«Zölle pausieren - Was nun?»

Niamh Brodie-Machura, Co-CIO Equities bei Fidelity International. (Bild pd)
Niamh Brodie-Machura, Co-CIO Equities bei Fidelity International. (Bild pd)

«Eine Pause bei den Zöllen hat die Märkte vorerst stabilisiert, aber der Boden hat sich eindeutig verschoben. Der Schwerpunkt liegt nun auf dem absoluten Haupttreiber des Aktienmarktes: den Gewinnerwartungen», schreibt Niamh Brodie-Machura, Co-CIO Equities, Fidelity International.

15.04.2025, 16:49 Uhr
Aktien | Anlagestrategie

Bei all dem Lärm und den rasanten Marktbewegungen der vergangenen Woche lohnt es sich für Brodie-Machura, noch einmal darauf zurückzukommen, wo die Wirtschaft vor den Ankündigungen von Präsident Trump zum Liberation Day stand.

Schon vor dieser Entwicklung waren die Wachstumserwartungen in den Vereinigten Staaten zurückgeschraubt worden. Die Wirtschaft befinde sich eindeutig in einem späten Zyklus und werde nicht ewig mit einer konstanten Rate von 3 Prozent wachsen. Und die Androhung selbst minimaler Zölle, wie sie die Regierung seit langem ankündigt, verspreche inflationär zu sein. «Daher stiegen die Chancen für eine Stagflation bereits vor dem 3. April», schreibt die Expertin.

Die ersten Ankündigungen von Zöllen waren wesentlich drastischer und umfassender, als der Markt erwartet hatte. Und die Reaktion war eindeutig. Jetzt gilt eine Pause bei diesen Zöllen - und im Moment «ist es nur eine Pause».

Zweistelligen Gewinnwachstum

In Momenten wie diesen werde deutlich, wie wichtig eine klare Anlagestrategie ist, und die Unterscheidung zwischen langfristigen Anlegern und kurzfristigen Spekulanten sei gerade jetzt entscheidend. «Echtes Geld», wie es von Unternehmen wie Fidelity im Namen von Kunden verwaltet wird, dient oft als Gegengewicht zu kurzfristigen Ängsten. Diese Art von Kapital sei in der Regel in der Lage, zwischen vorübergehendem Marktrauschen und grundlegenden Veränderungen zu unterscheiden, die Portfolioanpassungen erfordern.

Ein Hauptgrund zur Sorge sei, dass der Markt zu Beginn dieses Zeitraums von einem zweistelligen Gewinnwachstum in den USA in den nächsten zwei Jahren ausging. Damit dies eintritt, müsse eine Rezession vermieden werden. «Das Wachstum und seine Auswirkungen auf die Unternehmensgewinne sind der Sauerstoff, der den Aktienmarkt antreibt, und beides ist jetzt in Frage gestellt.»

Keine Blase

Keine Krise gleicht der anderen. Die Bewertungen in den USA waren laut Brodie-Machura «überzogen», in anderen Ländern jedoch weit weniger. Im Vereinigten Königreich und in den Schwellenländern erschienen die Bewertungen im historischen Vergleich relativ niedrig. Grundsätzlich deute dies also darauf hin, dass die Bedingungen zu Beginn dieses Ausverkaufs nicht einer typischen Blase ähnelten.

Ein zweites Risiko sei die Hebelwirkung. Aber zum jetzigen Zeitpunkt gebe es kaum Anzeichen für die Art von Finanzmarktungleichgewichten, die normalerweise eine Panik auslösen würden.

Das lenke den Blick zurück auf die Erträge. Derzeit überprüfen Analysten die Prognosen für Länder, Sektoren und Einzeltitel, um Anlage für Anlage zu bewerten, ob die aktuellen Bewertungen weiterhin attraktive Chancen bieten. «Die Geschichte zeigt, dass diese Stressphasen langfristigen Anlegern die Möglichkeit bieten, überdurchschnittliche Renditen zu erzielen. Um diese Chancen zu nutzen, ist jedoch eine realistische Einschätzung des deutlich risikoreicheren Umfelds erforderlich - Erträge, Bewertungen und Bilanzrisiken müssen sorgfältig geprüft werden», so die Expertin.

Die Volatilität von US-Staatsanleihen ist inzwischen so hoch wie seit 2008 nicht mehr. Diese Volatilität sollte laut Fidelity jedoch im Kontext betrachtet werden. Der Zeitraum begann mit Kreditspreads auf Rekordtiefs und Aktien auf Allzeithochs. Das heisst, es war überhaupt keine Volatilität eingepreist.

Kreditspreads weit weg von Rekordwerten

Seitdem haben sich die Kreditspreads ausgeweitet, und das sei in einem volatilen Umfeld normal. Die Volatilität von Aktien und Kreditspreads tendiere dazu, sich gemeinsam zu bewegen. Im Januar lagen die Kreditspreads für Hochzinsanleihen unter 300 Basispunkten - nicht weit entfernt von den Rekordwerten - und erreichten ihren Höhepunkt im Bereich von 400 Basispunkten. Aber in einer Rezession stiegen sie normalerweise auf 600 oder mehr.

«Ja, der US-Schatzmarkt hat definitiv einige Anzeichen von Dysfunktionalität gezeigt. Die Liquidität ist beeinträchtigt. Allerdings ist die Situation besser als während früherer Krisen», schreibt die Co-CIO Equities. In einem Umfeld, in dem risikoreiche Anlagen unter Druck geraten sind, haben Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten sehr schlecht abgeschnitten - der sichere Hafen «risikofreier» Zinssatz hat sich bis zu einem gewissen Grad entkoppelt. Aber das mache sie als Anlagen interessanter. «Wenn wir tatsächlich auf eine Rezession oder zumindest auf eine erhebliche Verlangsamung des Wachstums zusteuern, dann sollten sich Anleihen gut entwickeln», erläutert sie.

Korrelation der Staatsanleihen

Eine wichtige Sorge, die sich aus der Covid-Krise ergebe, sei das Risiko eines Übergreifens auf andere Märkte. Wenn es in den USA zu einem grossen Ausverkauf von Staatsanleihen kommt, bestehe eine hohe Korrelation zu anderen Märkten für Staatsanleihen. Und diese Länder haben möglicherweise weniger fiskalischen Spielraum, um solche Verschiebungen zu tolerieren. Das Vereinigte Königreich sei ein offensichtliches Beispiel.

Einige der grossen europäischen Volkswirtschaften, wie Deutschland, befinden sich in einer guten Haushaltslage. Die Region hat laut Fidelity starke Unternehmen, die zu vernünftigen Bewertungen gehandelt werden. Das deute darauf hin, dass es Bereiche des Marktes gebe, in denen eine positive Entwicklung zu erkennen seien, die sich in den letzten Monaten verbessert hätten.

«Wenn sich die Nummer eins und die Nummer zwei der Weltwirtschaft streiten und in eine Rezession geraten, ist natürlich nicht die ganze Welt davor gefeit. Die langfristigen Aussichten sind zwar nach wie vor positiv, aber der Weg dorthin wird wahrscheinlich uneinheitlich sein», so das Fazit.

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