlage des Proteinabbaus geschaffen. Sie verwendet den Ubiquitin-Proteasom-Prozess unseres Körpers, um die Proteine zu entfernen, die für die einwandfreie Funktion von Krebszellen unerlässlich sind.
Derzeit werden mehrere Arten solcher Moleküle (engl.: "Protein Degrader") in klinischen Studien untersucht, um festzustellen, ob sie zur Behandlung von Brust- und Prostatakrebs sowie Lymphomen eingesetzt werden können. Ausserdem gibt es frühe klinische Studien, um Proteinabbaumechanismen für Melanome sowie Lungen-, Dickdarm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs zu entwickeln. In jüngster Zeit ist diese neue Medikamentenklasse sowohl bei grossen Pharmaunternehmen als auch bei kleineren Akteuren auf enormes Interesse gestossen.
"Führend auf diesem Gebiet sind mehrere kleine, relativ junge Unternehmen, die sich ausschliesslich auf diesen Bereich konzentrieren, wie beispielsweise Arvinas, Nurix und C4 Theraputics. Sie arbeiten daran, 'Degrader' für viele verschiedene Krebsarten zu entwickeln", so Kluba. Einige dieser Krebsarten wurden bisher als nicht behandelbar angesehen, während andere derzeit mit verschiedenen anderen Therapien behandelt werden, jedoch nicht ohne Probleme wie Medikamentenresistenz, Mutationen innerhalb der Krebszellen und Krankheitsprogression. Moleküle für den gezielten Proteinabbau könnten möglicherweise alle diese Einschränkungen überwinden: Ziel ist es laut der Analystin, Krebsbehandlungen zu entwickeln, die in der Lage sind, die Proteine abzubauen, die normalerweise ausserhalb der Reichweite anderer Medikamente liegen.
Dank der zunehmenden wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Funktionsweise von Krebszellen gibt es viele potenzielle neue Therapien, die in naher Zukunft die derzeitigen Behandlungsstandards verbessern könnten. Die Anzahl der Einleitungen klinischer Studien in der Onkologie hat sich in den letzten zehn Jahren etwa verdoppelt und mit 1600 Studien, die im Jahr 2020 begonnen haben, einen historischen Höchststand erreicht. Die Fortschritte in klinischen Studien führen jedes Jahr zu Dutzenden von einzigartigen neuen Behandlungen. "Beispiele dafür sind extrem zielgerichtete Enzymhemmer, Antikörper-Immuntherapien und Zelltherapien, bei denen patienteneigene Immunzellen entnommen, im Labor modifiziert und dem Körper des Patienten wieder zugeführt werden, um die Krebszellen zu bekämpfen. Es entstehen regelmässig neue Klassen von Therapeutika wie beispielsweise 'Protein degraders', die die Toolbox von bereits zugelassenen Behandlungen ergänzen", erläutert Kluba und fügt hinzu: "Unser Team wendet seine hochspezialisierte Expertise und eine gründliche Analyse an, um ein breites Spektrum an laufenden Entwicklungen von onkologischen Medikamenten genau zu verfolgen und die Unternehmen anzuvisieren, die von den möglichen Erfolgen in diesem Bereich profitieren dürften."
Candriam unterstützt laut eigenen Angaben das PrecISion Medecine Institut für Onkologie (PRISM), ein Konsortium, das sich aus dem Gustave-Roussy Institut, der Central Supelec Engineering School, der Universität Paris-Saclay und dem INSERM zusammensetzt. Seine Arbeiten konzentrieren sich auf molekulare Analysen, um genau zu verstehen, welcher molekulare Mechanismus bei jedem Patienten, bei dem das Risiko besteht, an Krebs zu sterben, für das Fortschreiten der Krebserkrankung verantwortlich ist. "Das ist die sogenannte Krebsmodellierung, und sie kann, wenn sie erfolgreich ist, langfristig etwa 200'000 Leben pro Jahr retten", so Kluba.