14.11.2024, 19:22 Uhr
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Fondstrends sprach mit Professor Anton Brender und der Ökonomin Florence Pisani von Dexia AM über steigende Zinsen und die sich bessernde Wirtschaftslage in den USA.
Die USA übernehmen wieder ihre Rolle als globale Wirtschaftslokomotive und eilen Euroland konjunkturell weit voraus. Die zehnjährigen Zinsen werden sich bis Ende 2014 in den USA sukzessive in Richtung 3,0 bis 3,5% bewegen und sich in Euroland auf über 2% etablieren. Der US-Dollar wird dementsprechend in den nächsten Jahren gegenüber dem Euro Muskeln zeigen. Diese Entwicklung werde an den Bondmärkten zwar zu Kursschwankungen und Korrekturen führen, aber keinen Crash auslösen. US-Aktien dürften von steigenden Unternehmensgewinnen profitieren. Dies meinen Professor Anton Brender und die Ökonomin Florence Pisani von Dexia Asset Management in einem Gespräch mit Fondstrends.
Herr Brender, die US-Wirtschaft hat wieder Fahrt aufgenommen und zieht Europa davon. Was sind die Gründe dafür?
Anton Brender: Da spielen verschiedene Faktoren mit. So hat die fertigende Industrie der USA seit der Jahrtausendwende vom schwachen Dollar profitiert und sich besser entwickelt als andere Wirtschaftsbereiche. Auch der tiefe Preis für US-Erdgas brachte Vorteile auch wenn dies selbst für die energieintensiven Sektoren vorerst nicht überbewertet werden sollte. Allerdings werden im Laufe der nächsten Jahre Schieferöl und -gas den USA bezüglich Energie mehr Spielraum verleihen. Die allmähliche Konjunkturbeschleunigung in den Schwellenländern dürfte sich ebenfalls positiv auf die US-Konjunktur auswirken.
Wie wirkt sich das auf das Verhalten der Haushaltungen und Arbeitnehmer aus?
Derweil nimmt bei den weniger begüterten privaten Haushalten trotz weiterhin strenger Kreditbedingungen die Vergabe von Darlehen schrittweise zu. Gleichzeitig ziehen die Investitionen in Wohnimmobilien an und dürften damit wieder ihre Rolle als Wachstumsmotor übernehmen. Die Zunahme der Haushaltsvermögen, die durch die Erholung der Immobilienpreise und der Aktienkurse angetrieben wurde, dürfte dazu beitragen, dass die Haushalte ihre Sparquote auf dem aktuellen Niveau halten können. Entsprechend dürfte der Konsum sich parallel zur Lohnentwicklung verbessern. Das aktuelle Tempo der Arbeitsmarkterholung ist diesbezüglich beruhigend. Für die US-Wirtschaft rückt ein realwirtschaftlich getragenes Wachstum in greifbare Nähe und sie scheint nun in der Lage zu sein, der aktuellen Straffung der Geldpolitik zu widerstehen.
Die Geld- und Finanzpolitiker können also aufatmen und die Schrauben lockern
.
So einfach ist das nun auch wieder nicht. Die finanzpolitische Debatte ist noch lange nicht ausgestanden: Die Diskussionen zur Erhöhung der US-amerikanischen Schuldenobergrenze wurde nur für wenige Monate verschoben, und auch ein Kompromiss zur Senkung des langfristigen Ungleichgewichts bei den Gesundheitsprogrammen Medicare und Medicaid ist noch nicht gefunden. Eines allerdings ist sicher: Selbst wenn die Konjunktur von durchschnittlich 2 % im Jahr 2013 auf 2,5 % im Jahr 2014 steigt, ist keine restriktive Geldpolitik zu befürchten.
Aber die Zeiten der ultalockeren Geldpolitik sind vorbei!?
Das schon, aber die US-Notenbank hat die Instrumente, um die Märkte schrittweise zur Normalität zurückzuführen. Ausserdem versteht sie es, durch geschickte Kommunikation die Erwartungen der Marktteilnehmer zu steuern. Natürlich wird dies nicht ohne Phasen der Volatilität ablaufen.
