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"Die Rolle des Finanzsektors ist für den Klimaschutz entscheidend"

Alexandre Sauterel von La Financière de L’Echiquier (LFDE): "Transparenz ist die beste Waffe gegen Greenwashing." (Bild: PD)
Alexandre Sauterel von La Financière de L’Echiquier (LFDE): "Transparenz ist die beste Waffe gegen Greenwashing." (Bild: PD)

Klimawandel und Verlust von Biodiversität schreiten rasch voran. Den unheilvollen Trend zu stoppen bedarf dringender Massnahmen. "Noch ist Zeit zu handeln", sagt Alexandre Sauterel, Länderchef Schweiz des Vermögensverwalters La Financière de L'Echiquier (LFDE), ein Pionier für Impact Investments in Frankreich. Aber die Finanzbranche müsse – und könne – ihre Anstrengungen verstärken.

05.10.2022, 14:36 Uhr
Nachhaltigkeit

Redaktion: hf

Herr Sauterel, wir hatten dieses Jahr erneut einen der heissesten Sommer seit Beginn der Temperaturmessung. Dürren, Waldbrände und die Zerstörung von Pflanzen und Tieren infolge menschlicher Aktivitäten gehen Hand in Hand. Wie beurteilen Sie die Chance, dass wir die Lebensgrundlagen für die kommenden Generationen erhalten können?

Alexandre Sauterel: Die Klimamaschine spielt verrückt und die Zerstörung der biologischen Vielfalt beschleunigt sich. Doch es ist noch Zeit zu handeln. Der dritte Bericht des IPCC im April hat es noch einmal deutlich gemacht: Wir verfügen über die notwendigen Instrumente und das Know-how, um die globale Erwärmung zu begrenzen. Bei LFDE haben wir diese Herausforderungen aufgegriffen und 2021 eine ehrgeizige Corporate Climate & Biodiversity-Strategie verabschiedet, die das Leben unseres Unternehmens betrifft und einen Rahmen für unsere Impact-Fonds vorgibt.

Der Green Deal der EU umfasst unter anderem die Umweltziele Klimaschutz und Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen. Welche Rolle spielten der Finanzsektor und die Asset-Management-Branche im Besonderen zur Erreichung der Ziele?

Alexandre Sauterel: Es sind die Investitionen von heute, die die Welt von morgen gestalten. Der Green Deal hat den Vorteil, dass er die Kapitalströme auf die Erreichung der CO2-Neutralität bis 2050 lenkt. Die Rolle des Finanzsektors ist entscheidend, um sie in die verantwortungsvollsten Unternehmen zu lenken. Während das Pariser Abkommen die Erkenntnis gebracht hat, dass der Klimawandel ein systemisches Risiko für die Finanzstabilität darstellt, muss die Weltwirtschaft auch die Kosten der Zerstörung natürlicher Ökosysteme einkalkulieren. Das Weltwirtschaftsforum schätzt, dass 50% des weltweiten BIP von der Biodiversität abhängen. Das Thema ist komplex, weshalb sich LFDE mit Experten umgibt und Les Rencontres Climat & Biodiversité organisiert, um den Dialog zwischen Investoren und Unternehmen zu nähren und den Austausch von Best Practices anzuregen.

Wo sehen Sie Handlungsbedarf in der Finanzbranche in Bezug auf Klimawandel und biologische Vielfalt?

Alexandre Sauterel: Die Vermögensverwaltungsbranche setzt sich aktiv für den Klimaschutz ein und muss ihre Anstrengungen zur Bekämpfung des Rückgangs der Biodiversität, einer verwandten und ebenso dringlichen Herausforderung, verstärken. Nur 3% des verwalteten Vermögens im Bereich Impact Investing bzw. 3,2 Mrd. US-Dollar sind auf die biologische Vielfalt ausgerichtet. Es besteht dringender Bedarf an weiteren Sensibilisierungsmassnahmen, um das Kapital in Unternehmen zu lenken, die wirklich positive Auswirkungen auf den Schutz der Biodiversität haben.

Wie kann biologische Vielfalt ins Asset Management integriert werden?

Alexandre Sauterel: Die Bewältigung dieser Herausforderung erweist sich als komplex, vor allem aufgrund der Menge und Qualität der verfügbaren Daten. Wir begleiten Unternehmen, um ihnen zu helfen, besser zu berichten, und tragen zu kollaborativen Initiativen bei, um das Bewusstsein der Akteure zu schärfen. Laut IPBES, der Intergovernmental Platform on Biodiversity and Ecosystem Services der Uno, könnten 80% der SDGs – der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung – nicht erreicht werden, wenn sich die Biodiversität weiter verschlechtert.

Die EU-Taxonomie-Verordnung ist das zentrale Regelwerk zur Erreichung der Klimaziele in der EU. Wie beurteilen Sie die Relevanz des Regelwerks für den Kapitalmarkt?

Alexandre Sauterel: LFDE betrachtet die EU-Taxonomie als eine Chance und eine Pflicht gegenüber den Vermögensinhabern. Sie kann als neutrales Instrument zum Vergleich des Engagements von Unternehmen genutzt werden und könnte zu einem Unterscheidungsmerkmal unter den Fonds werden, auch wenn viele Aspekte ihre Umsetzung erschweren: methodologische Unterschiede, zeitliche Verschiebungen zwischen den Reportings über die Förderfähigkeit von Investoren und Unternehmen. Wir sind der Ansicht, dass Vermögensverwaltern eine wichtige Rolle bei der Begleitung von Unternehmen zukommt.

