22.11.2024, 13:09 Uhr
Die Kerninflation in Japan lag im Oktober bei 2,3 Prozent, das ist etwas weniger als noch im September. Aber minimal mehr als erwartet worden war.
Die Inflation dürfte ihren Höchstand am Ende des 1. Quartals 2022 erreichen. Davon geht Mark Holman im Fixed Income Outlook 2022 von TwentyFour Asset Management aus. Die Fed werde versuchen, sich Flexibilität zu verschaffen, die EZB habe indes weniger Spielraum. Es gelte, die Beschäftigungszahlen in den USA im Auge zu behalten.
"Geldpolitik, Wirtschaft und die Märkte sind aktuell voneinander entkoppelt. Während es immer noch vereinzelt Zentralbanken gibt, die eine für die frühe Phase des Konjunkturzyklus passende Geldpolitik durchsetzen, zeichnen sich die wichtigen Volkswirtschaften durch mittzyklische Eigenschaften aus. Die Bewertungen in weiten Teilen des Marktes wiederum weisen spätzyklische Merkmale auf. Unserer Ansicht nach müssen sich diese drei Elemente wieder annähern – eine Entwicklung, die wir für das Jahr 2022 prognostizieren. Damit ist ein Ende der tiefen Volatilität in Sicht, die das Jahr 2021 in weiten Teilen geprägt hat", analysiert Mark Holman, CEO von TwentyFour Asset Management, eine Tochtergesellschaft von Vontobel Asset Management.
Nach Einschätzung von TwentyFour Asset Management werde sich das Wachstum zwar abschwächen, jedoch deutlich über dem historischen Durchschnitt verharren. Zum Ende des ersten Quartals dürfte die Inflation ihren Höchststand erreichen. Dieser Zustand werde zwar nicht von Dauer sein, doch "wir gehen davon aus, dass sich die Inflation deutlich über den Zielmarken der meisten Zentralbanken halten wird". Mit Blick auf die Lieferkettenschocks, die vielen Sektoren in den letzten Monaten zugesetzt haben, dürfte eine gewisse Entspannung eintreten. Aber auch sie werden wohl im Jahr 2022 weiter andauern und damit die Fähigkeit der Unternehmen, ihre Margen zu schützen, auf die Probe stellen.
"Eine Gefahr besteht in einer möglichen geldpolitischen Fehleinschätzung, insbesondere auf Seiten der Fed", warnt Holman und fährt fort: "Wir denken dabei nicht an die kontinuierlich steigende Inflation. Uns geht es vielmehr darum, dass die Fed bereit ist, ein gewisses Plus an Inflation dem Stellenwachstum zu opfern, um der zweiten Säule ihres Doppelmandats Rechnung zu tragen: der Vollbeschäftigung." Dreh- und Angelpunkt der Vollbeschäftigung sei die Erwerbsquote am US-Arbeitsmarkt, die sich sehr beharrlich bei 61,6% halte. Ein deutlicher Anstieg in nächster Zeit könnte ausbleiben, da viele Arbeitnehmer als Folge eines nach der Pandemie geänderten Lebensstils möglicherweise auf Dauer für den Arbeitsmarkt verloren sind. Im letzten Zyklus sank die Arbeitslosenquote bis auf 3,6%, ohne dass dadurch eine nennenswerte Lohninflation entstand. In der Vergangenheit galten etwa 4% als Vollbeschäftigung, und dieser Wert könnte bis zum Ende des ersten Quartals 2022 durchaus erreicht werden.
Eine Fed, die ihre Geldpolitik aus der Not heraus aggressiver straffe, wäre für Risikoanlagen nicht gut. Umgekehrt wäre es aber von Vorteil, wenn die Erwerbsquote der Fed mehr Spielraum für eine längere Atempause gäbe, meint der CEO von TwentyFour Asset Management. Der zu kurze Abstand zwischen dem Ende des Tapering und der ersten Zinserhöhung würde dann als möglicher Hinweis auf einen geldpolitischen Fehlentscheid betrachtet werden.
"Allerdings wird ein solcher Fehler wohl kaum ausreichen, um dem Zyklus ein vorzeitiges Ende zu setzen. Aber er würde Volatilität erzeugen, was sich als Gelegenheit erweisen könnte, eine Optimierung der Portfolios vorzunehmen. Nach diesem Szenario würden sich die eingangs erwähnten drei auseinanderstrebenden Elemente (Geldpolitik, Wirtschaft und Märkte) annähern. Das würde dem Markt die Chance geben, sich zu erholen", sagt Holman.
Das QE-Programm der Fed, mit Treasuries im Umfang von 80 Mrd. USD und Mortgage-Backed-Securities (MBS) von 40 Mrd. USD, wird bereits reduziert. Mit jedem weiteren Monat werden 10 Mrd. USD weniger an Treasuries und 5 Mrd. USD weniger an MBS angekauft. Eigentlich sollte dieser Prozess bereits abgeschlossen sein. Bis zur Beendigung des Taperings dürften jedoch sieben weitere geldpolitische Sitzungen vergehen.
