Globale Verschuldung nimmt weiter zu

Paul Jackson, Head of Research bei Source ETF
Paul Jackson, Head of Research bei Source ETF

Die globale Verschuldung scheint nach wie vor nach oben zu tendieren, wobei nicht klar ist, ob dies gut oder schlecht ist. Schulden sind ein Problem der Industrieländer. Trotz niedrigem Verschuldungsgrad bieten Emerging Markets höhere reale Renditen, erklärt Paul Jackson, Head of Research bei Source.

07.08.2017, 11:28 Uhr
Finanzplätze

Redaktion: mab

Sollte man sich über die globale Verschuldung Sorgen machen? Paul Jackson, Head of Research von Source, ist nicht dieser Ansicht: Die Verschuldung kann der Ursprung von Wachstum sein und hat nach Auffassung von Source seit 1980 zum globalen Wohlstand beigetragen.

Neue Komposition der Verschuldung
Fest steht: Die Gesamtschuldenquote ist gestiegen. Doch gab es über die letzten zehn Jahre eine markante Verlagerung der Schulden. Im Jahr 2007 lag das Verhältnis von globaler Verschuldung/BIP bei 199.1% und war gleichmässig auf den Haushalts- (63.2% des BIP), den Unternehmens- (72.6% des BIP) und den öffentlichen Sektor (63.3% des BIP) verteilt. Während die gesamte Verschuldung auf 231.3% des BIP im Jahr 2016 gestiegen ist, ist jene der Haushalte auf 58.4% gesunken. Hingegen sind sowohl die Unternehmensschulden (87.6% des BIP) als auch die Verschuldung des öffentlichen Sektors (85.4% des BIP) angestiegen.

Angesichts der Finanzkrise überrascht es nicht, dass die Schulden des öffentlichen Sektors seit 2007 in den meisten Ländern zugenommen haben. Doch es gab Ausnahmen wie Argentinien, Indien, Indonesien, Saudi-Arabien, die Schweiz und die Türkei. Ob Argentinien ein gutes Beispiel dafür ist, wie Schulden reduziert werden können, ist dabei gemäss Jackson ein anderes Thema. Ob die Schuldenlast eines Staates nachhaltig tragbar ist, hängt vom erwarteten nominalen BIP-Wachstum, den Anleihenrenditen und dem Primärsaldo ab.

Risikofaktor China
Die starke Zunahme der Verschuldung des chinesischen Privatsektors über die letzten Jahre dürfte für die meisten kein Geheimnis sein. Verblüffender ist der Schuldenabbau des Privatsektors in Deutschland, Japan, den Niederlanden, Spanien, Grossbritannien und den USA. Generell ist das globale Wachstum vielleicht gestiegen, doch von einem einheitlichen Bild sind wir weit entfernt.

Fragt man Investoren, wo sie das grösste Schuldenrisiko sehen, werden die meisten China antworten. Dies ist insofern interessant, als die Analyse von Source suggeriert, dass die Schuldenlast Chinas mit dem weltweiten Durchschnitt einhergeht und tiefer ist, als beispielsweise in Japan, Frankreich, Grossbritannien oder den USA. Dem wird entgegengehalten, dass China aufgrund seiner hohen Unternehmensschulden speziell riskant ist. Das stimmt: Die Unternehmensschulden im Verhältnis zum BIP liegen bei 156%. Doch sollten uns dann auch die Unternehmensschulden in Belgien (152% des BIP), Schweden (140% des BIP) und Frankreich (122% des BIP) beunruhigen.

Selbstverständlich ist auch die Veränderungsrate ein Faktor: Chinas Unternehmensschulden im Verhältnis zum BIP sind seit 2007 um 64% gestiegen (gefolgt von Belgien mit 34%). Ohne diesen Schuldenaufbau wäre die weltweite Wirtschaft in einer schlechteren Situation. "Überdies glauben wir, dass China gut gerüstet ist, mit diesem Schuldenniveau umzugehen", sagt Paul Jackson. Erstens, liege das nominale BIP-Wachstum bei 7-8%. Zweitens seien ein Grossteil der Unternehmensschulden quasi Staatsschulden, wobei der öffentliche Sektor mehr als genug Raum habe, diese zu verkraften. Und drittens habe China ein beträchtliches Vermögen im Ausland, welches in Krisenzeiten genutzt werden könnte.

Industrie- oder Schwellenländer?
Die Analyse von Source zeigt, dass Verschuldung ein Problem der entwickelten Staaten ist. Alle hoch verschuldeten Länder sind entwickelte Wirtschaften, während die niedrig verschuldeten fast alles Schwellenländer sind (mit Deutschland als offensichtliche Ausnahme). Betrachtet man nur die Höhe der Verschuldung, könnte man annehmen, dass die Schulden der Schwellenländer sicherer sind, als ihre Pendants in entwickelten Ländern.

Sollten also Emerging Market Debt bevorzugt werden? Um dies zu beantworten, muss auch ein Blick auf die Renditen geworfen werden. Die Theorie besagt, dass Investoren weniger Rendite fordern sollten, wenn sie das Risiko als niedriger einschätzen. Dies scheint nicht der Fall zu sein, denn Staatsanleihen von Schwellenländern bieten höhere Renditen. Grund dafür ist, dass neben der Verschuldung auch die Inflationsdifferenzen und folglich das Währungsrisiko miteinbezogen werden müssen.

Hierzu kann die Verschuldung der Schwellenländer in US-Dollar betrachtet werden, wobei leider nur eine beschränkte Anzahl Länder Schulden in US Dollar ausgegeben haben. Es zeigt sich, dass eine Vielzahl von Schuldtiteln gegenüber US Treasuries einen Risikoaufschlag aufweisen. Dies könnte die Bedenken darüber zum Ausdruck bringen, dass eine instabile politische Situation ein aufstrebendes Land zum Ausfall bringen könnte, während in den USA scheinbar kein solches Risiko besteht. Den Rekordwert belegt Argentinien mit einem Risikoaufschlag von 400 Basispunkten. Argentinien erlitt einen Zahlungsausfall in den Jahren 2001 und 2014.

Da zahlreiche Schwellenländer hohe reale Renditen bei niedriger Verschuldung aufweisen, werden sie von Paul Jackson gegenüber Industrieländern bevorzugt: "Wir glauben, dass Emerging Market Debt das beste Renditepotenzial unter Staatsanleihen aufweisen bleiben deshalb übergewichtet."

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