19.12.2024, 10:35 Uhr
Die schwedische Zentralbank hat ihren Leitzins schon zum fünften Mal in diesem Jahr gesenkt. Und weitere Schritte dürften folgen.
Rund 60% der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer erwarten, dass die Fed in diesem Jahr die Zinsen zwischen 0,5% und 1% anheben wird. Der Grossteil dürfte aber vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine die Stimme abgegeben haben.
Durch die Ukraine-Krise überschlagen sich die Ereignisse an der geopolitischen Front. Mit dem Einmarsch Russlands im Nachbarland mussten die Aktienmärkte zunächst grosse Verluste hinnehmen, setzten aber am letzten Freitag unmittelbar zu einer Erholungsrally an. Es scheint, als würden sich die Erfahrungen aus der Vergangenheit auch in diesem Konflikt bewahrheiten: "Die Geschichte zeigt, dass die Börsen politische Schocks schnell überwinden", schreibt etwa Jens Erhardt von DJE Kapital in einem Kommentar. Und Peter Bänziger, Ex-Anlagechef von Swisscanto und jetzt Partner des Vermögensverwalters Colin, erläutert mittels einer historischen Analyse, warum politische Börsen kurze Beine haben.
Thomas Stucki, CIO der St. Galler Kantonalbank, stellt in seinen Investment Views angesichts des Ukraine-Konflikts fest, dass die Angst vor höheren Energiekosten und deren negativem Einfluss auf die Wirtschaft der westlichen Länder zugenommen hat. Die Finanzmärkte hätten darauf nicht so reagiert, wie eigentlich zu erwarten wäre – nämlich mit tieferen Aktienkursen, weil die Unternehmen weniger verdienen. Vielmehr habe die Geschichte die Runde gemacht, dass die Fed nun die Zinsen nicht mehr so schnell erhöhen könne. Die zuletzt arg gebeutelten Technologieaktien waren wieder der Renner, merkt er an.
So einfach sei die Geldpolitik aber nicht. Die in den Himmel schiessenden Prognosen für immer mehr und immer raschere Zinserhöhungen basierten auf hohen Inflationsraten und weit verbreiteten Ankündigungen von Preiserhöhungen durch die Firmen.
Höhere Energiepreise sind dabei einer der wichtigsten Treiber. Und eine der wichtigsten Gaspipelines für die Lieferung von Gas nach Westeuropa führt durch die Ukraine. "Sollten die Öl- und Gaspreise steigen, wird sich das auf höhere Inflationsraten auswirken. Ob und wie das die geldpolitischen Entscheide der Zentralbanken beeinflussen wird, hängt vor allem davon ab, wie lange Preise hoch bleiben", so Stucki.
Auf kurzfristige Preisschocks reagierten die Zentralbanken nicht. Wenn es aber lange gehe, ändere sich das Preisverhalten der Firmen, wie man es momentan beobachten könne. Die Zentralbanken müssten in diesem Fall auf den zunehmenden Preisdruck mit restriktiveren Massnahmen reagieren. Auf der anderen Seite müssten sie aber auch die Auswirkungen der Sanktionen auf das Wirtschaftswachstum und die Arbeitslosigkeit im Auge behalten. Das betreffe insbesondere die Eurozone, die stärker von russischen Energielieferungen abhängig ist als die USA. Und sollte es zu massiven Turbulenzen an den Märkten kommen, was glücklicherweise bisher nicht der Fall war, würden die Zentralbanken nicht mit Zinserhöhungen zusätzliche Unruhe schüren wollen.
"Die Geldpolitik ist in den nächsten Monaten kein Handwerk, sondern die Kunst des Balancierens auf einem schmalen Grat. Dabei hat es die Fed einfacher als die EZB. Sie wird aus heutiger Sicht an den vorgesehenen Zinserhöhungen ab dem März festhalten. Ich gehe davon aus, dass sie in diesem Jahr die Zinsen in vier Schritten um 1.00% anhebt", sagt Stucki.
Die Experten von NN Investment Partners meinen hingegen, es sei zum jetzigen Zeitpunkt noch zu früh, um zu sagen, was die steigende Inflation für die Geld- und Finanzpolitik und für das Verbrauchervertrauen in den kommenden Quartalen bedeuten wird. Ein langsamerer Zinserhöhungszyklus, insbesondere in der Eurozone, sei eine der Optionen.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der investrends.ch-Umfrage im Februar erwarten mehrheitlich, dass die US-Notenbank die Zinsen in diesem Jahr um nicht mehr als 1% anheben wird: 15,6% erwarten eine Zinserhöhung von 0,5%, 19,8% eine solche von 0,75% und 25% der Teilnehmenden denken, dass die Fed die Zinsen um 1,0% anheben wird. Dass die US-Währungshüter noch stärker an der Zinsschraube drehen werden, erwarten rund 40% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer: 13% trauen der Fed eine Erhöhung um 1,25%, 7,8% eine solche um 1,5% und 18,8% sogar um mehr als 1,5% zu.
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