23.12.2024, 08:37 Uhr
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Obschon Anleger, die Investitionen in Südkorea in Betracht ziehen, automatisch an den Nachbar im Norden denken, sollte Südkorea nicht gemieden werden. Der nahe Osten gäbe schon eher Grund zur Besorgnis. Dieser Meinung ist James Syme, Senior Portfoliomanager bei J O Hambro.
James Syme, Senior Portfoliomanager bei J O Hambro für den JOHCM Global Emerging Markets Opportunities Fund ist in südkoreanischen Aktien deutlich übergewichtet, da die stabile Währung, die attraktiven Bewertungen und die Aussicht auf tiefgreifende Reformen im Corporate-Governance-Bereich insgesamt ein sehr verlockendes Bild ergeben. Das breite und liquide Aktienuniversum biete zudem eine Vielzahl attraktiver Möglichkeiten, an dem Markt interessante Titel anhand fundamentaler Kriterien ausfindig zu machen.
Jeder Anleger, der ein Engagement in Südkorea in Betracht zieht, denke jedoch gleich auch an Nordkorea. "Die kriegerische Rhetorik zwischen den beiden Staaten ist bestürzend (technisch gesehen herrscht nicht Frieden, sondern nur ein Waffenstillstand), und die zweifellos vorhandenen Sicherheitsrisiken auf der Koreanischen Halbinsel machten es auch uns zunächst nicht leicht, an dem Markt Gefallen zu finden", sagt Syme.
Stabilität der Beziehung spricht für Engagement
Einer der Hauptgründe, warum Anleger Südkorea trotz aller Risiken nicht meiden müssen, ist die Stabilität der Situation. Trotz aller Führungswechsel, die in Nord- und Südkorea, China und den USA stattgefunden haben, sind die grundlegenden ideologischen Positionen und enger definierten strategischen Ziele unverändert geblieben. Das nordkoreanische Regime hat trotz der Spannungen wegen der aktuellen Raketen- und Atomwaffentests prinzipiell den Wunsch, die beiden Staaten langfristig unter seiner Führung zu vereinen. Kurzfristig gehe es für das Regime von Kim-Jong-un vor allem um den Erhalt seiner Macht, stellt der Experte fest. Unterdessen bemüht sich Südkorea unter dem Schutzschirm des vor 63 Jahren geschlossenen Beistandsabkommens mit den USA um gute Beziehungen zu China. Syme beschwichtigt weiter: "Die Volksrepublik ist ebenso wie die USA an einem stabilen geopolitischen Umfeld interessiert, und wenn China die Hegemonie der USA in der Region in Frage stellt, geht es dabei in erster Linie um Taiwan und/oder das Südchinesische Meer."
Wachstum trotz aller Spannungen
Zudem erfolgten die rasante Entwicklung der südkoreanischen Wirtschaft und der Aufstieg des Aktienmarkts trotz der stets gegenwärtigen Spannungen mit dem Norden. Syme erinnert sich noch daran, wie es Ende der 90er Jahre hiess, Südkorea sei wegen der geopolitischen Risiken "nicht investierbar". In den 20 Jahren bis Ende 2017 hat der MSCI Korea Index auf US-Dollarbasis eine Gesamtrendite von 1.480% erzielt. Das entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Plus von 14,8%. Südkorea hat damit die Aktienmärkte der Schwellenländer ebenso wie der Industriestaaten (gemessen am MSCI Emerging Markets beziehungsweise MSCI World Index) weit hinter sich gelassen.
Auf die Provokationen des Nordens im Jahr 2017 haben die Anleger in Südkorea nur verhalten reagiert. Am 3. September, als der Norden seine mit Abstand stärkste Atomwaffe testete, gab der MSCI Korea Index auf US-Dollarbasis um lediglich 2,0% nach, und bei den vier Langstreckenraketen-Tests des Jahres 2017 betrug der Rückgang im Durchschnitt nur 0,7%. "Nur wenig deutet darauf hin, dass Aktienmarkt und Währung in Südkorea mit problematisch erscheinenden strategischen Entwicklungen korrelieren", so der Experte. Der Grund liege vermutlich darin, dass ein Rückfall in den Kriegszustand zwar jederzeit möglich, aber höchst unwahrscheinlich war und ist und dass die jüngsten Entwicklungen im Grunde keine neuen Risiken darstellen.
Naher Osten führt eher zu Sorgenfalten
Die Stabilität auf der Koreanischen Halbinsel steht in deutlichem Gegensatz zu den Verhältnissen in einer Region, die Syme wesentlich mehr Anlass zur Besorgnis gibt (und in der wir derzeit nicht engagiert sind): dem Nahen Osten. Für Schlagzeilen sorgen dort insbesondere der brutale Krieg im Jemen, das Chaos im Irak und in Syrien, die Massenproteste gegen die Regierung im Iran, eine rapide Verschlechterung der Beziehungen zwischen den diversen Parteien im israelisch-palästinensischen Konflikt nach der Entscheidung der USA, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, die diplomatische Krise in Katar (bei der Iran und die Türkei das Regime in Doha unterstützen), das absehbare Ende verbesserter Beziehungen zwischen den USA und dem Iran und ein radikales Reformprogramm in Saudi-Arabien, das manche Beobachter mit einem Staatsstreich verglichen haben. Jede dieser Krisen entwickelt sich mit erheblicher Dynamik, teilweise chaotisch und in komplizierter Abhängigkeit von den anderen Entwicklungen.
James Syme ist sich den Risiken in Südkorea bewusst, doch ein echtes Anlagehindernis würden geopolitische Probleme momentan nicht dort, sondern im Nahen Osten darstellen. Für die diversen Krisenherde in der letzteren Region sei das Risiko, dass noch viel Schlimmeres geschieht, aus seiner Sicht nicht gering.