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«Der Zöllner kommt, der Zöllner geht»

Joseph V. Amato, President und Chief Investment Officer Equities bei Neuberger Berman. (Bild pd)
Joseph V. Amato, President und Chief Investment Officer Equities bei Neuberger Berman. (Bild pd)

«Sind Trumps Zölle nur Verhandlungstaktik oder ein unorthodoxes Mittel zur Steigerung der Staatseinnahmen? Die Antwort könnte entscheidend dafür sein, wie ernst Anleger sie nehmen müssen», schreibt Joseph V. Amato, President und Chief Investment Officer Equities bei Neuberger Berman.

11.02.2025, 13:31 Uhr
Anlagestrategie

Letzten Montag waren die USA nicht weit davon entfernt, ihre beiden direkten Nachbarn Kanada und Mexiko, alte Verbündete und Partner eines umfassenden Freihandelsabkommens, in Dreissiger-Jahre-Manier mit Zöllen zu belegen. Nur Stunden später wurde der Plan erst einmal ausgesetzt. Einzig ein massvoller, 10-prozentiger Zoll gegen China blieb – aber China ist schon länger Ziel von Handelssanktionen.

Die Märkte waren erleichtert. Noch muss laut Amato viel verhandelt werden, und noch sei die Lage unübersichtlich. «Aber vielleicht ist der grösste Handelskrieg seit über 90 Jahren schon vorbei, bevor der erste Schuss gefallen ist».

Eine Frage bleibt aber unbeantwortet: Hält Trump Zölle («… the most beautiful word in the dictionary», wie er sagt) für ein Mittel, um in bilateralen Verhandlungen konkrete Ziele zu erreichen? Oder planen er und sein Wirtschaftsteam wirklich einen Systemwechsel, sodass Zolleinnahmen Steuereinnahmen zumindest teilweise ersetzen? Oder will er vielleicht beides zugleich?

Weniger Wachstum, mehr Inflation

Überrascht waren die Märkte von Tempo und Umfang der Trump’schen Aktivitäten. Zunächst verhängte er 25% Zoll gegen Waren aus Mexiko, dann 25% gegen Kanada (mit Ausnahme von Energie, wo 10% gelten sollten), und schliesslich 10% gegen China. Ausserdem schloss Trump ein Schlupfloch, das Pakete aus China mit unter 800 US-Dollar Wert vom Zoll freistellte. Als die Zölle gegen China 2018 eingeführt wurden, war das eine wichtige Ausnahme.

Von den neuen Zöllen wären Waren im Wert von etwa 1,3 Billionen US-Dollar betroffen gewesen, über 40% aller US-Importe und fast 5% des US-BIP. Der durchschnittliche US-Zollsatz wäre von etwa 3% auf über 10% gestiegen.

Über die Folgen für Wachstum und Inflation sind sich die Beobachter uneins. Neuberger Berman glaubt, dass die Zölle das US-Wirtschaftswachstum jährlich um 0,5 bis 1,0 Prozentpunkte gedämpft und die Kerninflation um 0,5 Prozentpunkte gesteigert hätten. Analysten schätzten, dass die Gewinne der S&P-500-Unternehmen 2025 um 2% bis 3% gefallen wären – wenn nicht stärker, wenn die betroffenen Länder mit Revanchezöllen reagiert hätten. Besonders hätte es Automobilindustrie und Landwirtschaft getroffen. Kanada und Mexiko wären vermutlich in die Rezession gefallen.

Aber das ist nicht alles. Durch die Zölle hätte der amerikanische Fiskus voraussichtlich mindestens 150 Milliarden US-Dollar eingenommen. Das ist nicht wenig – und lädt zu der Spekulation ein, dass Zölle für die neue Regierung einfach nur eine weitere Einnahmequelle sind.

Dann sollten sich Investoren laut dem Experten nicht darauf verlassen, dass neue Drohungen jetzt passé sind, oder bereits einführte Zölle schnell wieder aufgehoben werden. «Wir müssten dann auch unseren langfristigen Wirtschaftsausblick überdenken, und die Inflationserwartungen würden steigen. Gerade Aktien, die meist stark auf die Wachstumserwartungen reagieren, dürften die dann niedrigeren BIP-Prognosen schaden.»

Verhandlungsmasse

Ein Argument dafür, dass es Trump bei den Zöllen um Mehreinnahmen geht, sind laut Amato die schiere Höhe und der Umfang der Zölle gegen Kanada und Mexiko. Beides lag am oberen Ende der Analystenerwartungen. Solche Zölle gegen die engsten Handelspartner und Verbündeten sind fast eine Kriegserklärung. «Sie würden aber zu beachtlichen Einnahmen führen. Gerade wegen des hohen US-Haushaltsdefizits ist das nicht unwichtig.»

Da die Zölle gegen Kanada und Mexiko mit Verweis auf weitere Gespräche aber schnell erst einmal ausgesetzt wurden, sei etwas anderes wahrscheinlicher. Vermutlich handelt es sich nur um eine Verhandlungstaktik. Grenzschutz, Massnahmen gegen Drogenschmuggel und der Kauf amerikanischer Agrarprodukte könnten in diesen Verhandlungen zur Sprache kommen. Trump warnte auch, dass Zölle gegen die EU «definitiv» und «sehr bald» kämen. Vielleicht will er damit höhere europäische Verteidigungsausgaben und eine Deregulierung der amerikanischen Technologieunternehmen durchsetzen.

Die Theorie von Zöllen als Verhandlungsmasse scheine auch im Fall Chinas die plausibelste zu sein. Hier seien aber komplexere weltpolitische Faktoren zu bedenken. Auf den ersten Blick scheine es seltsam, dass Trump Kanada und Mexiko härter treffen will als China. Aber vielleicht will er China auch nur zur Einhaltung der Versprechen bewegen, die in seiner ersten Amtszeit vereinbart wurden, nämlich, mehr amerikanische Waren und Agrarprodukte zu kaufen. Vielleicht glaubt die neue Regierung, dass kurze und heftige Drohungen wie gegen Kanada und Mexiko hier weniger bewirken als eine schrittweise Verschärfung. 10% könnte der Anfang sein, bevor dann im April höhere Zölle kommen, wenn der US-Handelsbeauftragte zwei Studien zum Chinahandel vorlegt.

Langfristig optimistisch

«Alles in allem hat sich an unserem Basisszenario in den letzten zwei Wochen nichts geändert: Zölle sind ein Verhandlungsinstrument und kein Mittel zur Einnahmensteigerung. Dennoch ist die Unsicherheit gross, sodass Investoren wohl erst einmal abwarten.»

Fundamental stehen für Neuberger Berman die USA weiter gut da, nicht zuletzt wegen des stabilen Konsums und anderer Massnahmen der neuen Regierung, insbesondere der Deregulierung. Langfristig bleibe man für das amerikanische Nominalwachstum und die Aktienmärkte optimistisch.

«Die Unsicherheit dürfte aber für mehr Marktvolatilität sorgen – in den USA selbst, vor allem aber auch in anderen Ländern, die zum Ziel solcher aggressiven Verhandlungstaktiken werden können. Wenn mit harten Bandagen gekämpft wird, kann das auch Schaden anrichten. Die nächsten Quartale könnten unruhig werden», so das Fazit.

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