17.06.2014, 15:38 Uhr
Eine aktuelle Studie von Candriam zeigt, wie man mit einem benchmarkfreien Ansatz stabilere Anleiheerträge erzielen kann als mit traditionellen Benchmark-Konzepten.
Die Erholung nach den beiden Dreijahrestendern der Europäischen Zentralbank war nur von kurzer Dauer. Die Konjunkturdaten werden weltweit wieder schwächer. Wird sich 2011 wiederholen?
Die Zeit vergeht, die Probleme bleiben. Vieles erinnert heute sehr an das letzte Jahr. Der Economic Surprise Index ging wie schon letztes Jahr zurück, und die europäische Staatsschuldenkrise verschärfte sich. Vieles ist aus Sicht von Dexia Asset Management aber auch gänzlich anders. Europa steht heute schlechter da, aber die Weltwirtschaft ist stärker. Die Kurse gehen zwar zurück, aber doch recht geordnet; bislang gibt es keine Panik. Dennoch sind die Risikoprämien der riskantesten Wertpapiere deutlich gestiegen. Es handelt sich aber nicht um ein systemisches Problem, denn der Markt differenziert weiter stark zwischen risikoreicheren und weniger risikoreichen Titeln. Auch wenn es paradox erscheint: Laut Dexia Asset Management gibt es keine Hinweise darauf, dass der Markt überverkauft ist zumindest gemessen an der Risikobereitschaft und der Volatilität.
Mit jeder neuen Krise wird die Lage in Europa aber dramatischer. Im Frühjahr befand sich Griechenland im freien Fall. Noch vor zwei Jahren schien ein Austritt Griechenlands undenkbar. Jetzt ist er plötzlich vorstellbar, wenn auch vorläufig nicht besonders wahrscheinlich. Spanien leidet unter einer Bankenkrise, die ohne externe Hilfe nicht zu lösen ist. Die drastischen Sparprogramme werden für politische Krisen, Bankenkrisen und Rezessionen verantwortlich gemacht.
Dazu meint die Anlagestrategin Nadège Dufossé: Der Pessimismus der Anleger könnte sich am Ende als Segen erweisen, denn er ist ein Kontraindikator. Ende Mai 2012 waren die Investoren kaum noch in Aktien investiert, insbesondere in europäische. Die Probleme an den Märkten könnten sogar günstig sein, wenn dadurch schnell zielführende Lösungen gefunden werden.
Wie lange werden die Investoren noch Geduld haben?
Die jüngste Stabilisierung der Finanzmärkte und die anschliessenden Kursgewinne waren einigen beruhigenden Nachrichten zu verdanken, hatten aber auch viel mit Hoffnung zu tun. Die Investoren setzten letztlich auf eine Lockerung der Geldpolitik in China, den USA, Grossbritannien und dem Euroraum. So lange sich die Fundamentaldaten nicht verbessern, bleibt der Markt aber vor allem liquiditätsgetrieben; Liquidität gehört zu den wichtigsten Kurstreibern. Dennoch ist das weltwirtschaftliche Umfeld deutlich besser als im letzten Jahr: Der Rückgang der Inflation in China lässt das Land über eine weitere Lockerung der Geld- und Fiskalpolitik nachdenken. Die amerikanische Notenbank Fed könnte im September entschlossener intervenieren, wenn die drohende Straffung der Fiskalpolitik und das noch immer schwache Beschäftigungswachstum die Wachstumsaussichten zu sehr dämpfen. Der Euroraum würde hingegen neue Massnahmen der EZB benötigen. Seit Dezember 2011 hat die EZB aber bereits gezeigt, dass sie durchaus zu pragmatischerem Handeln in der Lage ist und so das Vertrauen der Investoren gestärkt. Die geldpolitischen Massnahmen kommen für die Märkte in der Regel nicht unerwartet, so dass ihr Anteil am aktuellen Kursanstieg nur schwer zu quantifizieren ist.
