18.12.2024, 14:33 Uhr
Während in den USA und Europa die Zahl der Börsengänge im laufenden Jahr noch zugenommen hat, ist das Geschäft in China eingebrochen. Dort sanken die Erlöse gegenüber dem Vorjahr laut EY um 65 Prozent.
Der weitere Verlauf des Handelskrieges zwischen den USA und China wird gemäss Andrew Milligan von Aberdeen Standard Investment zahlreiche Aspekte beeinflussen, welche die Wirtschafts- und Marktentwicklung im Jahr 2019 lenken werden.
Fünf Aspekte werden nach Ansicht von Andrew Milligan, Head of Global Strategy bei Aberdeen Standard Investments, das Anlagegeschäft 2019 prägen: Im nächsten Jahr wird das Wachstum nachlassen, wobei die Märkte noch volatiler werden; die Märkte geraten noch mehr in Aufruhr, wenn sich die politischen Spannungen fortsetzen; die geldpolitische Divergenz zwischen den USA und insbesondere den Schwellenländern setzt letztere immer stärker unter Druck; entscheidend für 2019 wird auch die Entwicklung Chinas im Laufe des nächsten Jahres sein.
Nachlassendes Wachstum und volatilere Märkte
"Das Weltwirtschaftswachstum wird sich - wenn auch in geringerem Umfang als 2018 - im nächsten Jahr fortsetzen, sofern die Kerninflation unter Kontrolle und die geldpolitische Straffung intakt und stabil bleibt", denkt Milligan. In den USA sei eine Rezession bis zum Abklingen der fiskalischen Stimuluseffekte weiterhin unwahrscheinlich. Seiner Ansicht nach wird das Wachstum erst 2020/21 nachlassen.
Nachdem es 2017 auf den Märkten recht ruhig zugegangen sei, habe die jüngste Korrektur nun das Risiko eines Konjunkturrückgangs und politischer Unruhen eingepreist, erklärt Milligan. Er erwarte an den globalen Aktienmärkten 2019 eine Korrektur von 5 bis 15%. Abgesehen vom Fall eines grösseren Schocks würden sich die Aktienkurse jedoch letztlich wieder erholen. Dies, weil in den Augen Milligans die Gewinnaussichten der Unternehmen selbst bei höherem Druck auf die Margen positiv bleiben würden.
Aufruhr durch politische Spannungen
"Der nach den Midterm-Wahlen von den USA verfolgte politische Kurs wird die weiteren Aussichten der Märkte entscheidend beeinflussen, an den Finanzmärkten in Europa und anderen Regionen könnte politischer Populismus für Aufregung sorgen", schätzt Milligan. Zurzeit sei sein Hauptaugenmerk auf jedwede massive Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China zu einem bilateralen Handelskrieg gerichtet. Ein solcher könne in einer Welt integrierter Lieferketten, trotz Zöllen als stumpfe Waffen, das Geschäftsklima deutlich eintrüben.
Geldpolitische Divergenz und China im Scheinwerferlicht
Fiskalische Anreize hätten dafür gesorgt, dass der Wachstumszyklus der USA nicht mehr mit dem Rest der Welt synchron verlaufe. Durch die unterschiedlich schnell voranschreitende geldpolitische Straffung geraten gemäss Milligan eine Reihe von Industrie- und Schwellenländern unter Druck und die Volatilität der Währungen nimmt zu. "Ein stärkerer Dollar macht jenen Schwellenländern das Leben schwer, die hohe Kreditaufnahmen in Dollar tätigen", erläutert er. Sollte China über keinen weiteren Spielraum für Gegenmassnahmen mehr verfügen und eine starke Abwertung des Renminbi zulassen, würde dies viele asiatische Länder noch weiter unter Druck setzen.
Mit Chinas wachsendem Einfluss auf die Weltwirtschaft und die Märkte erachtet es Milligan für 2019 als entscheidend, wie sich das Verhältnis zwischen China und USA entwickelt und inwieweit China Anreize setzt, um das Wachstum zu stützen. Eine härtere Gangart der USA gegenüber China würde sich nicht nur auf den Handel durchschlagen, sondern auch auf Technologietransfers und Industriespionage. Dies hätte laut Milligan Auswirkungen auf den durch das riesige Infrastrukturprojekt "One Belt, One Road" gewonnenen Einfluss Chinas auf seine asiatischen Nachbarländer und sogar auf das Kräftegleichgewicht im pazifischen Raum.
Geld wieder arbeiten lassen
"In einer Welt nachlassenden Wirtschaftswachstums können Unternehmen ihre Liquidität wieder für sich arbeiten lassen und investieren oder an ihre Aktionäre ausschütten", so Milligan. Anleger könnten ihre Barmittelbestände auch zur Stabilisierung ihrer Portfolios nutzen und seien bei Abverkäufen ausserdem in der Lage, schnell zu reagieren und solide, günstigere Assets zu kaufen, sobald Wachstumstreiber zu erkennen sind. Er favorisiere Märkte mit attraktiven Bewertungen und Assets, die von gesunden Cashflows der Unternehmen profitieren können.
Risikoreichere Assets optimal nutzen
Solange die politischen Spannungen nicht deutlich zunehmen, sollten gemäss Milligan die Bewertungen und Gewinne 2019 für Anlegervertrauen sorgen. Je mehr die Bewertungen stiegen, desto höher würde das Risiko, dass sich die Aktienmärkte vom Gewinnwachstum abkoppeln. Daher bevorzuge er Aktien aus den USA, Europa, Schwellenländern und Japan. "Die Schwellenländer scheinen angemessene Preisniveaus aufzuweisen und in manchen Ländern, wie z. B. China, sind die Preise sogar deutlich niedriger als im Vorjahr", erklärt er. In Japan habe sich die Konjunktur erholt und die politische Stabilität sowie verbesserte Governance-Standards würden ebenfalls zur Attraktivität beitragen. Da ein volatiler Markt den Abstand zwischen Gewinnern und Verlierern grösser werden lasse, würde die aktive Aktienauswahl um so entscheidender.
Diversifikation für weniger Korrelation bei den Renditen
Die zurzeit vorherrschende hohe Korrelation zwischen Aktien- und Anleihemärkten lasse traditionell ausgewogene Strategien deutlich riskanter werden. "Bei einer echten Diversifikation über eine breitere Palette an Assetklassen können sich einige Risiken gegenseitig aufheben und das Portfolio kann weniger volatil werden", stellt Milligan fest. So könne zum Beispiel eine Beimischung aus unterschiedlichsten Aktien, Schwellenländeranleihen, inflationsgeschützten US-Staatsanleihen und europäischen Immobilien einem Portfolio mehr Stabilität verleihen. Auch die privaten Märkte blieben attraktiv, da sie die besseren risikoadjustierten Renditen böten und von der Marktvolatilität weniger stark betroffen seien.