23.11.2024, 12:00 Uhr
Matt Quinlan, Portfoliomanager bei der Franklin Equity Group, erläutert die entscheidende Rolle, die Dividenden bei der Steigerung der Gesamtrendite und bei der Verringerung der Gesamtvolatilität für Aktienanleger...
Chinas Regulierung hat sich dieses Jahr mehrfach gezielt einige Sektoren vorgeknöpft. Dies ist laut den Experten der DWS im Rahmen der Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik zu sehen. Mit einem baldigen Ende solcher Vorstösse rechnen sie nicht und empfehlen, sich zunächst nur selektiv in China zu engagieren.
Mit der verschärften Regulierung von Unternehmen, die Bildungsdienstleistungen anbieten, hat die chinesische Regierung am 23. Juli den Anlegern einen weiteren empfindlichen Schlag versetzt. Einzelne Werte aus dem Sektor verloren über zwei Drittel ihrer Marktkapitalisierung. Es war nicht die erste regulatorische Offensive, bisherige Adressaten waren vor allem grosse Technologie- und Finanzdienstleister, sowie der Immobiliensektor.
Firmen, die sich im Ausland (insbesondere USA) notieren liessen, oder welche ihre Marktmacht missbrauchten, sind von Peking schon länger kritisch beobachtet. "Wie ernst es die Regierung meint, zeigt das am 11. August von der Kommunistischen Partei und der Regierung veröffentlichte Kommuniqué, welches von einem Zeitraum von 2021 bis 2025 spricht", erläutern die DWS-Experten. Es besage, dass die Behörden "aktiv» an Gesetzen in den Gebieten Nationale Sicherheit, Technologie und Monopole arbeiten würden. Weiterhin würden die Gesetze in einer Anzahl von Sektoren wie etwa Nahrung, Gesundheit, Technologie, Finanzen und Versicherungen verschärft. Betont wurde zudem, dass die Unternehmen ermutigt würden, die angesprochenen Regulierungsthemen von sich aus zu beheben, da ihnen ansonsten empfindliche Strafen drohen würden.
"Auch wenn einzelne Unternehmen den Druck bereits vor einem Jahr spürten, überraschte die jüngste Offensive aufgrund ihrer Schnelligkeit und Tragweite, wie die Marktreaktion zeigte", so die Experten. So verlor der MSCI China Technology Index binnen drei Tagen rund 10%. Der Zeitpunkt scheine jedoch nicht zufällig. Mit Ablauf der Jubiläumsfeiern zum 100-jährigen Bestehen der Kommunistischen Partei Chinas und der Vorstellung des neuen Fünf-Jahresplans habe Pekings Führung eine Rekalibrierung der Wirtschaftspolitik begonnen.
Der Fokus auf rein quantitatives Wachstum sei einem Fokus auf wirtschaftlich nachhaltiges, ausgeglichenes Wachstum gewichen. Ähnliches habe man zwar bereits früher gehört, aber es gebe einige Anzeichen, dass die jetzigen Initiativen hohe Priorität geniessen, nicht zuletzt als Reaktion auf externen Druck. So sehe sich Peking aufgrund der US-Aussenpolitik gezwungen, seine Autonomie, auch und gerade im Hochtechnologiesegment, zu stärken. Doch die politische Neuausrichtung sei deutlich breiter gefasst, so die DWS-Experten. Sie steht im Wesentlichen auf vier Säulen:
Der Verfolgung dieser Ziele werde kurzfristig nicht nur die Marktstabilität geopfert. Selbst im Wettrennen mit den grossen amerikanischen Internetunternehmen, denen einzig die chinesische Konkurrenz das Wasser reichen konnte, nimmt China Rückschläge in Kauf.
Pekings Regulierungsoffensive sei nicht der einzige Gegenwind für chinesische Anlagen. Dazu gesellen sich nach Meinung der DWS-Experten noch:
Aus Kapitalmarktsicht hat China laut den DWS-Experten neben den oben genannten Herausforderungen dieses Jahr noch mit weiteren Nachteilen, zumal im Vergleich zu anderen Märkten, zu kämpfen:
Für längerfristig orientierte Investoren wiederum gilt nach Meinung der DWS-Experten: "Wirtschaftspolitische Massnahmen, so schmerzvoll sie für einzelne Unternehmen auch sein können, welche das Wachstum auf stabilere Fundamente setzen, sollten langfristig auch dem Aktienmarkt in Summe zuträglich sein."
Trotz der Markkorrektur der letzten Wochen und des relativ schlechteren Abschneidens chinesischer Aktien gegenüber dem Rest der Welt seit Jahresanfang, betrachten die DWS-Experten diese Anlageklasse differenziert. Die Regulierung werde voranschreiten und die Skepsis ausländischer Anleger könnte noch steigen. Vorsicht ist ihres Erachtens bei Sektoren angebracht, die im Fadenkreuz Pekings stehen: grosse Technologie-, Immobilien-, oder Bildungsunternehmen. Auch für Gesundheitsanbieter könnten die regulatorischen Schrauben noch enger angezogen werden. Überhaupt dürften Unternehmen mit einer Marktmacht, die sich in Preissetzungsmacht umsetzt, im Visier der Regierung bleiben.
Vor diesem Hintergrund bevorzugt die DWS Shanghais A-Aktien, da sie nur in geringem Masse von internationalen Anlegern gehalten werden, weshalb das Risiko der Anlegerflucht den Experten hier geringer scheint. Der Index habe zudem ein grösseres Gewicht an Nebenwerten aus Sektoren, die besonders von den Reformen profitieren sollten: Erneuerbare Energien, Elektrische Autos, Halbleiter, Software, Industrieautomation und weitere.
Weiter bevorzugt die DWS auch den Hang Seng Index (HSI) gegenüber dem MSCI China Index, da die Experten denken, dass die in ihm besonders prominent vertretenen Sektoren wie etwa Immobilien und Versorger, den Regulierungsrisiken weniger stark ausgesetzt seien. Zudem hätten sie zuletzt durch gutes Gewinnwachstum überzeugt.
Auch am Anleihemarkt gingen Pekings Reformvorstösse nicht spurlos vorbei, zumal er von einigen Schieflagen bei grösseren Immobilienunternehmen ohnehin schon etwas angeschlagen war. Schaut man etwa auf den J.P. Morgan Asia Credit Index (JACI), bei dem chinesische Anleihen fast die Hälfte des Wertes ausmachen, so hat er seit Jahresbeginn 0,5% an Wert verloren. Der J.P. Morgan JACI China Index hat 2% verloren, allein 1,3% in der letzten Juli-Woche. Insbesondere das von Immobilienwerten dominierte Hochzins-Segment verzeichnete bereits seit Mai Verluste, nachdem Peking die Regu- lierung des Immobilienmarktes verschärfte.
Nach Ansicht der DWS-Experten sind chinesische Anleihen immer noch relativ teuer, allerdings scheine das der hohen Nachfrage keinen Abbruch zu tun. Der Risikoaufschlag, insbesondere im Investment-Grade-Segment, dürfte sich ihrer Meinung nach auf dem jetztigen Niveau stabilisieren. Die Spaltung zwischen den von Peking ungeliebten Sektoren und den staatseigenen Konzernen dürfte noch andauern.