Geldpolitische Herausforderung: den optimalen Punkt treffen

Die Experten von Standard Life Investments sehen nur wenig Anzeichen für eine starke Verlangsamung der weltweiten Wirtschaftstätigkeit. Gemäss ihrer Prognose wird die Weltwirtschaft leicht über ihrem Potenzial wachsen.

11.09.2017, 10:02 Uhr

Redaktion: jog

Die globale Wirtschaftstätigkeit erhielt in den letzten zwölf Monaten belebende Einwirkungen. Unterstützt wurde der Aufschwung durch starke politische Impulse für 2016 in China, die moderate Erholung der Rohstoffpreise, den weltweiten Lageraufbau und unterstützende monetäre und finanzielle Bedingungen in den Industrieländern. Obwohl die meisten dieser Faktoren jetzt beginnen schwächer zu werden und eine weitere Beschleunigung der Wirtschaftstätigkeit in den kommenden Quartalen unwahrscheinlich ist, gibt es nur wenige Anzeichen in den jüngsten harten und weichen Daten, dass eine starke Verlangsamung bevorsteht. Entsprechend lautet die Prognose von Standard Life Investments (SLI), dass die Weltwirtschaft bis ins Jahr 2019 leicht über ihrem Potenzial wachsen wird. Wenn die Konjunkturprognosen von SLI stimmen, wird sich die Lage auf den Arbeitsmärkten in den nächsten 12 Monaten generell verschärfen. Die freien Kapazitäten in den USA, Deutschland und Japan werden dann voraussichtlich voll ausgeschöpft sein. Dennoch geht SLI weiterhin davon aus, dass sich die zugrundeliegende globale Inflation in diesem Zeitraum nur leicht erhöhen wird. Dies bestätigt die Analyse von SLI, dass nach wie vor eine moderate globale Produktionslücke besteht, dass die Übertragung einer Flaute auf die Inflation schwächer und langsamer verläuft als in der Vergangenheit und dass sektorspezifische strukturelle Faktoren die Inflation unabhängig vom Konjunkturzyklus belasten.

Die Folge ist, dass sich der Inflationsdruck wahrscheinlich nicht schnell genug aufbauen wird, um die Zentralbanken zu einer raschen politischen Straffung zu zwingen, welche den Aufschwung bedrohen würde. Der Höhepunkt der Stimuluspakte liegt jedoch hinter uns. Die grosse Unbekannte ist, dass sowohl die US-Notenbank als auch die Europäische Zentralbank (EZB) kurz vor einer datenunabhängigen Änderung ihrer Bilanzpolitik stehen, die bis Ende 2018 zu einem Rückgang des annualisierten Umfangs ihrer Anleihenkäufe um 2 Billionen US-Dollar führen wird. Gleichzeitig wird der chinesische Kreditimpuls ebenfalls zurückgefahren. Es wird erwartet, dass sich das globale Wachstum mittlerweile selbsttragend genug entwickelt, um diesen Rückgang der globalen Liquiditätsversorgung zu bewältigen. SLI anerkennt jedoch die Unsicherheiten sowohl für die Wirtschaft als auch für die Finanzmärkte. Die Unsicherheiten bestehen insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Kerninflationsrate in den meisten Volkswirtschaften immer noch deutlich unter dem Ziel liegt, die Gesamtverschuldung der öffentlichen und privaten Haushalte sehr hoch ist und die geopolitischen Risiken überdurchschnittlich bleiben. Folglich müssen die Leitzinsen nach der Meinung von SLI noch sensibler auf Veränderungen der makroökonomischen Rahmenbedingungen reagieren. Und weder die US-Notenbank noch die EZB dürften in der Lage sein, die Leitzinsen so schnell und so stark anzuheben, wie sie es sich erhoffen.

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