Die Investoren blenden den demografischen Wandel aus

Bill Gross, Fondsmanager und Anlagestratege des Asset Managers Janus Capital
Bill Gross, Fondsmanager und Anlagestratege des Asset Managers Janus Capital

Das steigende Alter der Bevölkerung wird in vielen Industrieländern zu Preisverwerfungen an den Finanz- und Gütermärkten sowie zu finanziellen Belastungen führen. Gemäss Bill Gross können diese weder von den staatlichen noch von privaten Altersvorsorgeeinrichtungen aufgefangen werden. Investoren sollten daher damit beginnen, ihr Portfolio stärker in Schwellenländer zu investieren.

03.02.2016, 09:34 Uhr

Redaktion: sif

Zu dieser Einschätzung kommt Bill Gross, Fondsmanager und Anlagestratege des US-amerikanischen Asset Managers Janus Capital, in seinem aktuellen Investmentausblick. Der demografische Wandel wird zwar nicht das alleinherrschende Thema an den Finanzmärkten sein, aber er wird die Höhe der Erträge, die dort zu erzielen sind, über Jahrzehnte hinweg massgeblich beeinflussen, sagt Gross. Dies werde solange gehen, bis der Boomer-Effekt, also der starke Anstieg der Geburtenrate in den Fünfziger- und Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts, auslaufe.

Grundsätzlich überaltert die Bevölkerung rund um den Globus. Von diesem Phänomen sind Industrieländer wie etwa Japan oder Italien tendenziell stärker betroffen als die Schwellenstaaten, von denen einige wie beispielsweise Indien eine vergleichsweise junge Bevölkerung haben. Ältere Menschen benötigen mehr Pflegedienstleistungen und verursachen höhere Gesundheitskosten als ein Neugeborenes, auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick nicht so aussieht, sagt Gross. Mit dem demografischen Wandel komme auf Industrieländer wie die USA erhebliche finanzielle Belastungen zu. Fakt ist, dass die USA derzeit ausstehende Schulden in der Höhe von insgesamt rund 16 Billionen US-Dollar haben. Das entspricht ungefähr 100 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Dazu kommen zum jetzigen Zeitpunkt die finanziellen Verpflichtungen der staatlichen Renten- und Sozialversicherungen und die Kosten für die Gesundheitsversorgung einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen, rechnet Gross vor. Alles in allem noch einmal 66 Billionen Dollar oder weitere 400 Prozent des Sozialproduktes wir sind pleite, ohne es zu wissen. Er erkenne zwar, dass sich einige Politiker für staatliche Haushaltsdisziplin und einen geringeren Anstieg oder sogar einen kompletten Stopp der Neuverschuldung einsetzen. Doch das sei keine wirkliche Lösung. Eine Begrenzung der laufenden Neuverschuldung hilft wenig bei etwas, dass unter dem Strich ein demografisches und kein finanzielles Problem ist, sagt der Janus-Experte.

Die nächste Generation trägt bereits Verantwortung

Die zukünftige Gesundheitsversorgung der alternden Boomer-Generation muss von den heutigen Millenials und Ärzten, die erst noch geboren werden müssen, geleistet werden. Wir können ihre heutige Energie nicht für zukünftige schlechte Zeiten speichern. Gleiches gilt für die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Transportdienstleistungen und Unterhaltung diese und einige andere Sachen müssen von zukünftigen Generationen getragen werden. Gross verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass in zehn Jahren in den USA auf eine Arbeitskraft rein rechnerisch 35 Rentner kommen werden, wobei es heute 25 Rentner sind. Das Problem, das daraus resultiert, können weder ein privat aufgebauter Kapitalstock noch die staatlichen Rentensysteme lösen, so Gross. Auf dem Papier könne man zwar mit den dort angesparten Vermögenswerten Waren und Dienstleistungen kaufen. Der zukünftige Wert beziehungsweise Preis werde jedoch an der kommenden Nachfrage angepasst. Die verfügbare Menge steht in einer abhängigen Funktion zur verfügbaren Arbeitskraft und dem Preis, der dann dafür verlangt wird, führt Gross aus. Die Preise für die Versorgung der Älteren werden letztendlich inflationieren und übersteigen auf Dauer die finanziellen Mittel, die in privaten Vorsorgeeinrichtungen und der staatlichen Rentenversicherungen dafür zur Verfügung stehen. Eine höhere Produktivität wird oftmals als Lösung genannt, so der Investmentexperte, doch Tatsache ist, dass der Anstieg des Produktivitätszuwachses seit einigen Jahren abnimmt. Mehr Babys wären auch eine Möglichkeit, das Ruder rumzuwerfen. Aber im Moment sieht es eher so aus, als gehe der Trend in die andere Richtung.

Investoren empfiehlt Gross vor diesem Hintergrund, mit dem Kauf inflationsindexierter US-Staatsanleihen langfristig auf einen Anstieg des Preisniveaus zu setzen und Anleihen mit fixem Coupon zu meiden. Auf der Aktienseite sollte vor allem der Gesundheitsbereich profitieren, während Unternehmen aus dem Finanz- und Versicherungssektor eher vor Belastungen stehen, so Gross.

Lesen Sie hier den vollständigen Bill Gross Investment Outlook January (PDF auf Englisch).

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