04.12.2024, 10:51 Uhr
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Im Fondsgeschäft spielen Steuern eine zentrale Rolle. «Die Beseitigung von Ungleichheiten würden den Standort Schweiz stärken», sagt Petrit Ismajli , Partner Financial Services Tax practice bei Deloitte Schweiz im Interview.
Die Anlagefonds sind mit FIDLEG/FINIG noch transparenter geworden. Doch wissen Investorinnen und Investoren auch über die Besteuerung von Anlagefonds Bescheid?
Die Anlagefonds sind durch FIDLEG und FINIG transparenter geworden, aber die Besteuerung bleibt komplex. Privatkunden in der Schweiz benötigen von Fonds Informationen wie steuerbare Dividenden und Zinsen oder steuerfreie Kapitalgewinne für ihre Steuererklärung. Institutionelle Anleger hingegen unterliegen spezifischen Buchführungsregeln, die ihre steuerliche Behandlung beeinflussen. Die Besteuerung wird zusätzlich erschwert, da Fonds je nach Ausgestaltung steuerlich transparent (Einkünfte werden direkt den Anlegern zugewiesen) oder nicht transparent (Fonds selbst wird besteuert) sein können. Unsere Aufgabe ist es, diese Unterschiede klar darzustellen und Anleger entsprechend zu unterstützen.
In der Regel müssen Fondsanbieter sicherstellen, dass die Erträge richtig deklariert werden. Was ist Ihre Aufgabe dabei?
Die Pflicht zur Deklaration der Erträge liegt bei den Investoren, nicht bei den Fondsanbietern. Fondsanbieter müssen jedoch sicherstellen, dass sie den Investoren die notwendigen Informationen, wie steuerbare Erträge und Kapitalgewinne, korrekt und vollständig bereitstellen. Transparente Schweizer Anlagefonds, SICAV, Kommanditgesellschaften für kollektive Kapitalanlagen und deren ausländische Pendants, die in der Schweiz vertrieben werden, müssen ein obligatorisches Fund Tax Reporting durchführen, um gesetzeskonforme steuerliche Daten für Anleger bereitzustellen.
Das Fund Tax Reporting stellt besonders bei internationalem Vertrieb eine Herausforderung dar, da die Daten für mehrere Jurisdiktionen gemäss lokalem Steuerrecht aufbereitet werden müssen. Als internationale Beratung unterstützen wir Fondsanbieter mit unserem globalen Netzwerk, steuerlicher Expertise und technischen Lösungen, um diese Anforderungen effizient und korrekt zu erfüllen.
Wie sieht diese Unterstützung aus?
Wir unterstützen Fondsanbieter durch ein umfassendes internationales Fund Tax Reporting, welches alle Schritte umfasst – von der Datenerfassung und Validierung bis hin zur Bereitstellung der erforderlichen Informationen auf Steuerplattformen der Behörden. Dabei nutzen wir modernste Technologien, vermehrt auch AI und GenAI, um hohe Datenvolumen effizient aus der Fondsbuchhaltung zu verarbeiten und steuerliche Faktoren präzise zu ermitteln.
Zusätzlich unterstützen wir Fondsanbieter bei der Umsetzung von Regulierungen wie FATCA und CRS sowie bei der Erfüllung von Dokumentations- und Reportingpflichten. Für komplexe Strukturen klären wir die steuerliche Behandlung, oft in Abstimmung mit Steuerbehörden durch Rulings, was Rechtsicherheit für die Fonds und auch die Anleger schafft.
Wie gross ist dabei der Anteil von Manpower und wie gross der Anteil von Technologie?
Technologie ist zentral für unsere Dienstleistungen und wird immer wichtiger, doch Menschen bleiben unverzichtbar, insbesondere für Detailarbeit und Qualitätskontrolle. Unser Ansatz kombiniert spezialisierte Teams mit tiefem Branchenwissen und moderner Technologie, die Daten effizient erfasst, auf regulatorische Änderungen reagiert und robuste Kontrollprozesse sicherstellt. Unsere Systeme bieten umfassende Lösungen für die Datenverarbeitung und das Reporting in 17 Jurisdiktionen und integrieren sich direkt in über 63 Fondsbuchhaltungsplattformen.
Während Technologie die Effizienz und Konsistenz steigert, gewährleisten unsere Expertenteams eine präzise Steuerberatung, qualitative Analysen und individuelle Betreuung bei komplexen Fragestellungen. Dieser hybride Ansatz ermöglicht es, Kosten zu senken und gleichzeitig die Qualität der Dienstleistungen zu verbessern.
Sehen Sie die Möglichkeit – oder Gefahr – dass die Besteuerung von Anlagefonds bald nur noch auf Knopfdruck geschieht?
Die Vorstellung, die Besteuerung von Anlagefonds auf Knopfdruck abzuwickeln, ist eine spannende Vision. Mit der richtigen Technologie könnten Prozesse wie Datenextraktion, Steuerberechnung und Reporting weitgehend automatisiert und beschleunigt werden. Allerdings bleibt dies derzeit unrealistisch, da die Besteuerung von Fonds stark von komplexen und sich häufig ändernden regulatorischen Anforderungen abhängt, die oft eine individuelle Bewertung und Anpassung erfordern.
