Schwellenländer kommen schneller aus der Krise

14.04.2009, 14:37 Uhr

Die Schwellenländer werden schneller aus der Krise kommen als die Industriestaaten. Zu diesem Ergebnis kommt Pioneer Investments in einer aktuellen Studie.

„Die Volatilität geht zurück, die Spreads verringern sich und die Geldströme fliessen wieder in Emerging Equities“, erklärt John Pollen, Head of Emerging Markets Equity bei Pioneer Investments. Die Anleger hätten erkannt, dass es unsinnig sei, alle Länder über einen Kamm zu scheren und auch Volkswirtschaften mit soliden Bilanzen und Bankensystemen abzustrafen. Bereits seit dem Tiefpunkt im Oktober 2008 entwickelten sich zahlreiche Schwellenländer-Börsen deutlich besser als Wall Street und Co., gleichwohl gebe es auch dort länderspezifische Unterschiede. Pollen analysierte die wichtigsten Schwellenländer und erklärt, warum sich die Länder unterschiedlich entwickeln.

China

Für China ist der Experte positiv gestimmt, wie er im nachfolgenden Interview ausführt. Die chinesische Politik habe sehr schnell und bestimmt auf die Krise reagiert. 585 Milliarden US-Dollar beträgt das Konjunkturpaket. Es wurde bereits im November auf den Weg gebracht. „Im Gegensatz zu anderen Regierungen haben die Chinesen damit ihr Pulver aber noch nicht verschossen“, erklärt Pollen. Die Binnenkonjunktur des bevölkerungsreichsten Landes sieht er als grosses Plus der Wirtschaft, da sie das Land unabhängiger von Exporten mache. Für anstehende Investitionen in die Infrastruktur nutzte China die niedrigen Weltmarktpreise, um sich günstig mit Öl und Metallen wie Kupfer und Eisenerz einzudecken.

Russland

Positives Momentum in Russland sieht Pollen aufgrund einer Lockerung der Geldpolitik. Wichtig sei zudem der leichte Anstieg des Ölpreises, da die russische Wirtschaft stark vom Ölgeschäft abhänge. Im März kletterte der Ölpreis wieder über die 45-Dollar-Marke, da die Märkte sich wieder mehr an der Angebots- als an der weiterhin schwachen Nachfrageseite orientierten. Nach Ansicht von Pollen werden Aktien der Ölkonzerne Lukoil und Rosneft dadurch wieder attraktiver. Der private Konsum hingegen dürfte sich leicht abschwächen, wenn auch von einem sehr hohen Niveau, so Pollen.

Indien

Etwas unklarer stellt sich die Lage laut Pollen in Indien dar: Die anstehenden Wahlen und die wachsende Instabilität in Pakistan sorgen für Unsicherheit. Am 16. April beginnen die Wahlen zum Unterhaus, danach sollte sich die Situation wieder stabilisieren. Wenn wie erwartet der Binnenkonsum anziehe, könnten sich Aktien indischer Unternehmen wie Konsumgüter-Hersteller Hindustan Unilever und Zweirad-Hersteller Hero Honda dann sehr gut entwickeln.

Chinesen haben ihr Pulver noch nicht verschossen

Kurzinterview mit John Pollen, Head of Emerging Markets Equity bei Pioneer Investments

Herr Pollen, in welchem Land erwarten Sie kurzfristig eine besonders positive Entwicklung?

Unter den Emerging Markets deutet sich vor allem in China eine positive Entwicklung an. In diesem Jahr wird es dort wahrscheinlich ein Wachstum von mindestens sechs Prozent geben. Die chinesische Regierung rechnet sogar mit acht Prozent.

Was sind die Gründe?

Es ist ein verbreiteter Irrtum, dass China wie andere asiatische Länder abhängig vom Export ist. Exporte machen nur ein Drittel des chinesischen Bruttosozialprodukts aus.

Inlandsinvestitionen und Inlandskonsum sind die Haupttreiber des Wirtschaftswachstums. Insofern kann China auch bei einer schwachen globalen Konjunktur wachsen. Zudem unterstützt die chinesische Regierung die Wirtschaft mit zahlreichen Initiativen. So wurden die Steuern für den Kauf kleiner Autos gesenkt, was dazu führte, dass die Zahl der Neuwagenverkäufe im Februar um ein Viertel anstieg. Steuern auf Exporte sollen komplett gestrichen werden.

Wer profitiert von dem 585 Milliarden Dollar schweren Konjunkturpaket der chinesischen Regierung?

Profitieren werden die Sektoren Eisenbahn, Landwirtschaft und Energie, Transport auf Strasse und Wasser, öffentlicher Wohnungsbau und Gesundheit. Vor allem im Schienenverkehr gibt es einen grossen Bedarf an Investitionen. Aktuell wickeln chinesische Firmen ein Viertel des weltweiten Schienenverkehrs ab – mit nur sechs Prozent der Streckenlänge.

Wie sehen Sie die Investmentmöglichkeiten in China?

China ist eine der am schnellsten wachsenden Ökonomien weltweit. Das Land verfügt über einen guten Mix an Unternehmen und wir sehen aktuell Chancen bei konsumorientierten Firmen, Banken und Versicherungen. Wir bevorzugen dabei Unternehmen, die den Binnenmarkt bedienen. Kurzfristige Wachstumsaussichten sind zwar wie im Rest der Welt schwer zu bestimmen. Im Gegensatz zu anderen Regierungen haben die Chinesen ihr Pulver aber noch nicht verschossen, sollte es zu einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage kommen.

John Pollen leitet als Head of Emerging Markets Equity ein auf Schwellenländer spezialisiertes Team aus Portfoliomanagern und Analysten. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Branchenerfahrung und war vor seiner Zeit bei Pioneer Investments unter anderem bei der Standard Bank of South Africa in Johannesburg als Portfoliomanager tätig. Der Ökonom begann seine Karriere bei Barings Asset Management für die er in London und Tokio tätig war.

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