Stewardship als zentrales Instrument verantwortungsbewusster Investoren

Wie nehmen Vermögensverwalter und institutionelle Anleger Ihre Rechte als Aktionäre wahr? (Bild: Adobe Stock)
Wie nehmen Vermögensverwalter und institutionelle Anleger Ihre Rechte als Aktionäre wahr? (Bild: Adobe Stock)

Wie wird der 2023 veröffentlichte Swiss Stewardship Code wirklich gelebt in der Schweiz? Die Asset Management Association Switzerland (AMAS) und die Principles for Responsible Investment (PRI) ziehen eine Zwischenbilanz.

11.12.2025, 10:54 Uhr
Asset Management | Regulierung

Redaktion: asc

Stewardship gilt heute als zentrales Instrument verantwortungsbewusster Investoren. Durch aktives Abstimmungsverhalten, gezielte Unternehmensdialoge und politische Einflussnahme sollen Risiken reduziert, Nachhaltigkeitsziele vorangetrieben und langfristige Werte geschaffen werden. So die Theorie.

Doch wie werden die Ziele, welche im Swiss Stewardship Code festgehalten sind, umgesetzt? Was sind die Herausforderungen? Welche Maßnahmen haben sich bewährt? Diesen Fragen sind AMAS und PRI nach der Veröffentlichung des Swiss Stewardship Codes 2023 in Workshops nachgegangen. Die Teilnehmer tauschten sich dabei über praktische Herausforderungen aus – von der Stimmrechtsausübung über individuelles und kollaboratives Engagement bis hin zu Eskalationsstrategien.

Transformation dank aktiven Investoren

Die entsprechende Publikation «Swiss Stewardship in Practice» fasst nun die wichtigsten Erkenntnisse zusammen. AMAS-CEO Adrian Schatzmann betont darin, dass die Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft nur gelingen könne, wenn Investoren und Unternehmen kontinuierlich miteinander kommunizieren. Stewardship sei kein Nebengeschäft, sondern ein zentrales Instrument, um Unternehmensverhalten mit langfristigen Nachhaltigkeitszielen in Einklang zu bringen.

Auch PRI-CEO Allen-Ratzlaff bezeichnet effektives Stewardship – also informiertes Abstimmen, gezieltes Engagement und konstruktiven Politikdialog – als entscheidende Kompetenz für Investoren, die langfristige Werte erhalten und mehren wollen. Deshalb bemängelt sie, dass Schweizer Vermögensverwalter ihre Stewardship-Aktivitäten zwar rasch ausbauen würden, doch die wertvollsten Erkenntnisse oft in Sitzungszimmern und Konferenzsälen hängen blieben.

Dialog und Einflussnahme

Die Publikation enthält 14 Fallstudien, welche die Einflussnahmen durch Stewardship dokumentieren. So baute etwa Zurich Invest, der Asset-Management-Arm der Zurich Insurance Group, baute ab 2024 ein systematisches Stewardship-Programm auf und führt heute Dialoge mit über 500 Unternehmen allein in Schwellenländern und Asien. Externe Vermögensverwalter sind seither verpflichtet, im Rahmen ihres Mandats einen zielorientierten Dialog mit den Portfoliounternehmen zu führen und ESG-Diskussionen zu nutzen, um die Praktiken zu verbessern und letztlich höhere langfristige Renditen zu erzielen.

Parallel dazu beteiligt sich Zurich Invest am internationalen Engagement-Pool von Institutional Shareholder Services (ISS), indem es seine Beteiligungen mit denen anderer Investoren bündelt, um seinen Einfluss zu vergrössern und einen strukturierten dreistufigen Engagement-Prozess zu verfolgen. Schliesslich arbeitet die Zurich Insurance Group seit mindestens zwei Jahren direkt mit kohlenstoffintensiven Unternehmen und im Rahmen von Initiativen wie Climate Action 100+ und der Net-Zero Asset Owner Alliance zusammen, um die Verabschiedung wissenschaftlich fundierter Emissionsziele voranzutreiben.

Individuelles Engagement

Das Engagement von Investoren ist eines der zentralen Prinzipien im Bereich der Stewardship: Es umfasst verschiedene Arten von Aktivitäten, an denen Vermögensverwalter, Vermögensinhaber und Dienstleister beteiligt sein können. Die Banque Cantonale Vaudoise (BCV) etwa wählte einen pragmatischen Ansatz: Bei Anlageklassen, auf die die BCV Einfluss hat, wird der direkte Dialog genutzt. Bei anderen Anlageklassen, auf die die BCV nur begrenzten Einfluss hat und für die erhebliche interne Ressourcen erforderlich wären, wird der Dialog an einen Dienstleister delegiert. Der Dialog wird durch die Teilnahme an Kooperationsinitiativen ergänzt.

Stimmrechte als Hebel

Die Ausübung von Stimmrechten wird als einer der wirkungsvollsten Stewardship-Mechanismen beschrieben. Auch hier zeigt ein Beispiel, in diesem Fall die LGT Private Bank, wie dies im Alltag gehandhabt werden kann. Und wieso, trotz der Delegation an einen Dienstleister, die eigene Analyse wichtig bleibt. Im Fall von Tesla stimmte die LGT Private Bank an der Generalversammlung 2024 gegen die Sitzverlegung nach Texas, da das dortige Wirtschaftsgericht keine entsprechende Erfahrung aufweist. Dabei folgte die LGT nicht den Vorschlägen ihres Stimmrechtsverwalters ISS, sondern stimmte nach Abwägung der Risiken gegen den Antrag des Tesla-Boards.

Was, wenn der Dialog nicht fruchtet?

Der Bericht, der von AMAS und PRI veröffentlicht wurde, beschreibt auch, wie einzelne Asset Manager bei erfolglosem Dialog eskaliert haben. Dabei zeigt sich, dass Eskalationen keinem mechanischen Prozess folgen und fallweise anders gelagert sein können. Zudem hängen Eskalationsmöglichkeiten auch von der Assetklasse ab. Klar scheint, dass sich besonders kleinere Investoren zusammenzuschliessen sollen, um so ihre Kräfte zu bündeln. An erfolgreichen Beispielen, wie Konflikte erfolgreich eskaliert wurden, fehlt es auch nicht. So reichte Inyova gemeinsam mit einer US-Ordensgemeinschaft zwei Aktionärsanträge bei Netflix zur Geschlechtergleichstellung ein – diese wurden zwar wiederholt an den Generalversammlungen abgelehnt, hielten das Thema aber auf der Investorenagenda – und generierten Schlagzeilen.

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