07.10.2024, 10:19 Uhr
Angesichts der vielen Marktunsicherheiten stehen zurzeit Anlagemöglichkeiten mit möglichst geringen Schwankungen im Fokus vieler Investoren. Die Candriam-Experten Servaas Michielssens, Head of Healthcare, Thematic...
«Es gibt viele Instrumente und Verfahren zur Bekämpfung des Klimawandels, die uns unmittelbar zur Verfügung stehen. Für Investoren sind grüne Immobilien, Impact-Investment-Strategien und private Marktallokationen drei Bereiche, die dazu beitragen können, die Netto-Null-Transformation voranzutreiben», schreibt Adrian Benedict, Head of Real Estate Solutions bei Fidelity.
Angesichts weltweiter Waldbrände, Überflutungen und Rekordhitzewellen sei es schwierig, im Kampf gegen den Klimawandel optimistisch zu sein. UN-Generalsekretär António Guterres brachte die Dringlichkeit der Krise im Juli auf den Punkt, als er erklärte: «Die Ära der globalen Erwärmung ist zu Ende; die Ära des globalen Kochens ist angebrochen».
Es sei jedoch wichtig, dass die Bestürzung nicht in eine Kapitulation umschlägt. «Die Notwendigkeit, die Klimakrise zu bewältigen, war noch nie so dringlich wie heute, und noch nie gab es mehr oder bessere Instrumente und Verfahren, um Veränderungen zum Besseren zu bewirken», schreibt Adrian Benedict. In diesem Sinne seien Finanzentscheidungen von grosser Bedeutung, sei es in Bereichen wie grünen Immobilien, Impact-Investment-Strategien oder bei der Allokation auf private Märkte.
In seinem sechsten Bewertungsbericht, der Anfang dieses Jahres veröffentlicht wurde, warnte der Weltklimarat (IPCC) eindringlich, dass die modellierten Wege zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf weniger als 1,5 °C bis zum Ende dieses Jahrhunderts alle eine tiefgreifende, schnelle und sofortige Reduzierung der Treibhausgasemissionen erfordern.
Der Bericht zeigt aber auch deutlich die Möglichkeiten zur Abschwächung der Krise auf. So stellte der Bericht zwar fest, dass 2019 rund 79 Prozent der weltweiten Emissionen aus den Sektoren Energie, Industrie, Verkehr und Gebäude stammen, berichtete aber auch, dass die Möglichkeiten zur Begrenzung der Auswirkungen dieser Sektoren zunehmend technisch machbar und kosteneffizient seien und von der Öffentlichkeit unterstützt würden.
«Eine der interessantesten Möglichkeiten zur Bekämpfung des Klimawandels ist die Modernisierung der von uns genutzten Gebäude», ist der Spezialist überzeugt. Das möge nicht dramatisch klingen, aber die Auswirkungen könnten enorm sein: Der IPCC schätzt, dass effiziente Gebäude die Nettoemissionen bis 2030 um etwa 1,5 Gigatonnen CO2-Äquivalent pro Jahr reduzieren könnten - das ist mehr als das Doppelte der derzeitigen jährlichen Emissionen Kanadas. Weltweit besteht das Potenzial, die Treibhausgasemissionen aus dem Gebäudesektor im Vergleich zu den derzeitigen Werten um bis zu zwei Drittel zu senken. Das bedeutet, dass Verbesserungen im Gebäudesektor relativ gesehen effektiver sein könnten als Verbesserungen in Bereichen wie dem Umstieg auf kraftstoffsparende Autos oder Elektrofahrzeuge, der Reduzierung von Lebensmittelabfällen oder sogar der Verringerung von Methan in der Landwirtschaft.
