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Konsumaktien: Wo die Kassen weiter klingeln

Das Objekt der Begierde: Die Birkin Bag von Hermès geht zu einem fünfstelligen Betrag über den Ladentisch. (Foto Tony Neil Thomson/Shutterstock)
Das Objekt der Begierde: Die Birkin Bag von Hermès geht zu einem fünfstelligen Betrag über den Ladentisch. (Foto Tony Neil Thomson/Shutterstock)

Während der Einzelhandel unter dem Kaufkraftverlust der Konsumenten leidet, läuft zum Beispiel das Luxussegment weiterhin gut. Moritz Rehman, Fondsmanger bei DJE Kapital wirft einen genaueren Blick auf den Sektor.

08.11.2022, 15:02 Uhr

Redaktion: cwe

Wenn Energiepreise explodieren, die Konsumentenstimmung sinkt und Mitarbeiter nur schwer zu bekommen oder zu halten sind, ist dies für viele Branchen und Unternehmen ein toxischer Cocktail. Vor allem für den Einzelhandel, der ohnehin schon seit einigen Jahren mit der Abwanderung des Konsums ins Internet zu kämpfen hat, bedeutet das aktuelle Marktumfeld eine gewaltige Herausforderung, wie aktuell in Deutschland das erneute Schutzschirmverfahren der Warenhauskette Galeria zeigt. "Zwar haben viele Betriebe aus der Corona-bedingten Unterbrechung der Lieferketten gelernt, indem sie ihre Lagerbestände erhöht haben, um erneuten Lieferschwierigkeiten zu entgehen", sagt Moritz Rehman, Fondsmanager des DJE Multi Asset & Trends, "doch jetzt treffen ausgerechnet in der umsatzstärksten Zeit des Jahres gefüllte Lager wie etwa bei den Sportartikelherstellern Adidas und Nike auf eine schwindende Konsumlaune. Dies drückt auf die Preise und erst recht auf die Margen."

Positiv zu erwähnen sei hingegen, dass die Beschäftigungssituation sowohl in den USA als auch in Europa nach wie vor gut ist und dass die Konsumenten vor allem in den USA tendenziell weiter auf hohe Ersparnisse im Vergleich zu vor der Corona-Pandemie zurückgreifen können. Die US-Firma TJX (TJ Maxx beziehungsweise TKMaxx in Europa) kämpft sich derzeit gut durch die Krise. "Viele Konsumenten, die auch künftig nicht auf Markenprodukte verzichten wollen, werden sich vermehrt bei Sonderposten-Händlern wie TJX umsehen, um ihre Ausgaben zu reduzieren", ist Rehman überzeugt.

Konsolidierung und Konzentration

Die überwiegende Mehrzahl der grossen, börsennotierten Konzerne dürfte es ebenfalls vergleichsweise gut durch die aktuelle Krise schaffen. Die Grossen werden grösser beziehungsweise grösser werden müssen. Ein Onlineshop – sofern dieser nicht stark spezialisiert ist – werde es immer schwerer haben, unter 100 oder 150 Mio. Euro Jahresumsatz überhaupt profitabel wirtschaften zu können. Laut einer Aufstellung, die der Nachrichtensender n-tv erst jüngst veröffentlicht hat, steigt der Umsatzanteil der zehn grössten Onlineshops weiter. So landen inzwischen 41% der Umsätze bei den Top 10: Amazon, Apple, Doc Morris, H&M, Ikea, Lidl, Media Markt, Otto, Saturn und Zalando (in alphabetischer Reihenfolge laut EHI Retail Institute).

China: Ein wichtiger, aber schwieriger Markt für Sportartikelhersteller

In China ist es für den Absatz von Lifestyleartikeln essenziell, mit den richtigen Influencern und Testimonials im Markt präsent zu sein, um auf Plattformen wie TikTok die wichtigen Zielgruppen zu erreichen. "Aber daran hapert es, da sich viele chinesische Influencer in einem Klima politischen Drucks offenbar sehr schwertun, wieder für westliche Konzerne zu werben", sagt Rehman. Nike konnte den Rückgang noch etwas besser abfangen als Adidas, da Performance und Events stärker im Marketingfokus liegen. Aber auch Nike konnte an das Momentum, das vor der politischen Diskussion bestand, noch nicht wieder anknüpfen.

Von den Problemen der westlichen Sportartikelhersteller Adidas und Nike könnten dagegen lokale Wettbewerber profitieren, darunter vor allem Anta Sports. Mit seinem im mittleren Preissegment angesiedelten Sortiment, das mit der lokalen Marke unter anderem den aktuellen Zeitgeist trifft, konnte Anta in den vergangenen Quartalen signifikante Marktanteilsgewinne erzielen. Zudem profitierte Anta auch von einer besseren Sortiment-Verfügbarkeit, da hauptsächlich in China produziert wird und somit Lieferengpässe nicht gravierend waren.

Luxus: Auf die Marke kommt es an

Der Markt für Luxusartikel verzeichnet anhaltend starke Wachstumsraten, als gäbe es keine Krise. Gefragt sind vor allem Ledertaschen sowie Schmuck. Der Umsatz des französischen Luxuswarenkonzerns LVMH in der Sparte Mode und Lederwaren, der für den Grossteil des Konzerngewinns verantwortlich ist, stieg weltweit im dritten Quartal um 22%. Vor allem Dior ist ein stark nachgefragtes Label, aber auch «zeitlose» Louis-Vuitton-Taschen verkaufen sich anhaltend gut.

Ebenfalls beliebt ist hochwertiger Schmuck. Renommierte Marken wie Cartier (Umsatz plus 12% im zweiten Quartal beziehungsweise plus 49% im Geschäftsjahr März 2021/22) oder Tiffany (gehört zu LVHM-Sparte Uhren & Schmuck / Umsatzplus der Sparte 16% im dritten Quartal) gewinnen Marktanteile hinzu. Hier kommt es allerdings auf die Marke an: Die Nachfrage konzentriert sich auf die renommierten französischen Luxushäuser wie LVMH, Cartier (gehört zum Richemont-Konzern) und Hermès. "Je höher der Preis, desto besser ist die Nachfrage," stellt Rehman fest.

Hermès ist im oberen Luxussegment angesiedelt und konnte den Umsatz um 24% im dritten Quartal steigern. Besonders stark nachgefragt seien unter anderem «Birkin»-Taschen mit einem meist fünfstelligen Preis. Bei einer Auktion von Christie's wechselte zuletzt sogar ein Modell für 244000 Euro den Besitzer. Auf der Luxusgüterplattform Farfetch muss man laut Rehman für gebrauchte «Birkin»-Taschen immer noch bis zu 97000 Euro bezahlen. Nach dem Erwerb von Yoox NET-A-PORTER sowie einer Partnerschaft mit Alibaba in China etabliert sich Farfetch zu einer der führenden Luxusplattformen in einem noch immer sehr fragmentierten Online-Markt für Luxusgüter.

Das Luxussegment weist für Rehman eine interessante Parallele zu Sportartikeln auf: Auch für dieses Segment ist China ein ausgesprochen wichtiger Markt. Ähnlich wie bereits in einigen anderen Sektoren ist die weitere Branchenentwicklung des Luxussegments davon abhängig, inwieweit sich China auf absehbare Zeit erholen oder inwiefern die aktuelle Krise zu einem Nachfrageeinbruch in Europa oder den USA führen wird.

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