Die Vielfalt an Jurisdiktionen, Fondstypen und steuerlichen Regelungen bedeutet, dass menschliches Fachwissen nach wie vor unverzichtbar ist, insbesondere bei der Interpretation von Regeln und bei Grenzfällen. Unsere Vision ist es, Technologie und menschliche Expertise so zu verbinden, dass möglichst viele Standardprozesse automatisiert werden, während Spezialfälle weiterhin von Experten betreut werden – immer mit dem Ziel, Effizienz und Präzision zu maximieren.
Gibt es auch im Bereich Steuerdienstleistungen für Anlagefonds einen Standortwettbewerb?
Ja, den gibt es. Länder wie Luxemburg haben viel Wissen aufgebaut und erheblich in Technologie investiert, wodurch sie im Massengeschäft einen Vorteil haben, grosse Volumina effizient abzuarbeiten. Die Schweiz hingegen zeichnet sich durch filigrane Arbeit und hohes Spezialistenwissen aus, das besonders bei komplexen Fondsstrukturierungen und massgeschneiderten Lösungen gefragt ist. Steuerliche Hindernisse wie die Verrechnungssteuer auf Fondserträgen und die Stempelabgabe schwächen allerdings den Emissionsstandort und erschweren die Entwicklung zudienender Dienstleistungen.
Als grosses, vernetztes Beratungsunternehmen haben wir den Vorteil, globale Lösungen aus Hubs wie Luxemburg oder den USA zu nutzen und diese mit der Schweizer Expertise zu kombinieren und aus der Schweiz zu koordinieren, um unseren Kunden in beiden Bereichen – Masse und Spezialisierung – optimal zu unterstützen.
Wie hoch ist das Bewusstsein ausländischer Fondsanbieter für steuerliche Besonderheiten in der Schweiz?
Ausländische Fondsanbieter sind sich der steuerlichen Besonderheiten in der Schweiz, insbesondere der hohen Verrechnungssteuer von 35 Prozent auf Fondserträgen, sehr bewusst. Diese Steuerlast, zusammen mit der Stempelabgabe, wirkt oft als Hindernis für die Ansiedlung von Fondsstrukturen in der Schweiz. Daher bevorzugen viele Anbieter Standorte wie Luxemburg, Liechtenstein oder Offshore-Destinationen für ihre Fondsdomizile.
Allerdings müssen ausländische Fondsanbieter die steuerlichen Besonderheiten der Schweiz berücksichtigen, insbesondere wenn sie Schweizer Investoren bedienen. Hier spielt das lokale Steuerrecht eine Rolle, etwa bei der steuerfreien Behandlung privater Kapitalgewinne. Um die Anforderungen des Schweizer Steuerrechts zu erfüllen, ist es entscheidend, ein professionelles Fund Tax Reporting in Anspruch zu nehmen, das auf diese spezifischen Gegebenheiten abgestimmt ist.
Es gibt immer wieder Vorstösse, die Attraktivität der Schweiz als Fondsdomizil zu erhöhen. Was könnte konkret dazu führen?
Im Fondsgeschäft spielt das Standortelement «Steuern» eine zentrale Rolle, und die hohe Verrechnungssteuer von 35 Prozent auf Fondserträge ist eines der grössten Hindernisse für die Attraktivität der Schweiz. Diese Belastung macht Schweizer Fonds international unattraktiv und erschwert die Ansiedlung von Fondsstrukturen. Eine Reform, etwa durch Senkung auf einen international wettbewerbsfähigen Satz oder durch Abschaffung der Verrechnungssteuer auf Zinsen inländischer Obligationen (wie sie an der Urne leider gescheitert ist), könnte die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz erheblich steigern.
Ein weiteres Hindernis ist die Umsatzabgabe von 0,3 Prozent auf das Fondsvolumen, die Schweizer Fondsanbieter, die Fonds im Ausland auflegen, gegenüber ausländischen Anbietern benachteiligt. Die Beseitigung dieser Ungleichbehandlung wäre ein weiter entscheidender Schritt, um den Fondsstandort Schweiz zu stärken. Solche Reformen sind notwendig, um die steuerlichen Rahmenbedingungen der Schweiz an internationale Standards anzupassen und ihre Attraktivität langfristig zu sichern.
Petrit Ismajli ist Partner und Co-Leiter des Bereichs Financial Services Tax in der Schweiz. Er verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung im Bereich FSI-Steuern und internationale Unternehmenssteuerangelegenheiten. Ismajli kam von einer anderen Kanzlei zu Deloitte, wo er als FS Tax Partner für die Bereiche Unternehmenssteuern, Kundensteuern, betriebliche Steuern und Mehrwertsteuer zuständig war.
Zuvor war er mehrere Jahre als Head of Tax bei der Schweizerischen Bankiervereinigung tätig, wo er dank seiner umfangreichen Arbeit in verschiedenen Lenkungsausschüssen (Private Banking, Asset Management, Retail Banking) profunde und umfassende Kenntnisse der Bankbranche und des Steuerwesens erwarb.