23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
Die Schweizer Wirtschaft wird laut den Prognosen von UBS in diesem Jahr mit 1,1 Prozent unter Potenzial wachsen. Schwächt sich in den nächsten Quartalen die Konjunktur in den USA deutlich ab, dürfte die Fed die Leitzinsen dreimal senken. In diesem Umfeld wäre auch die SNB gezwungen, ihre Zinsen noch einmal um 25 Basispunkte zu reduzieren.
Im letzten Jahr wurde das Wachstum der Schweizer Wirtschaft auf der einen Seite durch den US-chinesischen Handelsstreit, den verzögerten Brexit und die Konjunkturschwäche in der Eurozone belastet. Auf der anderen Seite unterstützten die Zinssenkungen aller wichtigen Zentralbanken und der robuste Arbeitsmarkt hierzulande die Wirtschaft. So wird denn auch das Wachstum 2019 mit 0,8 Prozent deutlich schwächer ausfallen als die 2,8 Prozent im Jahr zuvor.
Angesichts der schwachen Entwicklung in Europa und der grossen Unsicherheiten wurden Warnrufe einer harten Landung der Schweizer
Wirtschaft laut. Das Vermeiden einer Rezession geschah nicht zuletzt dank der Pharmaindustrie, stellt UBS fest. Mit ihrem starken Wachstum verhalf sie dem Schweizer Export zu einem insgesamt sehr ordentlichen Jahr, obwohl ein Grossteil der anderen Branchen deutliche Bremsspuren aufwiesen.
Die globale Wirtschaftspolitik dürfte auch 2020 ihren Schatten auf die Schweizer Wirtschaft werfen. Der hiesige Wirtschaftsgang hängt stark von den globalen wirtschaftspolitischen Entwicklungen und von der Geopolitik ab. In welche Richtung sich diese Bereiche entwickeln, sei sehr schwierig vorauszusagen, was sich auch in einer hohen Prognoseunsicherheit in diesem Jahr äussere, schreibt der UBS-Ökonom Alessandro Bee im jüngsten Ausblick "Wirtschaft Schweiz" vom Chief Investment Office GWM der UBS.
So hatte der Handelsstreit zwischen den USA und China Auswirkungen auf die globale Wirtschaft. Die Verunsicherung über die künftigen Regeln in der Wirtschaftspolitik ist deutlich gestiegen. In der Folge litten nicht nur die Exporte, ebenso hielten sich die Unternehmen bei den Investitionen zurück – auch in der Schweiz. Dazu komme, dass die 2019 erhobenen Zölle ihre Wirkung vor allem in den nächsten Quartalen entfalten und das Wachstum sowohl in China und in den USA beeinträchtigen werden. Das bedeute auch für die Schweizer Exporte und Investitionen ein schwieriges Umfeld. Allerdings lasse der Abschluss eines vorläufigen Handelsabkommens (Phase-1-Deal) hoffen, dass der Zenit dieses Streits hinter uns liegt und die wirtschaftspolitische Unsicherheit 2020 zurückgeht.
Die Industrie der Eurozone entwickelte sich im Jahr 2019 schwach. Neben den Unsicherheiten, die von Brexit und vom Handelsstreit geschürt wurden, trug auch die Baisse in der europäischen Autoindustrie dazu bei. Richtet sich nun der protektionistische Fokus der USA von China weg auf Europa, beispielsweise auf die Autoindustrie, bedeutet das auch für die Schweiz eine Bedrohung, ist doch die hiesige Wirtschaft viel stärker mit der europäischen Industrie verflochten als mit der amerikanischen oder der chinesischen.
Und obwohl einem geordneten Brexit am 31. Januar nichts mehr im Wege stehen dürfte, zeichnet sich schon die nächste Belastung für die Nerven von Investoren und Unternehmer ab. Premier Boris Johnson möchte, wenn nicht bis Ende 2020 ein neues Handelsabkommen geschlossen wird, die EU ohne ein solches verlassen. "Auch diese Unsicherheit dürfte auf Schweizer Investitionen lasten, weil alles, was ein Problem für die Wirtschaft der Eurozone ist, irgendwann eines für die Schweizer Wirtschaft wird. Die Wirtschaft in der Eurozone könnte auch positiv überraschen. Wenn die deutsche Regierung ihre fiskalische Handbremse löst, könnte die Euro-Konjunktur und damit schlussendlich auch die Schweizer Wirtschaft davon profitieren", so Bee.
