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Damoklesschwert für ETFs abgehängt

Laut Morningstar gibt sich die Regulierungsbehörde ESMA handzahm - und macht nicht nur ETFs Vorschriften.

02.02.2012, 16:55 Uhr
ETF

Autor: Ali Masarwah / Gordon Rose / sek

Der von einigen Beobachtern erwartete regulatorische Schock für Indexfonds ist ausgeblieben. Die EU-Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA hat in ihrem neuen Konsultationspapier zu „ETFs und anderen Ucits“ der ETP-Branche zwar einiges ins Pflichtenheft geschrieben. Aber es war nicht viel, und sie hat nicht nur der ETP-Branche Hausaufgaben aufgegeben. Die Regulierungsvorschläge der Wertpapieraufsicht gehen längst nicht so weit, wie von Vertretern der Indexfondsbranche befürchtet worden war. Das wichtigste Ergebnis ist, dass die ESMA derivatebasierte ETFs nicht entlang der Trennungslinie „komplexe“/“nichtkomplexe“ Produkte eingeordnet hat. Wären die so genannten Swap-ETFs als „komplex“ definiert worden, hätte dieses wachsende Produktsegment Einschränkungen im Privatkundenvertrieb befürchten müssen. Zu dieser Frage äusserte sich die ESMA nicht, sondern gab den Schwarzen Peter an die EU-Kommission weiter, die an der Mifid-Nachfolgerichtlinie arbeitet. Sie dürfte sich im Rahmen der neuen Marktregulierungs-Richtlinie mit der Frage nach der Eignung bestimmter Produkte für den Privatkundenvertrieb beschäftigen - und eine neue Richtlinie 2013 ("Mifid II") verabschieden.

Mehr Offenlegungspflichten für aktiv verwaltete Fonds
Vieles im ESMA-Papier kommt unspektakulär daher. Insgesamt werden viele der vorgeschlagenen Leitlinien bereits von der ETF-Industrie umgesetzt. Das ist angesichts der von Regulatoren und Institutionen wie dem IWF im vergangenen Jahr geäusserten Kritik an derivativen Strukturen und Kontrahenten-Risiken von ETFs bemerkenswert. Wie sehr die ESMA-Diskussion an Schärfe verloren hat, wird deutlich, wenn man sich die Adressaten des Papiers vor Augen führt: Behandelt werden in dem ESMA-Bericht nicht nur ETFs, sondern auch „Swaps“ und der amorphe Bereich „effiziente Portfolio-Management-Techniken“, der unter anderem das heikle Thema "Wertpapierleihe" anfasst. Das lässt den Schluss zu, dass Fragen, die die Wertpapierleihe und der Einsatz von Swaps von der Behörde nunmehr generell als ein potenzielles Risiko der gesamten Fondsbranche behandelt wird. ETFs, die ohnehin in der Frage transparent vorgehen, dürfte das weniger betreffen, mehr jedoch aktiv verwaltete Fonds, die eher im Stillen ihre Fondspositionen verleihen. Auf sie kommen mehr Offenlegungspflichten zu.

In dem Papier äussert sich die ESMA allerdings ausführlich mit ETFs. Zu den empfohlenen Korrekturmassnahmen gehören die detailierte Offenlegung der Produktanbieter der Techniken der Indexreplikation und Angaben zum angestrebten Tracking Error. Auch muss die Tatsache, dass es sich bei einem Produkt um einen ETF handelt, aus dem Namen des Sondervermögens hervorgehen. Das zeigt, wie handzahm die ESMA vorgegangen ist. In Bezug auf die Kennzeichnung der Produkte glaubt Morningstar, dass die ESMA hätte weiter gehen können. So hält die ESMA eine Kennung im Produktnamen, die eindeutig zwischen synthetischen und physischen Produkten unterscheidet, für nicht wichtig. (Einige ETP-Anbieter nehmen diese Unterscheidung im Namen freilich bereits vor). Unsere Erfahrung zeigt allerdings, dass Anleger häufig nachfragen, wie sie auf einen Blick die verwendete Replikationsmethode des ETFs identifizieren können. Weitere umfassende Richtlinien zur Kennzeichnung wären aus unserer Sicht wünschenswert gewesen.

Leiheerträge sollten vollumfänglich in ETF fliessen

In einigen Details sieht Morningstar durchaus bei dem Papier Fortschritte - im Sinne der Anleger. Vor allem bei Fragen, die die Wertpapierleihe betreffen. So sollen die ETF-Anbieter in ihren Fondsberichten halbjährlich veröffentlichen, an wen sie die Wertpapiere ausgeliehen haben. Morningstar sieht es ebenfalls als positiv an, dass die ESMA strengere Regeln für die Wertpapierleihe vorschlägt und empfiehlt, dass 100% der Einnahmen aus der Leihe an den Fonds gehen, um Investoren vollständig für das Kontrahentenrisiko zu kompensieren. Das ist bisher nur in Ausnahmefällen so. Die Praxis zeigt, dass nur wenige Anbieter ihren ETFs in vollem Umfang die vereinnahmten Leihegebühren weiterleiten. Das sind Comstage, Credit Suisse, XACT und ETF-Lab. Bei Easy-ETF und SPDR werden nur 50 Prozent der Leiheerträge dem ETF gutgeschrieben, Marktführer I-Shares, HSBC und Amundi leiten ihren ETFs immerhin 60 Prozent der Leiheerträge weiter, bei Powershares sind es 70 Prozent. Die UBS lässt sich in dieser Frage nicht in die Karten schauen.

Im nächsten Schritt sind Vertreter der Branche, Investoren und Interessierte aufgerufen, zum Konsultationspapier der ESMA Stellung zu beziehen. Im zweiten Quartal sollen dann Empfehlungen folgen, die dann in eine EU-Richtlinie gegossen werden.

Quelle: Morningstar


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