18.12.2024, 10:08 Uhr
«Seit Jahren rüstet sich Indien auf, um mit China als führendem Technologieführer der Region konkurrieren zu können. Jetzt ziehen die Kapitalanlagen nach», schreibt Dina Ting von Franklin Templeton ETFs.
Jacques-Aurélien Marcireau, Co-Head of Equities bei Edmond de Rothschild Asset Management, erwartet dass das thematische Trio aus Momentum, generativer Künstlicher Intelligenz (KI) und «Trump-Trade» seine starke Performance im Jahr 2025 «nur dann wiederholen kann, wenn es seine eigenen Herausforderungen meistert.»
«Momentum, generative Künstliche Intelligenz (KI) und ‚Trump-Trade‘ haben die Aktienmärkte im Jahr 2024 dominiert. Sektorale und regionale Kriterien, Marktkapitalisierung und andere Themen sind in den Hintergrund getreten und bieten keine adäquaten Mittel zur Interpretation der Marktperformancetreiber», schreibt Marcireau. Der Beginn eines neuen Kalenderjahres bedeute nicht, dass sich dies ändern werde. «Dennoch wird dieses Trio seine starke Performance im Jahr 2025 nur dann wiederholen können, wenn es seine eigenen Herausforderungen meistert.»
Die Rückkehr eines wirtschaftsfreundlichen Amerikas, Deregulierung oder die Neugewichtung des Welthandels sind Themen, die die Kapitalmärkte vor und nach der Wahl beschäftigt haben. Bestes Beispiel für den «Trump-Trade» ist der rasante Aufstieg der Tesla-Aktie, deren Performance im Jahresverlauf von -40 Prozent auf +40 Prozent gestiegen ist - eine Amplitude von 80 Prozent in nur wenigen Monaten. Die Hoffnung auf eine «buchstäbliche» Umsetzung der Versprechungen aus dem Präsidentschaftswahlkampf ist der Grund dafür‘
Allerdings deuten laut dem Experten Unstimmigkeiten zwischen einigen der Massnahmen und Uneinigkeit innerhalb der republikanischen Fraktion auf künftige Herausforderungen und viele Enttäuschungen hin. Hinzu kommt, dass der «Trump-Trade» auch unter dem Druck von Kleinanlegern an Fahrt gewonnen hat, die ihre Position sehr schnell ändern können. «Aufgrund verfassungsrechtlicher Probleme oder politischer Kompromisse erwarten wir, dass viele der ‚Trump-Trades‘ 2025 schnell wieder rückgängig gemacht werden», schreibt Marcireau.
Angetrieben von Nvidia ist das Thema KI nicht mehr wegzudenken. Allerdings gibt es laut dem Experten weltweit 7 bis 10 Mal mehr installierte Kapazitäten für generative KI als es konkrete Geschäftsanwendungen gibt. Wenn die Investitionen im bisherigen Tempo weitergehen, werden sie die bereits entstandenen Überkapazitäten noch verstärken.
Grosse Teile des im Jahr 2000 in den USA installierten Glasfasernetzes seien immer noch nicht aktiviert. In der Zwischenzeit sorgten die Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen der Technologiegiganten zur Erreichung technologischer Alleinstellungsmerkmale dafür, dass dieses Thema trotz der noch ungewissen Rentabilität weiterverfolgt werde.
Alle Augen seien nun auf die bevorstehende Veröffentlichung von Chat GPT 5 gerichtet. Jede Enttäuschung über die technologischen Durchbrüche, die mit diesem neuen Large Language Model (LLM) verbunden sind, könnte eine Marktkorrektur für KI-Aktien auslösen. Seit dem Sommer mehrten sich die Anzeichen für eine Erosion, da sich die Führung innerhalb des Sektors zunehmend auf Nvidia und Kernenergie konzentrier, die als wesentlich für den Betrieb dieser neuen Generation von Rechenzentren angesehen wird.
Nach Ansicht von Strategen und ihrer eigenen Definition von Momentum hat dieser Stil laut Edmond de Rothschild Asset Management ein grosses Comeback erlebt und die beste Performance seit über 20 Jahren erzielt. Unternehmen, die mit einem starken Aufwärtsmomentum in das Jahr 2024 starteten und in der Lage waren, ihre Geschäftszahlen kontinuierlich - wenn auch nur leicht - nach oben zu korrigieren, haben die Marktindizes in der Regel deutlich übertroffen. Momentum-orientierte Anlagestile, die bereits von vielen Algorithmen unterstützt werden, können sich ebenfalls auf die von ETFs erzeugte Unterströmung verlassen, die Marktbewegungen zu ihren Gunsten verstärkt - bis auf weiteres.
«Doch Momentum-Investments tendieren dazu, sich langfristig selbst zu zerstören: Die Erwartungen steigen, ebenso die Aktienmarktperformance, bis es praktisch unmöglich wird, nach oben zu überraschen. Dies ist dann der Fall, wenn in einem anderen Teil des Marktes ein neues Momentum entsteht, das manchmal auf exogene Faktoren zurückzuführen ist. Auch wenn der Umschwung nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden kann, tickt die Zeitbombe weiter und erfordert Wachsamkeit», erläutert Marcireau.
Geopolitik, Klima, Populismus, Inflation: In verschiedenen Bereichen sind die Risiken laut dem Experten so hoch wie seit 30 Jahren nicht mehr. «In diesem Umfeld können Anleger in Unternehmen investieren, die zur Resilienz unserer Gesellschaften beitragen, indem sie sich diesen Herausforderungen stellen und den Wert ihrer Anlagen langfristig festigen. Dabei geht es nicht darum, in einem bestimmten Quartal die höchste Performance zu erzielen, sondern darum, der Portfolioallokation einen thematischen Baustein hinzuzufügen, der auch in einem schwierigen Umfeld erfolgreich sein kann», schreibt der Co-Head of Equities.
Noch nie sei es so einfach, eine konträre Strategie umzusetzen. Die Märkte haben sich konzentriert, weil sich die Anleger auf Aktien konzentriert haben - zunächst in den USA und innerhalb der USA auf Large Caps und innerhalb der Large Caps auf das Thema generative KI und Momentum. In diesem Umfeld werde alles, was diese drei Bedingungen nicht erfüllt, sofort zu einer konträren und diversifizierten Strategie: US Small Caps, Europa, China, Healthcare und Klima.