18.12.2024, 14:33 Uhr
Während in den USA und Europa die Zahl der Börsengänge im laufenden Jahr noch zugenommen hat, ist das Geschäft in China eingebrochen. Dort sanken die Erlöse gegenüber dem Vorjahr laut EY um 65 Prozent.
Jürg Hostettler, Leiter Asset Management / Professionelle Anleger bei der Berner Kantonalbank (BEKB) erläutert im Interview die umfassende Bedeutung von Nachhaltigkeit, die Vorteile einer Mitgliedschaft bei der AMAS und wie KI bei der Kreditselektion bereits eingesetzt wird.
Herr Hostettler, BEKB betreibt schon seit 25 Jahren ein Asset Management. Was hat Sie dazu bewogen, jetzt der AMAS beizutreten?
Jürg Hostettler: Wir wollen unser Anlagegeschäft weiter ausbauen. Ein starkes und gut vernetztes Asset Management ist dafür zentral. Deshalb haben wir uns entschieden, der AMAS beizutreten.
Was sind Ihre Erwartungen an die AMAS und was kann die BEKB beisteuern?
Durch die Mitgliedschaft erhoffen wir uns einen fruchtbaren Wissensaustausch. Dies vor allem in den Bereichen Nachhaltigkeit und maschinelles Lernen. Einerseits, weil wir uns zum Ziel gesetzt haben, die führende Finanzdienstleisterin im Bereich Nachhaltigkeit zu sein. Zum anderen, weil wir beim Einsatz von maschinellem Lernen im Asset Management Akzente setzen wollen.
Die BEKB hat das Ziel formuliert, führend im Bereich Nachhaltigkeit zu werden, wobei das Asset Management eine zentrale Rolle einnehmen soll. Welche Schritte unternehmen Sie, das Ziel zu erreichen?
Wir verfolgen das Thema Nachhaltigkeit seit bald 30 Jahren konsequent und bauen unser langjähriges Engagement für verantwortungsbewusstes Investieren kontinuierlich aus. Beim Start im Jahr 1992 bezog sich die Nachhaltigkeit zunächst auf die Bank selbst. Ab 2010 begann unser Haus, nachhaltige Vermögensverwaltungsmandate anzubieten. Im September 2017 lancierten wir eigene nachhaltige Anlagefonds, inklusive Vorsorgefonds. Diese decken die Anlageklassen Obligationen Franken, Obligationen Fremdwährungen, Aktien Schweiz und Aktien Ausland ab und basieren auf den bewährten Anlageansätzen der BEKB. 2020 wurde der Nachhaltigkeitsansatz auf die Anlageklasse Immobilien Schweiz ausgeweitet. Auch bei den traditionellen Anlagefonds und in der Beratung berücksichtigen wir Nachhaltigkeitskriterien und haben mit der Publikation von Nachhaltigkeitskennzahlen wie dem «Swiss Climate Scores» die Transparenz über unsere Anlagelösungen erhöht.
Sustainable Finance wird laufend stärker reglementiert: Wo sehen Sie Differenzierungsmöglichkeiten für die BEKB?
Nachhaltigkeit ist für uns nicht nur ein Anlageansatz, sondern ein Eckpfeiler unsere Geschäftstätigkeit. Nachhaltigkeit wird bei der BEKB als Gesamtkonzept verstanden und gelebt, und Nachhaltigkeitsaspekte werden bei unseren Dienstleistungen, im Bankbetrieb, als Arbeitgeberin sowie im Rahmen unseres sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Engagements berücksichtigt. Wir setzen uns seit Jahrzehnten für eine nachhaltige Entwicklung ein. Wir verstehen Nachhaltigkeit als einen Weg, der uns schon lange begleitet und auch in Zukunft begleiten wird. Nachhaltigkeit lässt sich nicht von heute auf morgen umsetzen und muss kontinuierlich weiterentwickelt werden. So haben wir Anfang 2022 unsere Nachhaltigkeitskriterien im Anlagegeschäft erweitert und verschärft und die Transparenz in unseren Anlagelösungen und Kundenportfolios durch Nachhaltigkeitsbewertungen erhöht. Unsere Finanzcoaches werden zu Nachhaltigkeitsthemen geschult, zum Beispiel mit Wertschriftenseminaren «Nachhaltige Anlagen» oder zum BEKB-Nachhaltigkeitsansatz. In der umfassenden Nachhaltigkeitsausbildung, die wir im Jahr 2021 für alle Mitarbeitenden lanciert haben, wird ein Schwerpunkt auf das Anlagegeschäft gelegt.
Im Grössenvergleich ist die BEKB im Schweizer Asset Management ein Nischenplayer. Konzentrieren Sie sich darum in erster Linie auf das angestammte Einzugsgebiet?
