20.12.2024, 14:24 Uhr
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Das Schweizer Vorsorgesystem benachteiligt Frauen. Das ist das Fazit einer Studie der Universität St. Gallen im Auftrag des Vorsorgedienstleisters PensExpert. Mit Reformvorschlägen wollen die Forschenden die politische Diskussion anregen.
Die Renten von Frauen in der Schweiz sind um rund einen Drittel niedriger als diejenigen der Männer. Das ist auch im internationalen Vergleich ein überdurchschnittlich grosser "Gender Pension Gap". Um politische Diskussionen zur Reduktion dieser Unterschiede anzustossen, hat das Vorsorgeberatungsunternehmen PensExpert die Universität St. Gallen mit einer Studie zur Vorsorgesituation von Frauen beauftragt.
Der grosse Gap könne unter anderem mit unterschiedlichen Erwerbsbiografien erklärt werden. In der Schweiz kommen laut den Studienautoren aber eine Reihe institutioneller Defizite wie die Eintrittsschwelle und der Koordinationsabzug in der beruflichen Vorsorge oder eine unzureichende Berücksichtigung von Betreuungszeiten im Vorsorgesystem dazu. Aus sozialpolitischer Sicht sei das kritisch zu hinterfragen.
Im Rahmen der Studie wurden sieben Reformvorschläge entwickelt, welche einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe sowie 40 Expertinnen und Experten vorgelegt wurden. Die beiden Befragtengruppen waren sich einig, dass in der 2. Säule die Eintrittsschwelle abgeschafft und das Eintrittsalter für das Sparen von heute 25 auf neu 18 Jahre gesenkt werden sollte. Ausserdem sprachen sie sich dafür aus, etwaige Lücken in der Säule 3a aufgrund von Auszeiten für Kinderbetreuung und Pflege nachfinanzieren zu können.
"Wir interpretieren die Einigkeit zwischen Bevölkerung und Expertinnen und Experten als klaren Handlungsauftrag an die Politik", sagt Martin Eling, Professor für Versicherungswirtschaft an der HSG. Es müssten nicht alle Aspekte umgesetzt werden, die politische Machbarkeit der Vorschläge sollte jedoch überprüft werden.
Besonders eine Reduktion von Eintrittsschwelle und Eintrittsalter seien sinnvoll und politisch machbar. Die Studienautoren sprechen sich aber auch für eine Öffnung der Säule 3a, eine Reduktion des Koordinationsabzugs sowie eine Erhöhung des Renteneintrittsalter aus. Gemäss Eling sollten all diese Massnahmen ohne grössere Systemeingriffe umsetzbar sein (vgl. Tabelle).
Laut Jörg Odermatt, Mitgründer und Verwaltungsratspräsident von PensExpert, wäre es unter Umständen sinnvoll, wenn die Vorsorgeguthaben von Konkubinatspaaren im Fall einer Trennung gesplittet würden, wie das bei Ehepaaren der Fall ist. Ebenfalls denkbar wäre es, dass Eltern nach der Geburt eines Kindes die Altersguthaben für eine bestimmte Zeit gleichmässig aufteilen, um allfällig unterschiedliche Arbeitspensen auszugleichen. Somit hätte auch der Elternteil, der die Kinder betreut, ein Alterskonto bei der Pensionskasse des Hauptverdieners. "Bei Frauen dürfte ein solches Vorsorgesplitting das Bewusstsein für die Altersvorsorge schärfen und damit zu mehr Vorsorgewissen und besseren Entscheidungen führen", erklärt Odermatt.
Das sei insbesondere relevant, da Frauen gemäss der Studie weniger Vorsorgekenntnisse haben und sich tendenziell später als Männer mit dem Thema Vorsorge befassen. Unter diesen Vorzeichen werden die Weichen für eine auskömmliche Pension oftmals zu spät gestellt, so die Forschenden.