13.07.2020, 12:00 Uhr
Gold konnte seit Jahresbeginn als einziger wichtiger Rohstoff Zuwächse verbuchen. Aktien legten jüngst aber eine V-förmige Erholung an den Tag und auch Industriemetalle sowie Öl konnten kräftig zulegen....
Die strukturellen Ungleichgewichte der britischen Wirtschaft dürften, gemäss WisdomTree, durch den Brexit noch grösser werden. Was bedeutet dies für die Wirtschaft und die Anlagenmärkte ganz unmittelbar und kurzfristig?
Angesichts des grossen Leistungsbilanzdefizits von 7 % des BIP wird das Vereinigte Königreich noch stärker von der Bereitschaft ausländischer Investoren abhängen, ein wachsendes Handelsbilanzdefizit zu finanzieren es sei denn, das Pfund wertet ab. Wahrscheinlich wird dieser Fall eintreten, wenn Grossbritannien den Zugang zum EU-Binnenmarkt verliert. Seine Leistungsbilanz mit Grossbritannien als Netto-Exporteur in die EU wird wahrscheinlich auf neue EU-Handelsbarrieren treffen. Das gilt auch für den Fall wenn sein Warenaustausch, in dem UK ein Netto-Importeur aus der EU ist, weitgehend unverändert bleiben sollte, um den Vorteil der EU-Mitgliedstaaten bei den Exportgewinnen mit UK zu behalten.
Wie das Diagramm zeigt, beliefen sich die Mittelflüsse in Anleihen- und Aktienwerte im Vereinigten Königreich 2015 auf 270 Mrd. GBP bzw. 14 % des BIP. Im Vergleich mit Jahren relativer Stabilität während der Zeit nach der Dotcom-Blase und vor der Finanzkrise von 2008 ist das ein extremer Wert. Es ist unwahrscheinlich, dass ausländische Investoren mit Begeisterung in britische Staatsanleihen (Gilts) und FTSE-All-Share-Unternehmen in diesem Ausmasse anlegen werden. Sie werden sich auf die Bestimmungen und Fristen für neue Handelsabkommen laut Artikel 50 berufen, der einzigen Rechtsgrundlage für einen Austritt aus der EU. Demnach werden diese neuen Abkommen über einen Zweijahreszeitraum durch die EU festgelegt, nach dessen Ablauf Grossbritannien ausgeschlossen sein wird. Da es überdies kein alternatives Handelsmodell gibt, zu dem man zurückkehren könnte, ist über einen erheblichen Zeitraum eine Unsicherheit unausweichlich. Dies wird zumindest kurzfristig Investoren dazu verleiten, ihr UK-Engagement zu reduzieren oder vollständig von Investments in Grossbritannien abzusehen.
An den Finanzmärkten wird der wunde Punkt beim Pfund Sterling liegen, das bei einer Notierung in einer mehr oder weniger engen Spanne eine erhebliche Intraday-Volatilität aufweist.
Unter Asset-Allokations-Aspekten nimmt WisdomTree kurz- bis mittelfristig die folgende Haltung in den verschiedenen Anlageklassen ein:
Aktien
Finanzdienstleister im Vereinigten Königreich sind am meisten dem Risiko von Barrieren ausgesetzt, als Versuch der EU, ihr Handelsbilanzdefizit mit Grossbritannien zu reduzieren. Abgesehen von den Dienstleistungsbranchen wird sich in Branchen, in denen das United Kingdom Schwierigkeiten hat, Präferenzabkommen zu erzielen, an den hohen Zöllen nichts ändern, wenn nicht gar das Risiko besteht, dass die Zölle angehoben werden. Dazu zählen beispielsweise Automobile, Chemie, Bekleidung und Schuhe sowie Lebensmittel, Getränke und Tabak. Da für ein neues Handelsabkommen laut Vereinbarung in der EU qualifizierte Mehrheitsabstimmungen notwendig wären, wird das Votum des zum Protektionismus neigenden Blocks der EU-Mitgliedstaaten unter der Führung Frankreichs an Gewicht gewinnen. Im Gegenzug verringert sich mangels britischer Beteiligung an den EU-Verhandlungen das Gewicht des Votums der eher auf Freihandel setzenden Blöcke mit Benelux, den nordischen Staaten und Deutschland.
Ähnlich wie die Haltung zu UK-Aktien dürften exportorientierte Dividendenzahler die am stärksten defensive Positionierung in Europa darstellen.
Anleihen und Währungen