23.12.2024, 08:37 Uhr
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Harald Preissler, Chefökonom und Leiter Anlagemanagement bei Bantleon, über die Rolle der Konjunktur für die Entwicklung der Aktienmärkte.
Monatelang brummte die Weltwirtschaft auf allen Zylindern, viele Stimmungsindikatoren haben mehrjährige Höchststände erreicht. Entsprechend kletterten die Aktienindizes scheinbar unaufhaltsam neuen historischen Rekordmarken entgegen. Inzwischen warnen jedoch immer mehr prominente Marktteilnehmer wegen der teilweise extrem hohen Bewertungen vor einem Crash oder zumindest zweistelligen Kursrückgängen. Ist die Sorge vor tauchenden Aktienmärkten gerechtfertigt?
Ja, nur mit den hohen Bewertungen hat das wenig zu tun. Haben sich doch die Aktienkurse in den vergangenen Jahrzehnten stets im Einklang mit der konjunkturellen Entwicklung bewegt: Wächst die Wirtschaft solide, können auch bereits teure Aktienmärkte noch teurer werden, während in konjunkturellen Abschwungphasen billige Aktienmärkte noch billiger werden. Auch das Argument, die geringere Liquiditätszufuhr der Notenbanken werde zu einer deutlichen Korrektur bei Aktien führen, greift nicht, denn die Geldpolitik bleibt ja auf expansivem Kurs. Viel wichtiger dürfte auch in den nächsten Monaten die Entwicklung der Konjunktur sein.
Die Konjunktur kühlt ab die Finanzmärkte folgen ihr
Die weit in die Zukunft reichenden Frühindikatoren von Bantleon zeigen bereits seit geraumer Zeit eine Abschwächung der wirtschaftlichen Dynamik für das 2. Halbjahr an. Das betrifft sowohl die Eurozone als auch China. In beiden Regionen lassen jene Faktoren nach, die der Konjunktur neuen Schub verleihen könnten. Abzulesen ist dies an den Finanzierungskonditionen, die einen hervorragenden Frühindikator für die künftige Investitionstätigkeit der Unternehmen darstellen. Dort zeigen sich vermehrt Bremsspuren. In China wirken sich dabei die kräftig gestiegenen Zinsen sowie das schwächere Wachstum der Geldmenge negativ aus, in der Eurozone ist es neben dem Geldumlauf die Aufwertungstendenz des Euros, die den Ausblick zunehmend trübt. Derzeit ist zwar keine Rezession in Sicht, wohl aber eine deutliche Abkühlung. Dass aus dieser Wachstumsverlangsamung nichts Schlimmeres erwächst, ist der US-Wirtschaft zu verdanken, die trotz Donald Trumps unberechenbarer Politik in den nächsten Monaten sogar etwas stärker wachsen dürfte als im bisherigen Jahresverlauf.
Für die Finanzmärkte in der Eurozone und in China dürfte diese Entwicklung dennoch vorübergehend Ungemach bedeuten. Die beinahe gespenstische Ruhe an den Aktienmärkten wird wohl spätestens nach der Sommerpause enden. Die Gefahr einer Korrektur nimmt bei nachlassender Wachstumsdynamik zweifelsohne zu, für einen Crash dürfte der konjunkturelle Durchhänger aber nicht reichen. Mehr als 10 bis 15% Kursrückgang erwartet Harald Preissler, Chefökonom von Bantleon, nicht. Dann würde wieder die Stunde hochqualitativer Staatsanleihen schlagen, die als sichere Häfen dienen. Deutsche Bundesanleihen dürften daher zu den Gewinnern des 2. Halbjahres zählen. Wenn neben der EZB zusätzlich normale Investoren verstärkt Bundesanleihen nachfragen, sollten die Renditen deutlich sinken, selbst eine Rückkehr unter die Nulllinie und sogar das Erreichen neuer historischer Tiefststände unterhalb von -0,20% ist dann alles andere als illusorisch.