22.11.2024, 08:36 Uhr
Von Juli bis September legte das Bruttoinlandsprodukt zum Vorquartal um 0,1 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt in einer zweiten Schätzung mitteilte. Ende Oktober hatte die Behörde anhand vorläufiger Daten...
Eine solide Mehrheitsregierung sollte die politische Instabilität des Landes verringern und dazu beitragen, dass Unternehmen und Investoren politische Veränderungen antizipieren, meint Azad Zangana, Senior European Economist & Strategist bei Schroders.
Das Vereinigte Königreich erlebt derzeit den grössten politischen Wandel seit dem Brexit, nachdem die ersten Ergebnisse der Parlamentswahlen darauf hindeuten, dass Labour ein klares Mandat für die Regierung erhalten hat.
Mit einer Mehrheit von mindestens 168 Sitzen hat die Labour Party sogar den Sieg der Regierung von Tony Blair im Jahr 2001 übertroffen und die Verteilung der Stimmen und Sitze im britischen Parlament im Vergleich zur Wahl 2019 dürfte bedeuten, dass der Wahlerfolg von Labour einer der grössten politischen Wandel in der Geschichte des Vereinigten Königreichs darstellt.
Der starke Anstieg der Unterstützung für die Partei «Reform UK» hat der konservativen Regierung schwer geschadet, da die Kandidaten dieser Partei in einigen Wahlkreisen den konservativen Kandidaten Stimmen weggenommen haben. Letztlich haben die Konservativen mehr als zwei Drittel ihrer Sitze verloren, was grosse Fragen über die Zukunft der Partei aufwirft.
Keir Starmer wird der erste Labour-Premierminister seit Mai 2010 und muss sich schnell an die Arbeit machen, um seine Regierung zu bilden, bevor er nächste Woche zu einem wichtigen NATO-Gipfel aufbricht.
Was die politischen Veränderungen betrifft, so kamen im Wahlkampf kaum neue Informationen über die Pläne einer Labour-Regierung zutage. "Erklärte Priorität ist es, die Wirtschaft zu fördern und für Sicherheit und Stabilität zu sorgen, was aus Sicht der Investoren ein wichtiger Faktor sein dürfte", meint Azad Zangana. Das letzte Parlament war von politischer Instabilität und Unsicherheit geprägt. Seit der Wahl im Dezember 2019 gab es drei Premierminister und fünf Schatzkanzler. Eine aktuelle Studie von Strong and Stable hat ergeben, dass die durchschnittliche Amtszeit von Kabinettsminister auf nur acht Monate gesunken ist – der niedrigste Durchschnittswert im Zeitraum von 1974 bis 2023. Dieses Mass an Instabilität macht es schwer für Unternehmen und Investoren, politische Veränderungen vorherzusehen und mit der Regierung zusammenzuarbeiten.
"Da die Wirtschaft seit dem Amtsantritt des bisherigen Premierministers Rishi Sunak weitgehend stagniert, ist es ein logischer Ansatz für Labour, sich darauf zu konzentrieren, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, um höhere Ausgaben für öffentliche Dienstleistungen zu ermöglichen", schreibt Zangana weiter. "In naher Zukunft wird sich die Wirtschaft nach der Rezession Ende letzten Jahres erholen. Strukturelle Herausforderungen wie eine alternde Bevölkerung und angespannte Handelsbeziehungen bleiben. Die Steigerung der Attraktivität des Vereinigten Königreichs für ausländische Direktinvestitionen sollten zu den obersten Prioritäten der Regierung gehören."
Die wahrscheinliche neue Schatzkanzlerin Rachel Reeves plant, öffentliche Investitionen von den selbst auferlegten Verschuldungsregeln der Regierung auszunehmen. Dies ist ein Signal, dass die Labour-Partei plant, mehr Kredite aufzunehmen, um zu investieren. Die Grenzen zwischen den laufenden öffentlichen Ausgaben und den Investitionen waren in der Vergangenheit fliessend, was mit der Zeit einige Bedenken aufkommen lassen könnte.
Ausserdem wird allgemein erwartet, dass einige Steuern zu gegebener Zeit erhöht werden müssen, wenngleich Labour im Wahlprogramm versprochen hat, die meisten Steuern für die Bürger einzufrieren. Dies wird angesichts der fiskalischen Belastung, die sich aus den seit sieben Jahren eingefrorenen Einkommenssteuerschwellen ergibt, schwierig sein.
Da immer mehr Arbeitnehmende höhere Grenzsteuersätze zahlen, wird erwartet, dass die Steuerbelastung der Nation bis zum Ende des aktuellen Prognosezeitraums des Office for Budget Responsiblity auf den höchsten Stand seit 1948 ansteigen wird – ein schweres Erbe.
"Insgesamt dürfte der Regierungswechsel, zumal mit einer so grossen Mehrheit, die politische Instabilität für das Land verringern", meint Zangana. "Ein Richtungswechsel in der Politik zurück zum Ausbau der öffentlichen Dienstleistungen wird wahrscheinlich zu einer lockeren Finanzpolitik führen und das Wirtschaftswachstum ankurbeln."
Die grosse Unterstützung für Reform UK wird jedoch wahrscheinlich Druck auf die Labour-Partei ausüben, die Zuwanderung zu begrenzen. Dies würde die Wachstumsaussichten der Wirtschaft einschränken, da sich die alternde Bevölkerung bereits auf die Verfügbarkeit von Arbeitskräften auswirkt und die Lohninflation in die Höhe treibt.
Da das Ergebnis der Parlamentswahlen weitgehend wie erwartet ausfiel, gab es nur wenige bis gar keine Reaktionen an den Märkten. Die Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses der Bank of England durften in den vergangenen Wochen aufgrund der Wahlkampfbestimmungen nicht öffentlich sprechen. Es wird jedoch damit gerechnet, dass sie sich bald wieder öffentlich äussern und erneut eine baldige Senkung der Zinssätze, möglicherweise ab August, ankündigen werden.