Die weiterhin tiefe Inflation in den Industriestaaten gibt den Spielraum, 2020 mit einer sehr expansiven Geldpolitik fortzufahren. Während die Leitzinsen mittlerweile so tief stehen, dass sie laut UBS der Weltwirtschaft kaum mehr zu einer Beschleunigung verhelfen, dürften sie aber zumindest die Abwärtsrisiken mindern. Ein weiterer Pfeiler des Wachstums war 2019 der Konsum, unterstützt vom soliden Arbeitsmarkt. Auch 2020 stützt der Arbeitsmarkt den Konsum.
UBS erwartet für die Schweiz 2020 mit 1,1 Prozent ein BIP-Wachstum unter dem Potenzial von 1,5 bis 1,75 Prozent. Die Exporte und die Investitionen dürften unter den handelspolitischen Unsicherheiten leiden und klar unterdurchschnittlich wachsen. Der Konsum werde aber seine Eigenschaft als Konjunkturstabilisator in diesem Jahr ausspielen. Die Chancen auf eine positive Überraschung der Schweizer Wirtschaft seien grösser als auf eine negative, weil das vorläufige Handelsabkommen zwischen China und den USA den Ausblick für die globale Wirtschaft verbessert hat. Nach einer sehr tiefen Inflation im Jahr 2019, die im vierten Quartal sogar in den negativen Bereich fiel, erwartet UBS für 2020 wieder eine positive, wenngleich schwache Inflation von 0,5 Prozent.
Schwächt sich in den nächsten Quartalen die Konjunktur in den USA deutlich ab, dürfte die Fed die Leitzinsen dreimal senken. Schwache Konjunkturdaten könnten dann auch die EZB zwingen, eine weitere Zinssenkung anzukündigen. In diesem Umfeld wäre auch die SNB gezwungen, ihre Zinsen noch einmal um 25 Basispunkte auf –1 Prozent zu reduzieren und Devisenmarktinterventionen wieder aufzunehmen, um die Erstarkung des Frankens zu unterbinden. Fällt die Abschwächung hingegen milder aus und verzichtet die EZB auf eine Zinssenkung,
wäre auch bei der SNB eine solche vom Tisch.
UBS sieht die grosse Unbekannte der Schweizer Geldpolitik darin, wie stark der Franken bei einer Strategieänderung der SNB tatsächlich reagieren wird. Das hängt zum einen von der Zinsdifferenz zwischen Schweizer und Eurozone-Geldmärkten ab, andererseits davon, wie stark der Franken als sicherer Hafen gesucht ist. Die Funktion als solchen ist bei schwacher Konjunktur ausgeprägter als bei guter. Deshalb sei es auch unwahrscheinlich, dass die SNB ihre Geldpolitik in den nächsten Quartalen grundlegend ändert – trotz gestiegener Kosten der Negativzinsen.
Wenn sich allerdings die Konjunktur verbessert und die Funktion des Frankens als sicherer Hafen in den Hintergrund rückt, könnte die SNB durchaus rascher als bisher zu einer restriktiveren Geldpolitik schreiten und die Zinsen anheben. Das würde dann auch zu einer symmetrischeren Geldpolitik führen. Weiter sehen die UBS-Ökonomen eine Aufwertung des Frankens nicht gegenüber dem Euro, sondern gegenüber dem US-Dollar. Sie erwarten, dass sich mittelfristig der EURCHF-Wechselkurs auf einem Niveau in der Nähe von 1.10 bewegt. Gegenüber dem US-Dollar sei der Franken hingegen deutlich unterbewertet und weise somit auch ein grosses Aufwertungspotenzial auf.