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Candriam: «Obligationenmärkte scheinen anfälliger für Überraschungen»

Nicolas Jullien, Global Head of Fixed Income bei Candriam. (Bild pd)
Nicolas Jullien, Global Head of Fixed Income bei Candriam. (Bild pd)

«Da sich die Spreads von High-Yield- und Investment-Grade-Anleihen in der Nähe historischer Tiefststände bewegen, wird es immer schwieriger, attraktive Anlagemöglichkeiten am Anleihemarkt zu finden», schreibt Nicolas Jullien, Global Head of Fixed Income bei Candriam.

26.02.2025, 11:09 Uhr
Obligationen

Ende Januar lagen die Anleihemärkte nahezu auf demselben Niveau wie zu Jahresbeginn – wobei sich im Laufe des Monats erhebliche Schwankungen zeigten. Normalerweise würde eine Amtseinführung keine grösseren Turbulenzen verursachen, da politische Pläne in der Regel bekannt sind und eingepreist werden. Nicht so bei der Trump-Regierung. In den Tagen vor Donald Trumps Amtseinführung kündigte er eine Reihe von Zollmassnahmen an. Doch schnell kamen Zweifel an seiner Ernsthaftigkeit auf, was zu einer Erholung der Anleihemärkte führte.

Insgesamt sank die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen um nur 3 Basispunkte, die von deutschen 10-jährigen Papieren stieg um 9 Basispunkte. Damit schnitten Bundesanleihen schlechter ab als italienische, französische und spanische Staatsanleihen – möglicherweise ein Ausdruck der Unsicherheit im Vorfeld der Bundestagswahl. Auch die Kreditmärkte reagierten kaum auf die angedrohten Zölle und die Spreads verengten sich diesseits und jenseits des Atlantiks – sowohl im High-Yield- als auch im Investment-Grade-Bereich. Der MOVE-Index, ein Indikator für die Volatilität der Anleihemärkte, fiel sogar deutlich.

Die Anleger scheinen nach dem Motto «Wir glauben es erst, wenn wir es sehen» zu handeln. Das Fazit von Candriam: «Die Märkte sind derzeit anfälliger für Überraschungen und Risiken.»

Neutral bei US-Anleihen

Trotz der überwiegend negativen Einflussfaktoren hat Candriam US-Anleihen im letzten Monat neutral bewertet. «Denn wir sahen ausreichend Value, um keine Untergewichtung vorzunehmen. Seitdem gab es eine deutliche Rally. Daher ist der Value gesunken, während die übrigen Einflussfaktoren negativ bleiben. Wir haben gesehen, dass die Rally in erster Linie von den realen Renditen ausging. Die Break-even-Werte blieben hartnäckig hoch. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass der Ölpreis stark gefallen ist, wodurch die übliche Korrelation zwischen Öl und Break-even zusammengebrochen ist. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Märkte eine inflationssteigernde US-Politik erwarten, die jedoch – vorübergehend – durch billigere Energie verschleiert wurde», schreibt Jullien.

Das Wirtschaftswachstum bleibe robust, der Konsum stark und der Arbeitsmarkt stabilisiert sich. Die Inflation bleibe recht hartnäckig, obwohl der Kernpreisindex für persönliche Konsumausgaben mit +0,16 Prozent im Monatsvergleich überraschend wenig stieg. «Ein Aspekt, den wir genau beobachten und der die Disinflation unterstützen könnte, ist der Wohnsektor: Die Kosten für Neuvermietungen sind gesunken, was ein Frühindikator für die Mietpreise insgesamt sein kann – und diese sind Bestandteil des Verbraucherpreisindex.»

Die Wachstumsaussichten in der Eurozone bleiben laut dem Experten schwach. Zwar hätten sich die Einkaufsmanagerindizes leicht verbessert. Sie bleiben aber auf niedrigem Niveau. Die Inflation ist nach wie vor rückläufig und Lohnerhöhungen durch Tarifverhandlungen gehören weitgehend der Vergangenheit an. Die Europäische Zentralbank hat die schrittweise Lockerung der Geldpolitik von Sitzung zu Sitzung fortgesetzt, ohne sich zu weiteren Massnahmen zu verpflichten.

