22.11.2024, 10:49 Uhr
Der neue Fonds soll laut Mitteilung die steigende Nachfrage nach nachhaltig bewirtschafteten Waldgebieten bedienen. Das erste Closing war mit 130 Millionen Dollar erfolgreich.
Während die an der COP26 geplanten Massnahmen der Industrieländer für eine nachhaltigere Zukunft für die Menschen und den Planeten sehr genau beobachtet werden, schenkt man laut Jared Cook von Axa IM den Fortschritten und der Finanzierung der Nachhaltigkeit in den Emerging Markets nur wenig Aufmerksamkeit.
Natürlich blicken alle nach China, den mit etwa 30% Anteil an den globalen CO2-Emissionen grössten Treibhausgasemittenten der Welt. Im September 2020 stellte der chinesische Präsident Xi Jinping CO2-Neutralität bis 2060 in Aussicht. Das bedeutet, dass China seine Treibhausgasemissionen durch die Finanzierung der Einsparung von CO2-Emissionen in anderen Ländern ausgleichen will. Ausserdem kündigte China kürzlich an, seine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bis 2060 auf unter 20% senken zu wollen. "Wenn man bedenkt, dass im letzten Jahr fast 60% der in China verbrauchten Energie aus Kohle gewonnen wurde, ist das ein ehrgeiziges Ziel. Im Einklang mit diesen Zielen ist China heute der führende Hersteller und Exporteur von Technologien für erneuerbare Energien und beweist damit sein starkes Engagement für Nachhaltigkeit", sagt Jared Cook, Fixed Income Investment Specialist bei AXA Investment Managers.
Auch die Umweltpolitik anderer Emerging Markets mache grosse Fortschritte. So mische beispielsweise Brasilien seinem Kraftstoff seit fast 50 Jahren Ethanol bei, um die Abhängigkeit von Benzin zu verringern, und 2020 lag der nationale Pro-Kopf-Durchschnittsverbrauch von Biokraftstoffen bei 0,72 Barrel Öläquivalent (boe) und damit erheblich über dem weltweiten Durchschnitt von 0,08 boe. Ausserdem stamme etwa 84% des Stroms in Brasilien aus erneuerbaren Quellen. In kaum einem anderen Land sei der Anteil so hoch.
Cook beschreibt ein anderes Beispiel: "In Costa Rica gab es ein enormes Wiederaufforstungsprogramm, aufgrund dessen der Anteil von Wäldern an der Gesamtfläche in nur 30 Jahren von 40% auf 60% gestiegen ist. Auch Chile, in dem es sowohl Sonne als auch Wind im Überfluss gibt, hat enorme Kapazitäten zur Produktion erneuerbarer Energie. 2020 hat sich das Land vorgenommen, einer der weltweit grössten Produzenten und Exporteure grünen Wasserstoffs (der mit erneuerbarer Energie hergestellt wird) zu werden. Auch dies ist eine wichtige Initiative, um die weltweite Nutzung fossiler Brennstoffe zu verringern."
In anderen Regionen seien die Nachhaltigkeitspläne noch nicht so weit fortgeschritten. Beispielsweise gebe es in Afrika noch viel zu tun. Das bedeute aber auch, dass hier das Potenzial für den Schutz der Umwelt enorm sei. Das 2021 gegründete African Green Stimulus Programme soll den Kontinent bei einer nachhaltigeren Erholung von den verheerenden sozioökonomischen und ökologischen Folgen der Covid-19-Pandemie unterstützen. Hinzu komme, so Cook, dass ein grosser Teil der arbeitenden Bevölkerung Afrikas in der Landwirtschaft tätig ist. Deshalb müsse hier die Produktivität verbessert werden, was wiederum zu mehr Nahrungsmittelsicherheit führen könnte. Aber Millionen von Menschen haben in Afrika noch immer keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Auch dieses Problem müsse schnell angegangen werden.
"Die Entwicklung des Marktes für grüne Anleihen (Green Bonds) zeigt deutlich, dass die Emerging Markets etwas gegen den Klimawandel tun wollen", stellt der Fixed-Income-Spezialist fest. Wie er weiter erläutert, werden grüne Anleihen emittiert, um Nachhaltigkeitsprojekte zu finanzieren. 2020 wurden in den Schwellenländern für etwa 40 Mrd. USD grüne Anleihen an den Markt gebracht. Das sind 20% mehr als im Vorjahr. Seit 2012 haben 43 Emerging Markets grüne Anleihen mit 226 Mrd. USD Gesamtvolumen emittiert. Bislang haben Green Bonds zwar nur 5,5% Anteil am Gesamtmarkt für Emerging-Market-Anleihen, aber das Emissionsvolumen steigt. Bis 2023 dürfte es 100 Mrd. USD jährlich betragen. Nach wie vor ist in den Emerging Markets China der grösste Emittent von Green Bonds, aber auch Indien, Chile und Brasilien waren mitverantwortlich für das starke Wachstum des Marktes in den letzten Jahren.
Die Emerging Markets müssen nach Ansicht Cooks aber nach wie vor einige Hürden überwinden, um Nachhaltigkeitsstrategien umsetzen zu können. Beispielsweise fehle häufig die für erneuerbare Energie notwendige Technologie und/oder das Kapital, um sie zu entwickeln. Zudem hätten die ärmeren Länder ganz andere, dringendere Probleme. Hinzu würden die grossen Unterschiede zwischen den Schwellenländern kommen, sodass es keine Patentlösung gebe, die für alle gleich gut geeignet sei. Beispielsweise seien strombetriebene Züge in Brasilien wegen der Geografie schwer einsetzbar, während in Kolumbien die fehlende Infrastruktur die Einführung nachhaltigerer Technologien behindere.
Wie Cook weiter ausführt, zählen einerseits einige Schwellenländer zu den grössten Treibhausgasemittenten, weil sie in letzter Zeit so stark gewachsen sind und CO2-intensive Energie hier häufig billig ist. Andererseits sind die Pro-Kopf-CO2-Emissionen in den Industrieländern erheblich höher als in den Emerging Markets, und in der Vergangenheit wurde der mit Abstand grösste Teil des CO2-Budgets in Industrieländern verbraucht, insbesondere in der EU und den USA.
"Dekarbonisierungsprogramme sollten nicht zulasten des künftigen Wachstums der Emerging Markets gehen. Deshalb müssen die Industrieländer zur Finanzierung der Nachhaltigkeit in Schwellenländern beitragen. Nicht nur bei der Finanzierung selbst können sie helfen, sondern auch mit Technologie, damit Nachhaltigkeitsstrategien schneller umgesetzt werden können", meint der Experte. Dazu müssten sie aber erkennen, dass der Kampf gegen den Klimawandel gemeinsam gekämpft werden müsse. "Die COP26-Vereinbarung, dass die USA, die EU und andere Industrieländer Afrika bei der Finanzierung der Energiewende helfen müssen, ist ein Schritt in die richtige Richtung und kann ein Vorbild für andere Länder – und Projekte – sein", kommentiert Cook abschliessend.