Wohin entwickeln sich die US-Zinsen?
Die zweijährigen Zinsen dürften Ende Jahr bei einem halben und Ende 2014 bei einem Prozent stehen. Bei den Zehnjährigen sehe ich Niveaus von 2,5% Ende Jahr und 3.0 bis 3,5% Ende 2014.
Das dürfte kaum ohne krassere Kurskorrekturen an den Börsen ablaufen!
Nicht unbedingt. Ich glaube nicht an einen Bondmarktcrash. Die Anpassungen werden sukzessive erfolgen, allerdings nicht ohne erhöhte Schwankungen.
Und die Aktienmärkte?
Da die US-Unternehmen von der erstarkenden Realwirtschaft profitieren, rechne ich mit insgesamt steigenden Gewinnen, was langfristig für eine positive Entwicklung an den US-Aktienmärkten spricht.
Das alles spricht auch für einen stärkeren US-Dollar?
Ja, dieser dürfte in den nächsten Jahren vor allem gegenüber dem Euro erstarken, da Euroland sich zurzeit in einer deutlich schwächeren Verfassung befindet.
Frau Pisani, weshalb hinkt denn Euroland so weit hinter der US-Wirtschaft hinterher?
Florence Pisani: Die Einführung des Outright Monetary Transactions-Programms durch die Europäische Zentralbank (EZB) hat zwar die Spannungen auf dem Staatsanleihenmarkt gelindert. Die Konjunktur gab jedoch weiter nach. Sämtliche Motoren des Binnenwachstums gerieten ins Stocken. Zudem ist die Nachfrage der Unternehmen schwach. Eine schnelle Zunahme der Investitionen ist deshalb höchst unwahrscheinlich. Dies gilt umso mehr, als Kreditkonditionen für Unternehmen, insbesondere für KMU, sich weiter verschlechtern.
Arbeit und Konsum scheinen also noch keine Stützen zu sein
Im Gegenteil. Auf dem Arbeitsmarkt verschlechtert sich die Lage kontinuierlich, was den Konsum belastet. Die Tatsache, dass sowohl der öffentliche als auch der private Sektor gleichzeitig den Abbau der Verschuldung vorantreiben, verbesserte in den letzten Jahren die Bilanzen just zu einem Zeitpunkt, an dem die Welt aufhörte, Europas Exporte zu unterstützen!
Also müssen die Fiskal- und Geldpolitiker der Wirtschaft weiterhin unter die Arme greifen
Ja, zwar haben die Regierungen und die Europäische Kommission hinsichtlich Defizitabbau nun weniger ambitionierte Ziele akzeptiert. Die notwendigen strukturellen Anpassungen bleiben aber die gleichen. In den peripheren Staaten jedoch ist es wenig wahrscheinlich, dass das Ausgabeverhalten des privaten Sektors kurzfristig Wachstum fördern wird, und auch in einigen der Kernländer könnte sich die Lage eintrüben.
Euroland ist demnach noch lange nicht zurück auf dem Wachstumspfad!
Im Durchschnitt dürfte 2013 die Konjunktur um 0,5 % nachgeben, während das Wirtschaftswachstum 2014 mit gerade einmal 0,6 % weiter schwach ausfallen dürfte. Wenn kein Strategiewechsel stattfindet, bleibt die Konjunktur gefährlich schwach, und das Risiko, in die Sparfalle zu geraten, wird für eine zunehmende Anzahl von Ländern der Eurozone zu einer realen Gefahr. Bislang allerdings ist die EZB mutig vorgegangen und wird auch weiterhin alles unternehmen, was nötig ist, um den Euro zu retten
schliesslich hat sie fast keine anderen Möglichkeiten, die Wirtschaft anzukurbeln.
Dennoch prognostizieren Sie für Euroland höhere Zinsen
Ja, am kurzen zweijährigen Ende erwarte ich gegen Jahresende Zinsen in der Grössenordnung von einem halben Prozent und Ende 2014 von 1,5%. Am langen Zinsende, bei den Zehnjährigen, könnte sich per Ende Jahr ein Niveau von 1,6% und Ende 2014 ein solches von 2,2% etablieren.