Anleihenmarkt 2026: Zwischen Zinswende und Selektivität

Anleihenmärkte 2026: Steht uns eine Zinswende bevor? (Bild: Shutterstock)
Anleihenmärkte 2026: Steht uns eine Zinswende bevor? (Bild: Shutterstock)

Der Anleihenmarkt könnte im Jahr 2026 vor einem entscheidenden Wendepunkt stehen. Mehrere internationale Investmenthäuser sehen Anzeichen dafür, dass sich das Umfeld für festverzinsliche Anlagen grundlegend verändert. Was steckt dahinter?

30.12.2025, 07:44 Uhr
Anlagestrategie | Obligationen

Redaktion: asc

Anleihen rücken nach Jahren hoher Volatilität und steigender Zinsen wieder stärker in den Fokus institutioneller und privater Investoren. Das sind die Gründe für diese fundamentale Wende:

1. Fed und EZB gehen getrennte Wege

Die Zeiten synchroner Geldpolitik sind vorbei: Die US-Notenbank dürfte die Zinsen in den kommenden zwölf Monaten noch zweimal senken – gebremst durch eine weiterhin robuste Wirtschaft und erhöhte Inflationsrisiken. Für Europa zeichnet sich hingegen ein anderes Bild ab: Die EZB könnte 2026 sogar ihren Zinssenkungszyklus beenden und bis Jahresende sogar erstmals wieder die Zinsen anheben.

2. Inflation bleibt unterschätztes Risiko

Inflation bleibt ein von den Märkten unterschätztes Risiko für 2026. Durch frühere Zollankündigungen könnten die Preisdrucke in den USA weiter zunehmen – die Inflation dürfte über der Zwei-Prozent-Marke verharren. Daher werden inflationsgebundene Anleihen als Absicherung empfohlen.

3. Spreads vor leichter Ausweitung – insbesondere in den USA

Die Credit-Spreads erreichten 2025 teils die engsten Niveaus seit Jahrzehnten. Für 2026 sei eine moderate Ausweitung zu erwarten, ohne dass es bei anhaltender US-Wirtschaftsstärke zu einem dramatischen Anstieg komme. Der Markt zeigt bereits eine Zweiteilung: Während höherwertige BB-Anleihen enger gehandelt werden, haben sich die Spreads bei schwächeren CCC-Titeln ausgeweitet. Als Risikofaktoren werden neben der Inflation auch die Geopolitik und die wachsenden US-Staatsdefizite genannt.

4. Positiver Ausblick für Anleihen

Für Anleihen erwarten Experten ein stabileres Umfeld, unterstützt durch eine allmähliche Lockerung der Geldpolitik, ohne jedoch eine Rückkehr zu den extrem expansiven Bedingungen der vergangenen Jahre. Anleihen mittlerer Laufzeit gelten als optimaler Bereich, da Langläufer anfälliger für Zinsänderungen und Kreditrisiken seien. Gleichzeitig könnte ein schwächerer US-Dollar die Kapitalströme neu ausrichten und insbesondere Schwellenländer sowie ausgewählte Anleihesegmente begünstigen.

Janus Henderson Investors erwartet, dass die Erträge 2026 weiterhin vor allem aus laufenden Zinseinnahmen stammen werden. Gleichzeitig mahnen die Experten zur Vorsicht: Historisch enge Kreditspreads und teils ambitionierte Bewertungen lassen wenig Spielraum für Fehlentscheidungen. Entscheidend sei daher eine sorgfältige Emittentenauswahl mit Fokus auf solide Bilanzen und tragfähige Geschäftsmodelle, während hoch verschuldete Unternehmen gemieden werden sollten.

5. High-Yield-Anleihen: Selektivität gefragt

In der Gesamtschau zeichnet sich damit ein Marktbild ab, das weniger von pauschalen Trends als von Differenzierung geprägt ist. Das gilt insbesondere für das Segment der High-Yield-Anleihen. Hier bleibt der Ausblick zwar grundsätzlich konstruktiv, erfordert jedoch ein deutlich höheres Mass an Selektivität. 2026 dürfte kein Jahr einfacher Entscheidungen werden, sondern eines, in dem auch in diesem Bereich aktive Steuerung, fundierte Bonitätsanalysen und ein klares Verständnis der makroökonomischen Zusammenhänge entscheidend sind. Für Anleger eröffnet sich damit zwar kein risikofreier, aber ein potenziell chancenreicher Anleihenmarkt – vorausgesetzt, Selektivität und Disziplin stehen im Mittelpunkt der Anlagestrategie.

6. Europa: Solide Fundamentaldaten stützen Unternehmensanleihen

Während in den USA Sorgen über überschuldete Unternehmen im Private-Credit-Segment zunehmen, präsentiert sich Europa deutlich robuster. Laut ING Research ist die Verschuldung europäischer Unternehmen im Verhältnis zum BIP auf rund 67 Prozent gesunken – ein Niveau, das zuletzt 2007 erreicht wurde. Die Inflation hat den realen Wert bestehender Schulden erodiert, während das nominale BIP in Europa seit Covid um etwa 30 Prozent gewachsen ist.

Hinzu kommt: Europäische Unternehmen halten aktuell Bargeldreserven von fast 23 Prozent ihrer Gesamtschulden – verglichen mit rund 18 Prozent in den zwei Jahrzehnten vor der Pandemie. Diese Puffer stärken die Bilanzen und bieten Spielraum für künftige Refinanzierungen. Gleichzeitig finanzieren sich Unternehmen zunehmend über Anleihen statt über Bankkredite, da die relative Kostenstruktur seit der Finanzkrise Bonds begünstigt. ING erwartet für 2026 eine «Re-Leveraging»-Phase, in der europäische Unternehmen wieder mehr Schulden aufnehmen werden, um Investitionen zu finanzieren

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