25.11.2024, 14:58 Uhr
Laut Mitteilung hat Robeco seine ersten aktiven börsengehandelten Fonds an der SIX Swiss Exchange notiert. Die aktiven ETFs waren seit dem 15. Oktober an der Frankfurter Börse notiert, weitere europäische...
Die Lebensmittelindustrie steht vor grossen Herausforderungen, denn die Nahrungsmittelknappheit trifft auf eine wachsende Weltbevölkerung. Cheryl Wilson, ESG Senior Manager von Capital Group, analysiert die Veränderungen und legt die Anlagechancen dar.
Zu den wichtigsten Ursachen für Nahrungsmittelknappheit zählen Konflikte, wirtschaftliche Schocks, extremes Klima und steigende Düngemittelpreise. Weil die Weltbevölkerung bis 2050 voraussichtlich auf fast zehn Milliarden Menschen wachsen wird, steht die Agrarindustrie unter enormem Druck, den steigenden Nahrungsmittelbedarf bei gleichzeitig knapper werdenden Ressourcen zu decken.
«Dazu sind Fortschritte bei den landwirtschaftlichen Technologien, weniger Lebensmittelverschwendung und veränderte Ernährungsgewohnheiten von entscheidender Bedeutung», führt Expertin Cheryl Wilson von Capital Group aus.
Nach Angaben der Vereinten Nationen sind etwa 40 Prozent der globalen Anbauflächen ausgelaugt. Saatgutinnovationen zielen darauf ab, die Widerstandsfähigkeit und den Nährwert von Nutzpflanzen zu verbessern. Laut einer Analyse des Weltwirtschaftsforums aus dem Jahr 2018 könnten bis zu 400 Tonnen mehr Erträge erwirtschaftet werden, wenn zehn bis 15 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe gentechnisch verändertes Saatgut einsetzen würden.
Zudem würde dies den Mangel an Eisen, Vitaminen und anderen Mikronährstoffen von bis zu 100 Mio. Menschen beheben. Wilson sieht hier einen grossen Markt: Gelockerte Vorschriften und ertragssteigernde Innovationen könnten den Absatz von gentechnisch verändertem Saatgut im nächsten Jahrzehnt im Vergleich zu herkömmlichem Saatgut weiter steigern.
Chemische Düngemittel und Pestizide haben in der Vergangenheit für hohe Produktivität, aber auch für erhebliche Umwelt- und Gesundheitsschäden gesorgt. «Noch steckt die Entwicklung von emissionsarmen Düngemitteln in den Kinderschuhen, doch sie könnte eine der wichtigsten Innovationen im nächsten Jahrzehnt sein», erklärt die Expertin.
Hochentwickelte Mikroben, Stickstoff mit langsamer Freisetzung und gezielte Ausbringungstechnologien würden zu den ersten Durchbrüchen gehören. Und: Technologien, die dazu beitragen, den übermässigen Einsatz von Düngemitteln zu verringern – beispielsweise durch präzise Ausbringung oder die Verwendung von Kohlenstoffabscheidung bei der Düngemittelproduktion – würden ebenfalls immer beliebter, ergänzt Wilson.
Die Präzisionslandwirtschaft nutzt Felddaten und Wettermuster, um bessere Entscheidungen in Echtzeit treffen zu können. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz könnte eine noch effizientere Ressourcenallokation und Ertragssteigerung ermöglichen. Solche Innovationen könnten in den kommenden Jahren durch Kostensenkungen und Ertragsverbesserungen einen zusätzlichen Wertzuwachs in Höhe von mehreren Milliarden US-Dollar für Kunden und Aktionäre schaffen.
Zur regenerativen Landwirtschaft zählen der Anbau von Bodendeckern, Mehrfachkulturen und der Verzicht auf anorganische Pestizide und Düngemittel. Das verbessere die Bodengesundheit, die Artenvielfalt und verringere den Einfluss der Landwirtschaft auf das Klima. Wilson verweist auf eine Analyse von Bernstein Research, wonach Landwirte mit regenerativen Praktiken durch höhere Ernteerträge und geringere Inputkosten eine Investitionsrendite von 15 bis 25 Prozent erzielen könnten.
Tipp der Expertin: «Nestlé ist eines der Unternehmen, die dazu beitragen, dass die regenerative Landwirtschaft zum Mainstream wird. Der in der Schweiz ansässige Nahrungsmittel- und Getränkemulti hat bis 2025 eine Mrd. US-Dollar für die Ausweitung der regenerativen Landwirtschaft in seiner gesamten Versorgungskette vorgesehen.»
Seit 2014 ist die Nachfrage nach Fleischersatzprodukten sechsmal schneller gewachsen als die nach konventionellem Fleisch. Nach Schätzungen von Statista Market Insights könnte der globale Markt für Fleischersatzprodukte bis 2028 ein Volumen von 16 Mrd. US-Dollar erreichen. «Während pflanzliche Produkte derzeit die wichtigste Alternative zu konventionellem Fleisch darstellen, scheinen wir uns auch bei kultiviertem Fleisch an einem Wendepunkt zu befinden – dieses im Entstehen begriffene Segment könnte sich in den 2030er Jahren der Parität mit konventionellen tierischen Proteinen nähern», erläutert Wilson.
Für Anleger würden sich nicht nur Chancen in Unternehmen bieten, die alternative Produkte herstellen, sondern auch in solchen, die beispielsweise Zutaten liefern. «Givaudan beispielsweise arbeitet mit Herstellern zusammen, um neue Rezepturen zu entwickeln, und hat seinen Fokus auf biologisch abbaubare und pflanzliche Zutaten verstärkt.»
Nach Angaben des World Wildlife Fund werden 40 Prozent der angebauten Lebensmittel nie gegessen, was zu einer geschätzten Verschwendung von 2,5 Mrd. Tonnen pro Jahr führt. Die Reduktion von Lebensmittelabfällen ist ausser der Wiederverwendung und dem Recycling ein entscheidender Faktor für den Umgang mit den verfügbaren natürlichen Ressourcen und die Minimierung künftiger Emissionen.
Lebensmittelabfälle werden in Zukunft in viel grösserem Umfang als Rohstoff für alternative Proteine, Tierfutter, Düngemittel, Biokraftstoffe, Biokunststoffe und sogar Kleidung verwendet werden. Die Regulierung sorgt für zusätzlichen Rückenwind.
«Regierungen, Regulierungsbehörden, Unternehmen und Verbraucher überdenken die Art und Weise, wie Lebensmittel in einer zunehmend ressourcenbeschränkten Welt produziert und konsumiert werden», beobachtet Wilson. Als Reaktion darauf finden bereits Innovationen und Umwälzungen statt, die sich gemäss der Expertin in den kommenden Jahren noch beschleunigen werden:
«Zweifellos werden alle genannten längerfristigen Trends zu bestimmten Zeiten Rückschläge erleiden. Unserer Ansicht nach gehören diese Entwicklungen jedoch zu denjenigen, die die Nahrungsmittelproduktion in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft verändern werden und gleichzeitig überzeugende Chancen für selektive Investoren bieten, die langfristig denken.»