Allerdings glauben die Experten von TwentyFour Asset Management, dass die Fed das Drosselungstempo auf der Sitzung am 15. Dezember steigern und die Reduzierung im Rahmen der März-Sitzung abschliessen werde. Damit werde sie sich die dringend benötigte Flexibilität für vorzeitige Zinserhöhungen verschaffen, sollte ihr eine rasch sinkende Arbeitslosenquote Probleme bereiten.
"Unserer Meinung nach kommt die erste Zinserhöhung im September, wobei das Ende der Wertpapierankäufe im März Spielraum für eine Anhebung im Juni lässt, sofern dies dann erforderlich ist. Auf eine erste Erhöhung im September könnte dann eine zweite vor Ende des Jahres folgen. Damit würde die Obergrenze für die Fed Funds Rate auf 0,75% steigen", sagt Mark Holman.
Hier könnte die Einschätzung am leichtesten fallen, da nur sehr schwer vorstellbar sei, dass die EZB 2022 ihren Einlagenzinssatz von minus 50 Basispunkten aufgibt. Tatsächlich müsse man schon sehr optimistisch sein, um sich vorzustellen, dass sie im gesamten nächsten Zyklus wieder über null kommt.
Schwieriger ist nach Meinung des Experten die Prognose zum weiteren Vorgehen der EZB im Hinblick auf ihre beiden laufenden QE-Programme: das Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP), in dessen Rahmen sie aktuell monatlich Staatsanleihen im Umfang von 70 Mrd. Euro ankauft, und das alte Asset Purchase Programme (APP) mit einem Volumen von 20 Mrd. Euro pro Monat. Beide Programme haben erheblichen Einfluss auf die Märkte, und ihr Wegfall hätte eine negative Wirkung. Das Dilemma bestehe darin, so Holman, dass das PEPP im April auslaufen soll, wobei Coupons und Rückzahlungen zumindest 2022 noch reinvestiert werden. Ein Einbruch von 70 Mrd. Euro pro Monat sei für den Markt vermutlich nicht zu verkraften, vor allem in Anbetracht des von TwentyFour Asset Management prognostizierten Renditeanstiegs bei Euro-Staatsanleihen. "Folglich gehen wir davon aus, dass die EZB das APP vorübergehend aufstocken und dann versuchen wird, den Markt 2023 von diesem höheren Niveau aus zu entwöhnen", sagt Holman.
Obwohl die EZB-Politik mehr Unterstützung bietet, ist die Korrelation mit Treasuries zu stark, und der Markt wird das Auslaufen des QE-Programms Ende nächsten Jahres im Blick haben. 10-jährige Bundesanleihen sind somit nicht immun gegen steigende Renditekurven. Wir rechnen mit 0,0% bis Ende 2022, was einen weiterer Verlust von etwa 3% für das Kalenderjahr bedeutet. Dieses Risiko dürfte sich laut Holman wie auch bei den oben erwähnten Treasuries problemlos über die Portfoliokonstruktion oder auch durch Absicherungsmassnahmen umgehen lassen, bei denen die Carry-Kosten aktuell minimal sind.
Wie der CEO von TwentyFour Asset Management weiter ausführt, ist es angesicht der Risiken, denen die Märkte vor allem im ersten Halbjahr ausgesetzt sein werden, schwierig, gegenüber den Kreditrisiko-Spreads 2022 zu positiv eingestellt zu sein. Der Renditeanstieg bei Staatsanleihen, die Verschärfung der Finanzierungsbedingungen, nachlassendes Wachstum und Bedenken in Bezug auf geldpolitische Fehlentscheide bedingten Zurückhaltung in Sachen Risiko. Insgesamt sei mit einer moderaten Ausweitung der Spreads im Verlauf des Jahres zu rechnen. Das sei jedoch nur ein Teil des Ganzen, da davon auszugehen sei, dass die Volatilität im ersten Halbjahr zunehmen werde und die Spreads dann weiter sein dürften, als von TwentyFour Asset Management für Ende 2022 erwartet.
Im Ergebnis herrscht laut Holman zwar grosse Einigkeit darüber, dass 2022 ein schwieriges Jahr wird. "Wenig Konsens sehen wir jedoch in Bezug auf die Frage, wie viele unbekannte Faktoren sich tatsächlich materialisieren werden. Das gilt vor allem für den Umfang der erforderlichen Drosselungen durch die Zentralbanken sowie den Zeitraum, in dem diese umgesetzt werden. Eine aggressive Aufholjagd wäre hier aus Sicht von Risikoanlagen von Nachteil, ein Defizit an Massnahmen würde Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit aufkommen lassen – ein schwieriger Balanceakt", sagt er. Antworten auf diese Fragen werde wohl erst das erste Quartal bringen. Die wichtigsten Daten, die es im Auge zu behalten gelte, seien die Beschäftigungszahlen in den USA sowie ein möglicherweise rascher Rückgang der Arbeitslosenquote, der die Fed auf dem falschen Fuss erwischen könnte. "Eine Prognose zu dieser Entwicklung nach der Pandemie ist schwieriger geworden, und daher ist Umsicht im Vorfeld nötig", betont Holman.