Greenwashing ist immer wieder in den Schlagzeilen. Berechtigt? Braucht es noch mehr Regulierung?

Alexandre Sauterel: Nein, der regulatorische Tsunami begräbt bereits Unternehmen und Investoren unter sich, auch wenn nur wenige Initiativen gegen das Greenwashing vorgehen. Die Net-Zero-Asset-Manager-Initiative forderte ihre Unterzeichner 2021 auf, ihre Klimaschutzverpflichtungen durch quantifizierte Ziele und die Wahl eines Referenzszenarios als gemeinsame Grundlage zu konkretisieren. Für uns sind eine transparente Berichterstattung, die über die Einhaltung der Vorschriften hinausgeht, und Klarheit die besten Waffen gegen Greenwashing. Deshalb sind zum Beispiel unsere Wirkungsberichte auf unserer Website frei zugänglich und werden mit unabhängigen Experten erstellt.

Was sind mittelfristig die wichtigsten Massnahmen, die LFDE gegen den Klimawandel und für die biologische Vielfalt umsetzt?

Alexandre Sauterel: Unsere Klima- und Biodiversitätsstrategie versucht, Kunden und Unternehmen zu mobilisieren. Es ist zwingend notwendig, möglichst viele Menschen zu sensibilisieren. Der Wirkungsbericht zu dieser Strategie stellt eine Bestandsaufnahme der eingesetzten Massnahmen dar und berichtet über die Klima- und Biodiversitätsperformance unserer Fonds. Um unsere Exposition gegenüber Klimarisiken besser zu kontrollieren, messen wir ab 2021 die physischen und Übergangsrisiken der SRI (Socially Responsible Investment)-Fonds und bis Ende 2022 auch aller anderen Fonds. Der Echiquier Climate & Biodiversity Impact Europe versucht, alle Sektoren an Bord zu holen, um den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu beschleunigen. Wir begleiten alle Sektoren, einschliesslich derer, die von traditionellen Klimafonds oft aussen vor gelassen werden, um den Übergang von Sektoren mit den höchsten Treibhausgasemissionen zu beschleunigen. La Financière de L'Echiquier hat sich im Rahmen des Finance for Biodiversity Pledge, einer Vereinbarung von über 100 Finanzinstitutionen weltweit, verpflichtet, bis 2024 Biodiversitätskriterien in ihre Analysen einzubeziehen, die Auswirkungen all ihrer Investitionen zu messen und diese transparent zu veröffentlichen. Wir werden unsere Verpflichtungen noch weiter intensivieren.

LFDE bezeichnet sich als Pionier für börsennotierte Impact-Investments. Welche Rolle spielt für Sie Engagement bei den Unternehmen und wie setzen Sie es um?

Alexandre Sauterel: LFDE ist ein Pionier im Bereich der börsennotierten Impact Investments in Frankreich und hat 2017 einen ersten Impact-Fonds aufgelegt. Wir sind davon überzeugt, dass Engagement dazu beiträgt, das Risiko unserer Investitionen besser zu verstehen und zu reduzieren. Unsere Impact-Doktrin umfasst die systematische ESG-Analyse der Emittenten, die der Investition vorausgeht. Die von den Unternehmen unternommenen Anstrengungen werden im Laufe der Zeit verfolgt und die Ausübung der Stimmrechte durch alle Manager erfolgt systematisch für die in den Impact-Portfolios enthaltenen Werte.

Was sind Ihre Anforderungen an transparente Unternehmensberichterstattung?

Alexandre Sauterel: Transparenz ist für LFDE König. Wir legen unsere Methoden klar dar und berichten transparent. Wir veröffentlichen jedes Jahr Wirkungsberichte, die auf unserer Website frei zugänglich sind. Sie sind als Referenzen auf dem Pariser Marktplatz anerkannt.

Wie erreichen Sie dieses Anlageziel bzw. was sind die Anforderungen an die Unternehmen im Portfolio?

Alexandre Sauterel: Die ESG- und Finanzanalyse wird um einen Impact-Filter ergänzt, der die Berücksichtigung von Biodiversitätsthemen einbezieht. Es wurden zwei SDGs hinzugefügt, die sich auf das Wasser- und Landleben beziehen, um den positiven Nettobeitrag eines Unternehmens zur Biodiversität zu messen. Wir konzentrieren uns auf drei Profile: Unternehmen, die konkrete Lösungen anbieten, auf Pionierarbeit, die einen systemischen Effekt aufs Ökosystem haben kann, und Unternehmen, die ihren Übergang einleiten, den das Managementteam begleitet.

Können Sie Beispiele von Unternehmen nennen, die Akteure des Wandels bzw. nachhaltige Pioniere sind, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen und gleichzeitig auch den Erhalt der Biodiversität fördern?

Alexandre Sauterel: Unternehmen, die sich für die Bekämpfung der Plastikverschmutzung der Ozeane einsetzen, die das Klima der Erde regulieren, wie Alfa Laval und Corbion – letztere entwickelt einen biologisch abbaubaren Kunststoff aus Zucker – tragen zu beiden Zielen gleichzeitig bei. Oder SCA: Der grösste Waldbesitzer Europas, bewirtschaftet seine Wälder verantwortungsvoll und verringert die Einschlagsgebiete, wenn dort bedrohte Tiere leben.

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