Kreditspreads sind eng

Europäische Investment-Grade-Anleihen haben sich weiterhin gut entwickelt und die Spreads liegen, gestützt durch die Geldpolitik der Zentralbanken, nahe ihren historischen Tiefstständen. Die Fundamentaldaten seien stabil und auch technische Faktoren wirken unterstützend. Die Verschuldung von Unternehmen ist in den letzten fünf Jahren gesunken. Obwohl der Zinsdeckungsgrad infolge höherer Zinsen ebenfalls gesunken sei, bleib er auf einem gesunden Niveau. «Wir befinden uns nun im dritten Jahr höherer Zinsen und die durchschnittlichen Zinssätze sind nicht viel niedriger als die Anleiherenditen. Auch das Gewinnwachstum bleibt solide», heisst es dazu.

Für den europäischen High-Yield-Bereich sei Candriam angesichts eines vorübergehenden Anstiegs der Spreads und einer Ausweitung gegenüber Investment-Grade etwas positiver gestimmt. Die Fundamentaldaten seien nach wie vor stabil und annehmbar. Auch technische Faktoren biete Unterstützung angesichts des extrem geringen Emissionsvolumens.

Teure US-Papiere

US-Anleihen sind laut Candriam «in den meisten Bereichen des Qualitätsspektrums teuer.» Trotz dieser hohen Bewertungen sei man mit der marktgewichteten Position in Investment-Grade-Anleihen zufrieden. Dies liege an den hohen Gesamtrenditen und dem Puffer, den dieser hohe Carry gegen eine mögliche Spread-Ausweitung biete. Ausserdem sehe man eine Annäherung zwischen A- und BBB-Ratings in diesem Bereich. Die Fundamentaldaten von BBB-Unternehmen seien stabil, da sie in Erwartung steigender Zinsen gezwungen waren, ihre Bilanzen zu stärken, um nicht zu Fallen Angels zu werden. Auf der anderen Seite waren Unternehmen mit höherem Rating nicht dem gleichen Druck ausgesetzt, was zu einer Verschlechterung des Zinsdeckungsgrades führte, da sie ihre Schulden refinanzierten.

Die Bewertungen von Hochzinsanleihen seien noch höher, da diese Anleihen von Natur aus anfälliger für Risiken wie Zölle oder einen Konjunkturabschwung sind und daher untergewichtet werden sollten. Die Fundamentaldaten seien nach wie vor gut, tendieren aber nach unten. «Hohe Renditen und eine kurze Duration bieten jedoch einen hohen Schutz. Die Zinsen müssten um über 2 Prozent steigen, damit Anleger bis zum Jahresende keine positiven Gesamtrenditen erzielen.»

Nachrangige Bankanleihen: Verstecktes Potenzial?

Da sich die Spreads von High-Yield- und Investment-Grade-Anleihen in der Nähe historischer Tiefststände bewegen, werde es auf beiden Seiten des Atlantiks immer schwieriger, attraktive Anlagemöglichkeiten am Anleihemarkt zu finden. Potenzial sieht Candriam hingegen bei nachrangigen Bankanleihen. AT1-Anleihen rentieren heute deutlich höher als BB-High-Yield-Anleihen, während es vor fünf Jahren noch umgekehrt war. «Wir glauben, dass Anleger nach den Ereignissen um die Silicon Valley Bank und die Credit Suisse im Jahr 2023 zu pessimistisch geworden sind. Angesichts der hohen Gewinne der Banken, der guten Asset-Qualität, der soliden Erträge und des effektiven Risikotransfers gehören sie unserer Ansicht nach zu den attraktivsten Risikoprämien am Markt», so das Fazit.

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