19.12.2024, 10:35 Uhr
Die schwedische Zentralbank hat ihren Leitzins schon zum fünften Mal in diesem Jahr gesenkt. Und weitere Schritte dürften folgen.
Um der Inflation Einhalt zu gebieten und ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, stehen die Währungshüter unter erheblichem Druck, ihren markigen Worten Taten folgen zu lassen, sagt Steve Ellis von Fidelity. Aber es sei nicht ausgeschlossen, dass die wichtigen Zentralbanken ihren Straffungskurs vorzeitig aufgeben müssen.
Auf die Möglichkeit eines früher als erwarteten Kurswechsels der wichtigen Zentralbanken sollten Anleger vorbereitet sein, warnt Steve Ellis, Global CIO Fixed Income bei Fidelity International. Dieses Jahr seien die Rahmenbedingungen für Risikoanlagen bislang schwierig. Aber Anleger sollten das aktuelle Umfeld nicht automatisch in die Zukunft fortschreiben. Die Wirtschaftslage kann und wird sich seiner Meinung nach ändern, und das Wachstum sowie die Geldpolitik werden möglicherweise früher als vom Markt erwartet einen anderen Kurs einschlagen.
"Nur selten gelingt es den Zentralbanken, die geldpolitischen Zügel anzuziehen, ohne damit zugleich einen Wirtschaftsabschwung auszulösen. Gegenwärtig gehen die Märkte davon aus, dass die Leitzinsen in den USA, Europa und Grossbritannien in den kommenden zwölf Monaten um 150 bis 250 Basispunkte angehoben werden", so Ellis.
In den letzten Monaten hätten die wichtigen Zentralbanken deutliche Worte im Kampf gegen die Inflation gefunden, der sie im letzten Jahr nicht entschieden genug entgegengetreten waren. Um ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen und die Teuerung in den Griff zu bekommen, müssten sie nun handeln. Dies könnte weitere Verkaufswellen an den Aktienmärkten ins Rollen bringen und höhere Risikoaufschläge bei Unternehmensanleihen nach sich ziehen. Dass die US-Notenbank Fed einen Gang höher geschaltet und erstmals seit 1994 den Leitzins um 75 Basispunkte angehoben habe, sei ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
"Die Belastung für die Wirtschaft könnte jedoch höher sein, als viele denken. Die Finanzierungsbedingungen verschärfen sich rapide, und aus dem Finanzsystem fliesst immer mehr Liquidität ab", stellt Global CIO Fixed Income von Fidelity fest. Und das just zu einem Zeitpunkt, an dem die Fed mit ihrer quantitativen Straffung begonnen hat. Gleichwohl bestehe die reale Möglichkeit, dass die wichtigen Zentralbanken vorzeitig von ihrem Straffungskurs abweichen müssen. Gründe seien neben der Fiskalklippe in den USA starke Basiseffekte, eine merkliche Entspannung auf dem Arbeitsmarkt, sinkende Immobilienpreise und nachlassende Lieferkettenprobleme. In diesem Fall könnte sich das Marktnarrativ abrupt ändern und Anleger auf dem falschen Fuss erwischen.
Zugleich wachse die Gefahr weiterer Verwerfungen bei den Vermögenspreisen, während an den Kreditmärkten das Ausfallrisiko bei Unternehmensanleihen, das in einer Rezession rasant zunehmen würde, nach wie vor unterschätzt werde. Bei auf US-Dollar lautenden Hochzinsanleihen liege es auf Sicht eines Jahres bei etwa 2,5 Prozent. Angesichts steigender Zinsen und nachlassenden Wachstums scheint das laut Ellis viel zu optimistisch. Im Zuge des wachsenden Rezessionsrisikos dürften sich Anleihen gut entwickeln, meint er. Und mit den sich verschlechternden Wirtschaftsdaten würden die Wachstumssorgen seiner Ansicht nach die Inflationssorgen überlagern. "Daher könnte es sinnvoll sein, das Engagement in US-Staatsanleihen allmählich zu verstärken", so Ellis.
Und er fügt an: "In einem Umfeld mit erhöhter Unsicherheit sei der Kapitalerhalt von zentraler Bedeutung. Wenn sich jedoch die Geldpolitik und das Marktnarrativ ändern, könnten sich Anlegern aussergewöhnliche Renditen bieten. Die von der EZB ergriffenen Massnahmen, um die Risikoaufschläge von Peripherieanleihen nicht aus dem Ruder laufen zu lassen, zeigen, wie schnell solche Veränderungen eintreten können."