Ein nachhaltigerer Kursanstieg würde einen strukturellen Rückgang der Risikoprämien erfordern, insbesondere in Europa. Dies setzt entschlossene Massnahmen gegen die Unsicherheit und die Risiken im Euroraum voraus. Einige der zurzeit erörterten Vorschläge scheinen durchaus interessant, etwa ein Europäischer Tilgungsfonds (ERF), eine Bankenunion und ein europäisches Einlagensicherungssystem. Fortschritte auf dem Weg zu einer Fiskalunion (also zum ERF) oder eine teilweise Aufgabe der nationalen Souveränität mit der Bankenunion als erstem Schritt brauchen aber Zeit. Die Ergebnisse des nächsten EU-Gipfels werden wahrscheinlich enttäuschend sein, jedenfalls für alle, die konkrete Vorschläge erwarten. Nadège Dufossé meint daher: Mit der Klarstellung, dass der Fortbestand des Euroraums allgemein gewünscht wird und einem glaubwürdigen Plan zur Lösung der aktuellen Probleme lässt sich das Vertrauen zurückgewinnen. Die Risikoprämien können dann zurückgehen. Eine Lockerung der Sparauflagen für einige Länder und wachstumsfördernde Massnahmen könnten ebenfalls zu steigenden Kursen führen. Die Lage bleibe aber instabil. Jede grössere Enttäuschung könne zu neuen Spannungen führen, die allerdings der wichtigste Reformmotor in Europa seien. Der Nervenkrieg zwischen den Ländern sorge zusätzlich für Unsicherheit und volatile Märkte.
Ist eine Entkopplung möglich?
Ganz anders sieht es in anderen Regionen aus. Dexia Asset Management erwartet für 2012 eine Entkopplung auf der einen Seite die USA und die Emerging Markets, die wachsen, auf der anderen Seite Europa, das sich grösstenteils in der Rezession befindet. Nadége Dufossé schliesst daraus: Wir bevorzugen andere Regionen die USA, vor allem aus strukturellen Gründen, und China, wo sich die Konjunktur erholen kann.
Für die USA sprechen vor allem strukturelle Gründe. Seit Beginn der Krise hat das Land die Voraussetzungen für zukünftiges Wachstum geschaffen. Der Schuldenabbau ist hier weiter fortgeschritten als in anderen Ländern, und der Immobilienmarkt dürfte seinen Tiefpunkt bald erreicht haben. Die Kostenstruktur ist deutlich wettbewerbsfähiger geworden, so dass sich die Wachstumsaussichten verbessern. Laut Dexia Asset Management besteht kurzfristig allerdings das Risiko einer zu drastischen Straffung der Fiskalpolitik. Neue geldpolitische Massnahmen könnten bei Bedarf aber eine Lösung sein.
In China ist hingegen eine Konjunkturerholung zu erwarten. Die Geld- und Fiskalpolitik wird gelockert, so dass die Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte ihren Wendepunkt erreichen dürfte. Es ist allerdings unklar, ob es dem Land längerfristig wirklich gelingt, seine Binnenkonjunktur zu stärken. Der Staat kann nur begrenzt Konjunkturprogramme auflegen nicht aufgrund fehlender Mittel, sondern wegen des Risikos von Fehlallokationen wie 2008 und 2009.
Attraktiver Einstiegszeitpunkt für Aktien
Nach der Korrektur ist die Bewertungslücke von Aktien gegenüber Anleihen so hoch wie nie. Koen Maes, Leiter Asset-Allokation bei Dexia AM, sagt dazu: Der aktuellen Stressphase, dem Grund für unsere zurzeit leichte Untergewichtung risikobehafteter Wertpapiere, dürfte in unserem Hauptszenario der Tiefpunkt der Risikobereitschaft folgen. Wir gehen aber keine zu offensiven Positionen ein, so lange nicht klar ist, dass in Europa wirklich tragfähige Lösungen gefunden werden.
Dennoch bleiben die Bewertungen sicherer Anlagen für die Investoren ein Risiko. Die Anleihen der Länder mit der höchsten Kreditqualität haben von einer Flucht in die Qualität profitiert. Ihre zurzeit sehr hohen Bewertungen sind in vielen Szenarien ein Risikofaktor. Wenn sich die Lage in Europa weiter verschlechtert, könnten die Risikoprämien von Ländern mit einer hervorragenden Kreditqualität wie Deutschland steigen. Das Land ist bereits jetzt von den Problemen der Peripherieländer betroffen. Im Rahmen von Target 2 haben deutsche Banken schon heute Forderungen von über 700 Milliarden Euro an die EZB. Hinzu kommt, dass eine Fortsetzung der lockeren Geldpolitik in den derzeitigen Renditen bereits weitgehend berücksichtigt ist. Die Renditen könnten also auch dann steigen, wenn sich die Konjunktur verbessert.
Insgesamt bleiben wir zurückhaltend und setzen auf Wachstum meint Maes. Wir bevorzugen ausgewählte Aktien mit hohen Dividenden, die durch die niedrigen Zinsen attraktiver geworden sind. Positiv schätzen wir aber auch Wandelanleihen ein. Ihr Zinsvorsprung ist interessant, und sie partizipieren an einer möglichen Aktienmarkterholung. Ausserdem sind sie attraktiv bewertet.