Das Einzugsgebiet konzentriert sich hauptsächlich auf die beiden Wirtschaftsräume Bern und Solothurn. In diesen beiden Regionen erbringt die BEKB ihre zentralen Dienstleistungen. Im institutionellen Geschäft und im Fondsvertrieb sind wir in der ganzen Schweiz tätig.
Generell wird im Asset Management neben Nachhaltigkeit das Thema Künstliche Intelligenz (KI) als Industrietreiber gesehen. Setzt die BEKB diese Technologie ein?
Ja, wir im BEKB Asset Management setzen «Machine Learning» bereits seit längerem zur Unterstützung der Kreditselektion ein. KI kann Zusammenhänge aufzeigen, die für den Portfoliomanager nicht sofort ersichtlich sind. Analysiert werden monatliche Zeitreihen aus der Anleihen- und Aktienwelt sowie firmenspezifische Daten. Die aussagekräftigsten von über 100 Faktoren fliessen schliesslich in ein Prognosemodell ein. Unsere KI liefert dann Empfehlungen wie «Strong Buy» oder «Hold». Dabei ist es wichtig zu betonen, dass die KI nur Wahrscheinlichkeiten und nicht die Wahrheit abbildet. Der Investitionsentscheid liegt letztlich beim Menschen, in diesem Fall beim Portfoliomanager.
Die zentrale Anwendung von KI im Asset Management liegt in der Verbesserung der Qualität der Kreditauswahl. Die KI gibt Kaufsignale, wenn beispielsweise die Entwicklung der Kreditrisikoprämien im Vergleich zu vergleichbaren Anleihen stabil ist und zum Beispiel die Verfallsrendite im Vergleich zu den Peers überdurchschnittlich hoch ist. Nicht zu unterschätzen ist auch die Zeitersparnis im Tagesgeschäft. In einem globalen Anleihenmarkt, der zirka 25'000 Einzelwerte umfasst, ist eine manuelle Selektion praktisch nicht möglich beziehungsweise zu zeitintensiv. Obwohl KI ein integraler Bestandteil des Auswahlprozesses ist, wird jede Auswahl einer gründlichen Kredit- und Nachhaltigkeitsprüfung unterzogen.
Wie ist ihr Team im Asset Management aufgebaut?
Das BEKB Asset Management verwaltet seit 1988 Vermögen von privaten und institutionellen Kunden nach dem Motto «In Bern verankert - global investiert». Die 35 Anlagespezialisten im Bereich Asset Management / Professionelle Anleger mit einer durchschnittlichen Markterfahrung von rund 20 Jahren verwalten am Standort Bern ein Anlagevolumen von rund 13,5 Milliarden Franken. Sämtliche Analysen und Entscheide werden von uns vor Ort getroffen. Der direkte Kontakt zum Kunden ist jederzeit möglich. Der Bereich Asset Management / Professionelle Anleger besteht aus sechs Teams: Investment Strategy, Investment Boutique, Multi-Asset Investments, Investment Advisory / Solutions, Investment Controlling und Professionelle Anleger. Im Bereich der professionellen und institutionellen Kunden haben wir unsere Kompetenzen und Lösungen für vermögende Privatkunden, Stiftungen, Verbände sowie kirchliche Organisationen in den letzten Jahren kontinuierlich gestärkt und ausgebaut. Seit 2009 wurden unsere Anlagelösungen insgesamt 16 Mal von einer unabhängigen Fachjury der Bilanz ausgezeichnet. Zudem wurde die BEKB-Fondspalette mit Lipper Fund Awards und von Morningstar ausgezeichnet. In der Swiss Asset Management Study belegen die BEKB-Fonds in den wichtigen Kategorien Aktien Welt und Obligationen Schweiz bezüglich Information Ratio den 1. beziehungsweise 3. Rang.
Wie lauten Ihre Führungsprinzipien?
Die Leitsätze zu den fünf Themen Netzwerken und Lernen, Team, Mut, Vertrauen und Feedback sind unser Kompass auf dem Weg zum Ziel. Sie geben Orientierung für zielorientiertes Arbeiten und sind Impulsgeber für Diskussionen im Team und in bilateralen Gesprächen.
Im täglichen Miteinander und auf Basis unserer Werte (Vertrauen, Engagement, Nachhaltigkeit) schaffen wir den Rahmen für eine partnerschaftliche Zusammenarbeitskultur auf Augenhöhe.
Jürg Hostettler startete seine Karriere mit einer Banklehre bei der damaligen Schweizerischen Bankgesellschaft (SBG) in Zürich. Darauf folgten der Abschluss als Betriebsökonom FH und als eidg. dipl. Finanzanalytiker und Vermögensverwalter. Insgesamt bringt Hostettler 29 Jahre Bankerfahrung (Credit Suisse, GAM und Vontobel) und acht Jahre Versicherungserfahrung (Mobiliar) mit. Bei der BEKB arbeitet der Finanzmarktexperte seit mehr als fünf Jahren und führt dort ein Team von 35 Anlagespezialisten.