Die Nachrüstung bestehender Immobilien sei eine der wirksamsten Möglichkeiten, die Kohlenstoffemissionen zu verringern. Dies sei besonders wichtig in Europa, wo Gebäude für 40 Prozent des Energieverbrauchs in der Region verantwortlich sind, mehr als jeder andere Sektor, und 36 Prozent der energiebezogenen Treibhausgasemissionen der EU verursachen. «Wenn man etwas Ineffizientes aufrüstet, verbessert man nicht nur die Emissionen der Anlage selbst, sondern senkt auch die für ihren Betrieb benötigte Energiemenge, wodurch erneuerbare Ressourcen frei werden, um den Wandel in anderen Branchen voranzutreiben. Dies bedeutet, dass man nicht nur einen schnelleren Weg zu Netto-Null-Emissionen für die betreffenden Anlagen schaffen kann, sondern auch die Verbesserungen in anderen Investitionen oder Sektoren nutzen kann», folgert der Head of Real Estate Solutions.
Auf vielen Märkten gibt es jetzt Vorschriften, die die Modernisierung des Immobiliensektors unterstützen. «In Europa sehen wir auch, dass diejenigen, die unsere Gebäude mieten und nutzen, insbesondere Unternehmen, sich verpflichten, in den nächsten zehn Jahren kohlenstofffrei zu bauen, und das treibt die kommerzielle Nachfrage nach effizienteren Gebäuden an. Was jedoch fehlt, ist Eigenkapital», erläutert Benedict.
So lautstark sich die Investorengemeinschaft auch über die Bedeutung von ESG und Nachhaltigkeit geäussert hätten, die tatsächlichen Investitionsströme haben noch immer nicht ausgereicht. In den Fussnoten des IPCC-Berichts findet sich diese vernichtende Aussage: «Die öffentlichen und privaten Finanzströme für fossile Brennstoffe sind immer noch grösser als die für Klimaanpassung und -minderung».
Private Finanzierungen seien besonders wichtig, um den Wandel voranzutreiben, und Impact Investing - bei dem eine Investition neben den traditionellen finanziellen Erträgen auch an messbaren und positiven Umweltergebnissen gemessen wird - könne besonders effektiv sein. «Auf dem Immobilienmarkt zum Beispiel, wo Impact-Strategien zur Finanzierung der Nachrüstung älterer Gebäude eingesetzt werden, um deren CO2-Fussabdruck zu verringern, haben wir gesehen, wie Kapital nicht nur zur Verringerung der Emissionen eines Vermögenswerts und zur Schaffung des Potenzials für einen umfassenderen Wandel eingesetzt werden kann, sondern auch sinnvolle Renditen bietet», fasst der Spezialist zusammen.
Ein Teil des Problems bestehe darin, dass zu wenige Anleger Impact-Investment-Kategorien in ihre strategische Vermögensallokation aufnehmen. Stattdessen drehten sich die Diskussionen über die Portfoliokonstruktion meist um die gleichen alten Fragen zur 60/40-Strategie, anstatt den Fokus auf die potenziellen Vorteile einer Impact-Allokation zu verlagern.
Auch nicht-öffentliche Märkte müssten eine Rolle spielen. Private Märkte sein zunehmend zu einer Kernallokation von Anlegern geworden, aber dies ist in der Regel nur als ein bestimmter Anteil der Gesamtinvestitionen zulässig. Wenn der Wert der öffentlichen Aktien- oder Rentenbestände sinkt, bedeutet der Nennereffekt, dass die privaten Bestände dieser Anleger einen relativ grösseren Anteil ihrer Portfolios ausmachen, wodurch sie an Obergrenzen stossen oder auf andere Weise eingeschränkt werden, wie viel sie in private Bestände als Anlageklasse investieren können.
«In einer Zeit, in der die privaten Märkte oft hohe Renditen bieten und das Potenzial haben, durch Impact-Strategien zur Bewältigung der Klimakrise beizutragen, ist dies gelinde gesagt kontraintuitiv und stellt ein weiteres Problem dar, mit dem sich die Kapitalallokatoren auseinandersetzen müssen.
Für Investoren verspricht die Zukunft viele neue Möglichkeiten zur Bekämpfung des Klimawandels, darunter viele, die durch eine Kombination aus technologischen und finanziellen Innovationen entstehen werden. Aber um eine grössere, unmittelbare Wirkung zu erzielen, müssen wir die Instrumente besser nutzen, die uns heute schon zur Verfügung stehen», so das Fazit bei Fidelity.